Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1851 (Nr. 72-83)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1511#0055
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
„Weno Sie Sich, mcme Herren, ia die Zeit deS dreizehvtea Zahrhun-
derio zurückversetze«, in welqcm unser Dom gegrünvek wurde, so enksal-
ket sich vor Jhrem Geiste die Höhe uns Bluthe unseres deutschea Va-
kerlandeS. Weltgcbi'etend durch die Kaiserkrone, die auf Heldenhäupteru
prangte, vvn religivserBegcisterung durchdrungea, hellschunmcrnd im Glanze
deS Rilterthumcs, erwärmt vvo den Strahleu der Sonne deS Morgeu-
landcS, wohin eS sei'oe Söhne entscndet hatte, geziert vurch mächlige uns
reiche Städke und im Befitze eineS Rci'chthumes, ren em blühenvcr Han-
dcl nährte, errichtete eS Zeichen seioer Größe in den erhadeneo Kunst-
werkeo, tie über den Gott gewcihleu Stätten in großer Zahl sich crhoben
und daS größte derselben, der köloer Dom, war gleichsam der Ehrentem-
pel, den die deutsche Ration, waS sie freilich in demüihigem Sinne nicht
wollte, sich selber erbaute. Aber während der Bau gefuhrt wurde, ließ
die herriiche Eutfaltung nach; Deutschland savk herab vou seincr höchsteu
Stufe, «ud uun wichea auch von dem Ehrentempel die Bauleute zurück;
je mehr LeS VaterlaudeS Glauz erbleichte, um so mehr vffenbarte eS sich
auch an dem Verfall deö Zeicheuü seiner Größe; — Lie Klust wurde
sichtbar, die deutsche Stämme auS eiuander hiclt — uns als vie Fremd.
lioge über Deutschlandü Gaue regierten, da ward auch dcr Dom zu
einem niedrigen Gcbrauche eniwürdigt. Aber der herrliche Tempel ging!
oicht ganz zu Grunde; denn die Nalion sollke eincS TageS sich wieder
erheben und dasür schien der Lom vurch Jahrhunderte bewahrt worven zu sein,
um die Erinneruog ao ihre ehemalige Größe zu wecken, cö den späiercn
Zeiten gleichsam eiitgcgenzurnfen: Siehe, waS du ehedem warst und wie
du dciver Ehre wahre Größe fuchen sollst. Unscre Generatr'on hat die-
sen Ruf begriffeo, uud die Männer, wclche vor zehu Iahren um den
Dom sich scharten und den Dom-Verein zu deffen Auübau und Vollen-
duug griindeten, haben eS auSgesprochcn, in welcher innigen Verbindung
die Kunst, die Religion, daS Vaierlano ;u dem köluer Dome stehen, und
heute schon sehen wir die vvn ihnen auf den kölner Dvm gerichtete Thä-
tigkcit in jencr drcisachen Beziehung' von hcrrlichem Erfolge gekrönt.

„Lauge war die deutsche Kunst, unier deren Produetl'onc» der kölucr
Doui obenan steht, von dcn Unsrigcn sclbst nicht mehr geachtet; in elcn-
der Nachäffuua eincS bei deu Fraujvsen vorzüglich g-pflegten falschen
TeschmackeS, schämte man sich fast,die mittelalierlicheu Werke alS würdig
der Thätigkeit der ncuercn Zeit zu bezeichnen; am wenigsten aber glaubte
man, daß cS an der Zcit sei, jenen längst überwundencn Baustyl wieder
in daö Lebeo zurückzuführen. Der Dombau verschaffie der germanischeu
Kunsirichluog die Anerkcnnung wiedcr, und nicht allein, daß setzt die Augen
der Welt auf dcn Dom alö daS erhabenste Kunstwerk gerichtet sind, hat
man auch angefangen, jeue bcssere Kanstrichtung wieder zu würdigen und
in die zu lange verlaffenco Spurcn zurückzukehren. Die Bauhütte,
die um dcn Dom errichtet ist und in ihrcn Producti'onen mit denen der
besseren Zeiten wetteifert, ist eine Schule geworden, aus der bereitS
Schüler nach allcn Richlungeu hin auSgegangen sind; weit unv breit ist
Lie Ausmerksamkeit aus die h.rrlichen Tempel dcr früheren Zeit und
deren Erhaltung gerichtet; der Siun für christlichc Kunst ist rcge gcwor.
den auf allen ihren Gebietcn, und wenn Sie aus den Erund diescr Er-
scheinungen zuräckgehcn, so wcrdcn Sie finden, daß sie alle eine Folge
der auf uosercn Dom gerlchtetcn Bestrebungeo find. Und daS alleö flnd
nur Ansäuge, die sich in dea kowmendcn Jahren erst herrlich entfalten
werden.

„Weon vnn der Dom als christli'cheS Kunstwerk öberhanpt schon reli-
giöse Zdeen weckt uud die erhabencn Wahrheiteu der Rellgr'on gleichsam
zur Anschauuug bringt, so hat er eineu »och brdeutenderen Einfluß auf
das religiöse Bewußlsein deS VolkeS von dem Tage an, wo cr aus sei- :
ner Eruiedrigung hervortrat uud die sllgemeine Aufmerksamkeit in An- i
spruch nahm. Wie daS religi'öse Leben das Jntereffe für daö GotteSharrS
erzeugt, so wirkt dieseS, einmal rege gemacht, auch wiedcr aus daö Leben
zurück, «nd die gemeinsame Beschäftigung mit einem solche» Werke der
Religio» macht diese aach mehr und mehr zu einem Bande, daö Tausende j
«mschlingt und jenem unseligen IndifferentiSmuS eutreißt, der da« Grab
alleS wahrhaft Großen und Edleu ist. Die verfloffenen zehu Jahre un-
sereS DvmbaueS habeo eS gezeigt, d S Zunehmen emeS religiöseo Sio-
oeS iuuerhalb unsereS VcreinS ist unverkennbar und läßt unö jcne Ein«
heit ahoeo, zn welcher die Vollendung deö DomeS «uö führcn wird.

„Am allerklarsten aber tritt die providcntielle Bedeutung deS köluer
DomeS hervor, wenn wir auf seine enae Berbiudung mit der Größe deS
dculschcn VatcrlandeS achten. Die Befrci'nng deöselben von der Fremd.
herrschast, der Zeit, in welcher die Stistuog deS deutschen BundeS die
vereiozelten Stämme wiedcr zu emem großcu Gauze« verci'ni'gte, ist die-
selbe, i» welcher die ersten Anfäuge emes über den Dom aufgehenden
befferen TageS liegen, da unser köai'glicher Protector mit einem sür die
Trhebirng deS VaterlandeS hochschlagenden Herzen zum ersten Male i»
die geheiligteu Halleo eiutrat. Der kölner Dom war eS, de» im Jahre
1842, geladeo von unsercS KöuigS Majestät, die erlauchteste» Rcpräseu.
tantt» oer verschiedenen BundeSstaaten umstanden, auS deren Mitte daS
Wort crschallte: „Kcin Oesterreich, keio Preußcn, sondern eio einigeS
Deutschlaud l" " — dcr köluer Dom war cS, der im Jahre 1848 einen
noch größcren Tag der deutsche» Nation gah, der deS verkaontr» und
nnr za sehr betrübtea KöoigS Majestät wieder in die Mitte SeiaeS
DolkeS führte, »m die verdienten Huldiguogen zn empfange«; — der köl-
»er D»m war rs, der die Vertreter der Gesammt-Natioa und onsereS
«ngereo VaterlandeS zn Einem Feste vrreint«; — der kölncr Dom war
eü, an dem diese daS beherzigenSwcrthe Wort veraahmeo, daß eS in
Dentschland Fürstcn gebe und daß deS Vatcrlandeü Bau nicht erstehe, alS
aus diesem voo Gott gelegten Fundamente; — der kölncr Dom war cS,
deffen krhabkne Feier eiuen Aotheil hat an der Erstrebuvg der Priuci.

pr'e», die eme bcffcre OrLnnng der Dmge herbeigeführt haöen und noch
mehr herbeiführen werden.

„Jst nun dieseS alleS auf dem Gebiete der Kunst, der Religion und
deS VaterlandeS geschehen in dcn wenigen Jahren, die wir berei'tS zu.
rückgelegt, waS haben wir zu erwarten m der Zukuuft, die sich mit Rie.
senschrilten sciuer Vollendung näbert uud worm solche ersreuliche Au.
fäuge erst i'hre volle Entfaltang fiuden werden?

„Welch em Tag wird dcr deS vollendetcn DomeS sein! An jenem
Tage wird unser Baterland prangen in dem Schmucke, den di'e Kunst
über alle seine Gaue ausstreut; die Religiou wird alle Bruderstämme
im Lobe deS drei'ei'm'gen GvtteS vercmi'gen; und wie deS DomeS Hallen
hoch über nnscren Häuptern sich wölben, so wi'rd des VaterlandeS Bau
Rnhe, Fri'eden und Schutz zugleich mit Glanz und Herrlichkeit gewähren.

„Oö wi'r diesen Tag erleben werdcn? Wir können eS, denn nach dcS
Baumeistcrö Wort ist dic Vollendung so fern ni'cht mehr. Aber Sie,
memc 5)crren, werden ihn erlebcn, und daß Si'e ihn crleben, dafür bürgt
Jhr Eiser, den Sie m Jugcudkraft dem großen Werke widmen.

„Schen Sie, meme Herren, daS ist, weßhalb ich Jhnen Elück wünsche
zn Jhrem Streben; glücküch sind Si'e, daß Jhr Leben und Jhr Berus
eS Jhnen möglich macht, jugendlichen Eiser an em Werk zu sctzen, daS
solche Seguungen zu bringen bestimmt ist, ein Wcrk, an dem mi'tgearbei-
tel zu habeu eiue Ehre ist, um welche spätere Geuerationcn Sie beoei.
den werden."

DaS sehr schätzbare W:rk i» vr'er Folio-Bänden:

Deukmle derBankiillst des Mittelaltcrs

in Sachsen.

Vearbeitet und herauögegebeu vo»

v L.

Unter besondcrer Mitwirkung von G. W. Gerser dem Jüngern, Maler,
Mitgliedem der deutschen Gesellschast für Erforschung vaterländischer Sprache
und Alterthümer zu Leipzig und mchrerer auswärtigen gelchrtm Gesellschaftm.
Leipzig, gedruckt bei F. A. Vrockhaus, aus Kosten deS HerauSgeberS
1836 b:S 1850,

ist nunmehr vollcndet und dadurch unserer Dombau.VeremS.Bibll'othck
ein höchst wirthvoller ZuwachS zu Theil geworden. Die Reichhaltigkeit
uud Gründlichkeit der geschichilichen Forschungen, m VerbinLung mik der
Cvrrecthei't der archi'tectonischen Zeichnungen und perspecti'vischen Ansich-
ten, zcugen vou der grsßen Sachkunve, womi't daS Werk bearbciiet wor-
den, un2 wodurch dasfelbe für daS Studi'um der mütelalierlichcn Bau-
kunst vvn unvergleichlichem Wcrthe ist.

Dcr sehr gelehrte Herr Verfasser hat ferner eme:

äor kmstvickLlunK äer Lsukunst iu äcn obsr^scksi^okLN I-üiKlcrn
vom X. dis XV. .liiliriiunclsrt.

I-sipÄ^ 1851,

solgen laffen, welche alö ein Anhang zu dem vorstehenden Werke zn be-
trachtcn ist, gleichzeiti'g aber eine für sich bestehende Abbandlung bÄdet.
Sie enthält in chronologischcr Reihcnfvlge eme kurze geistvolle Beschr-i.
bung und lebcndige biloliche Darstellung der miltelalterlichen Bauwerke,
so wie der sie charakterisirenden DetailS und Ornameote, worauS die or-
ganische Enlwi'ckeluiig der Vaustyle von selbst folgt uns sür Jedcrmau»
belehreud ist.

DaS ganze Werk verdi'eut daher m antiquari'scher und artifiischer Hin-
sicht eben so für Sachkundige alS für Laien, für Kunst-Anstalten und
Bibliotheken besonderö empfohleo zu werden.

Köln, 29. December 1851.

E. Zwirner, Köm'gl. RegierungS-Baurath und Dombaumei'ster.

DovrbaA-Angelegenheiterr.

llm den Besllcheru deS DomeS jederzeit Gelcgeuheit zu biete», Bei.
träge für den Foetbau deSselbeu abzugebea, siad m dem Laughause deS
DomeS füuf Opferstöcke mit der Aufschrift: „Zum Fortbane deS
D omcs", angebracht worden, deren Jnhalt iu die Dombau-Caffe fließt.

Jndem wir dem Publicum hiervou Kenntuiß zu geben unS beehre»,
ersucheo wir unsere vcrehrlichen Mitbürger, die etwa,'u,'hrer Begleitung
de» Dom befichtigeude» Fremden anf diese Opferstvcke aufmerksam za
machen und hiedurch behülflich z« seio, vo» der durch deu Aoblick deS
DomeS erweckte» Theiluahme reichliche Früchte zs äroten.

Köln, im December 1851.

Der BerwaltungS-Ausschuß
deS Central - Dombau - VereinS.

Verantwortlicher HerauSgeber: I. I. NelleS in Köln.
CommissionS-Derlag deS Verlegcrs der KLln. Ztg.: Zos. DuMont in Köln.
Druck von M. DuMont»Schaubrrg i» KLln.
 
Annotationen