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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1863 (Nr. 215-226)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1813#0022
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Lon den »brigen Lereinen knd folzende Bekträze eingegangen.
HildeSheim sandte 72 Thlr. — Sgr.,
ßreiburz „ 40 „ — .

Tübingen „ 24 „ 25 „

Braunsberg „ 3Ü „ — „

Tübingeo neuerdingS 27 „ 29 „

Summa.. . 194 „ 24 „

Die Gesammt-Einnabme des Bereins im verffoffenen Winter-Semester
Letrug also Xetto 310 Thlr. 20 Lgr. 10 Pf.

Aus dem Borstande scheidet auf Grnnd der Statuten Herr «tuck.?iese»;
ferner traten aus die Horren: Peitz, stuä. )ur., Krichel, stuä. xdil., Außem,
,tuä. xdil-, Schulte, stuä. pkil., Schwikardi, stuä. gur., und Aldenhoven,
»tuS. i»eä. Den Herrn Liesen erlauben wir uns zur Neuwahl zu cmxfehlen.

Hierauf hielt StudiosuS Becker folgende Rede: .

Commilitonen!

Eintracht und AuSdauer ift der Wahlspruch deS Central-Dsmbau-Vereins
in Köln. der seit einer langen Reihe von Jahren eS ffch zur schöne» Auf-
gabe macht, den AuSbau des größten Denkmals dcutscher Kunst, de« DomeS,
zu fördern. Eintracht ist es, die ein klein begonneneS Werk schnell und ffcher
zur schönffen Bollendung bringen kann, wenn Ausdauer ffe begleitet, die vor
den mannigsachen, auf allcn Wegen feindlich entgegcnttetenden Hinderniffen
nicht zagbaft zurückschreckt. Einttacht nnd Susdauer haben dem Anfangs nur
kleinen Bereine eine immer zunehmendcre Ausbreitung und Bedeutung ge-
fichert und ihn zu seiner jetzigen Größe geführt, wofnr ihm alle kommenden
Zeiten eine allseitige, lobende Anerkennung zollen werden. Ao die Nachwelt
des großartigsten Monumcntes deutscher Lunst gedcnken wird, da wird sie
auch sicker diesen köiner Central-Dombau-Berein in Ehren erwähnen, welcher
der Vollendung deSselben durch W»--t und That fortwährcnd eingedenk war.
Eintracht und Ausdauer waren aber auch das belebende Motiv, welcheS daS
herrkiche Werk des DomeS entstehen und bis zu einem gewiffen Puncte ge-
deiben lkeß. wo nur die große nationale und religiöse Zwietracht und Zer-
riffenhcit den Fortbau hemmte. Doch nicht bloß bei dielem Werke, sondern
auch bei den zahlreichen andere» Schöpfungen der christlichen Borzeit, und
befonderS deS Mittelalters, waren Eintracht und Ausdauer die kräftigen
Hebel, welche den Bau so großartiger Monumente veranlaßten, um das 8ob
und die Ebre deS Allerhöcksten auch änßerlich gebührend zu bekunden. Wohl
mag es daher nicht unintereffant sein, gerade ietzt, wo daS große Wcrk der
Hauptfache nach durch dcs Bereines Bemühungen sciner Bollendung cntge-
gengeht, an der H-»nd der Geschichte einen Ruckblick auf das Entstehen der
Mönsterbauten im christliche» Mttekalter zu werfcn, um zu sehen, was Ein-
trackt und Ausdauer vermocht haben, und daraus für uns die Aufforderung
zu zieben, ebcnfalls mit Einttacht und Ausdauer an der Bollendung des
noch unvollendeten edelsten und größten KunstdenkmaleS, des kölner Domes,
zu hslfen.

Jn den ersten Zeiten seines Bestehens konnte daS Christentbum, was
die Architektur anlangt, die in ihm liegenden Keime des Schönen und Er-
habencn nicht entfalten, weil die blutigen Verfolgungen und die Bedräng-
niß, die ihm von Seiten dcs heidnischen Römerreiches erwuchscn, das Auf-
kommen und die Entfaltung einer christlichen Kunst nicht zuließen. Jn Pri-
vathäusern, in Höhlen und Katakomben mußten sich die ersten Christen zu
ihren gotteSdienstlichen Handlunzen versammeln. Als aber im vierten Jahr-
hunderte die chr-stliche Religion durch Konstantin den Großcn zur Staats-
religion crboben war, das innere Ledensxrincip sich also frei und ungehindert
entwickeln konnte, stellte sick das Bedürfniß nach paffenden und des heiligen
Cultus würdigen Gottcshäusern ein. Mit Verwerfung der ererbten heidni-
schen Tempel, die schon ihrcr ganzen Einrichtung und Bestimmung gemäß,
ueben dem bei den Christen gerechtfertigten Widerwillen gegen die Stätte
des niedrigsten Götzendienstes, zu wenig Raum boten für Priester und Volk,
schusen die Christen die bei Weitem paffender erscheinenden großen und ge-
räumigen Gerichtsbasiliken der Alten in dcn Bedürfniffen des christlichen
Cultus entsprechende Gotteshäuser um, und schon bald sehen wir den christ-
lichen Tppus sich in schöner Weise mit dem antiken vereinigen. Aus dieser
Umgestaltung und Vereinigung des christlicken und antiken Elementes gingen
dann im Morgen- und Abendlande die ersten christlichen Kirchen hervor, die
nun in gleichcr Weise mit dem Ramen Basiliken bezeicknet wurden, jene
Pracktwerke, welcke die Grundform für die folgenden Kirchenbauten abgaben.
Zu den ältcstcn dieser Basiliken gebören die zwischen 313 und 321 vom Bi-
schof PaulinuS in Tyrus erbaute und die Sophienkirche in Konstantinopel,
welcke letztere bis zum eilften Jahrhundert als Mustertppus in Geltung blieb.
An sie schließen sich dann die anderen Bauten icner Zeit als an ihr Bor-
bild an, und nur seltsn gewahren wir einen Verschmelzungs- oder Neuerungs-
verfuch. Wie schon gesagt, bleibt di'e Sophicnkirche in Konstantinopel der
Gipfelpuuct der vormittelalterlicken Periode. Jm Basilikenstpl von Konstantin
gegründet und von Constantius vollendet, wurde sie ein Raub der Flammen.
Kaiser Justinian ließ sie durch den Banmeister Anlhemius von Trslles weit
größer und herrlicher anfbauen. Durch Fleiß und LuSdauer stand fie sckon
nach secks Jahren, im Zahre 537, wieder in ihrer Vollendunq da, «m fünf
Jabre später durch ein Erdbeben abermals größtentheils zerstört zu werden,
worauf man es dann bei einer Restauration bewenden li'eß. Außerdem haben
wir im Oricnt noch die von Konstantin dem Großen über der Grabböhle
des Erlösers zu Jerusalem im Jahre 325 errichtete Kirche zu erwähnen,
worüber uns Eusebius in seiner Kirchengeschichte berichtet. Jndeß die trau-
rigen Zustände, die in Folge der großen orientaliscken Streitigkeiten ein-
traten und nicht nur alles kirckliche Leben, sondern auch allen höheren Sinn
für Kunst und Wissensckaft sckwäckten, wirkten derart -emmend auf die Ent-
wicklung dcr orientaliscken Baukunst ein, daß wir nach einer schnellen Ent-
faltung zur höcksten Blüthe die Kircken-Architektur des Orients in diesen
wemgcn Denkmale» abgeschloffen sehen.

Jm Occident bietet zunächst Rom die ältesten, großartigstcn und reinsten
Muster christlicher Baukunst, und zwar zunächst aus dem vierten Jahrhundert
die slte St. Peters- und St. Paulskirche, ein wahres Musterbild des älte-
sten Basilikenstples, so wie die Katbedrale vou Ravenna. Aus dem sünften
Jabrbundert rührt die St. Sabinakircke in Rom, aus dem secksten eben-
daselbst die St. Balbinakirche und Niehrere andere. An diese römischen Muster
fchloffen sich dann nrcbr oder weniger alle Ki'rchenbauten des Abendlandes
an, wenn wir auch in der zwischen 976 und 1071 erbauten Marcus-Kathedrale

zn Venedig schon eiuer Art Rachbildung der Lpzantinischen Musterkirche be-
gegnen.

Jo den folgenden Jahrhunderten tteten schon die bpzantinischen Ele-
mente hiuzu, in Folge deffen der KirchenbanApl eine bpzaatinische Färbung
crdielt, und zwar zunächst rn der Lombardei, dann in Frankrcich und in
Deutschland, besonvers a« den llfern dcs Rheines. Es wörde uns zu weit
führen, wollten »ir aller uns erhalteneu Monumente an diefer Stelle ge-
denken; es geaüge also, wenn wir immer nur die Haupttepräsentanten
erwähnen.

Jn Frankreich findcn wir aus dieser Zeit die im siebenten Jahrhundert
erbaute (im Gegensatz zu der wegen ihrer Höbe und Ausdehnung linuts
ssuvrs genannten neuen), unter dem Namen ägliss äo Is dasss osuvrs
bekannte Kathedrale von Beauvais, wovon jedoch nur noch ein freilich be-
deutender Rest vorhanden ist. Ferner gehören hierhin die Kathedralen von
Clermont, TourS und Lpon.

Bon den großen Bauten dieser Periode in Deutschland verdient der
Dom zu Trier an crster Stelle genannt zu werden, sowohl wegen seineS
prachtvollcn Aeußercn, als auch desonders wegen seines hohen AlterS. Un-
verkennbar nämlich weistt dieses Monument auf römische Herkunft hi«. Aller
Wahrscheinlichkeit nach wurde dieser Dom schon durch Kenstantin gegründet,
dann im eilften Jahrhundert durch den Erzbischof Poppo umgeändert uod
erhielt schließlich durch den Anbau deS östlichen Chores unter Erzbischof
Hillin zwiscken 1152 und 1212 im Wesentlichen seine jetzige Gestalt. Neben
dieser Kathedrale wäre sodann die von Fulda zu erwähnen. Dort wurde an
Stelle deö von Bonifaz, dem Apostel der Deutschen, gczründeten Kirchleins im
Jahre 792 eine große Bafflika erbaut, die als erstes Beispiel von der Deutsch«
land esgenthümlichen Anlage doppelchortger Münsterkirchen erscheint. Nachdem
sie im Jahre 937 ein Raub der Flammen gewordcn, wurbe sie ganz in der
alten Bauwcise wieder hergestellt und schsn 948 eingeweiht. Wahrscheinlich
in den Anfang des eilften Jahrhunderts fällt auch der Aufbau des ältesieir
TbeileS des mainzcr Domes, indem der alte Dom schon 1087 eingeweiht
wurde, während die übrigen Theile dem Ende des zwölften und Anfang
des dreizehnten Jahrhunderts angehören. Gleichfalls dem eilften Jahrhundert
verdankt der Dom zu Worms sein Entstehen, den man 1N0 dem kirchlichen
Gottesdiensie übergab, so wie der Dom zu Speier, der im Jahre 1165 ein-
geweiht wurde. Aus dieser Periode sind schließlich auch die Dome zu Bam-
berg, Naumburg und Merseburg sämmtlich im Laufe des eilften Jahrhun-
derts weni'gstens in Angriff genommen. Sonst liefert diese Periode zwar
viele Kloffer- und Abteidauten, allein außer den genannten wenig eigent-
liche Kunstmonumente, zumal in den wirren Zeiten, welche der Auflösung
des großen karolingischen Reiches folgten, die Kunst in Frankrei'ch und in
Jtalien völlig darniederlag und eigentlich nur in Deutschland noch einiger
Maßen mit Ausdauer gepflegt und neu belebt wurde.

Die Zeiten wurden ruhiger. Der Kunstsinn konnte wieder srei aufath-
men. Es begann die Periode des romanischen und gothischen Baustplcs, deren
Blüthezeit sich bis in bas dreizehnte Jahrhundert hinein erstreckt. Die Ge-
schichte dieser gewaltigen Kunstepoche ist erst durch die Forschungen der lctzten
Decennien klarer geworden, wennglerch die Namen der Meister dieser Werke
meist unbekannt oder doch nicht mit voller Sicherheit zu bestimmen sind. Der
Grund davsn liegt in dem Umstande, daß die Künstler des Mittelalters ibre
Werke und ihre Kunst nicht, wie heute, für den Ruhm dieser Welt, sondcrn
einzig und allein für die Ehre und das Lob Gottes bestimmten und darrwr
weder ihre Namen, noch die Zahl ihrer Werke irgendwo vermerkten.

Jn Frankreich wurde zuerst in der zweiten Hälfte des zwölften Jahr-
hunderts, im Jahre 1163, zu Paris der Grundstein der Notre-Dame-Kathe-
drale gelegt. Jm Jadre I22«i wurde das fünfschiffige Langhans vollendet,
1351 das im Halbkreise geschlossene Chor begonnen und 1860 die Haupt-
Fapade mit ihren beiden 225 Fuß hohen Thürmen vollendet. Etwas älter
noch ist die Kathedrale von Laon, deren Haupt-Faxade im Spitzbogenstpl,
also schon gothisch, aus der ersten Hälfte des zwclfien Jahrhunderts stam-
mend, geHen die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts vollen^et wurde. Unter
den ftanzösischen Kathedralen dcs vkerzehnten und fünfzehntenJahrhunderts,
worin sich iedoch die ursprüngliche Reinheit und harmonische Einheit der
Formen mehr und mehr verliert, ist besondees die von Metz zu crwähnen,
welche zwischen 1330 und 1519 erbaut wurde, so wie die Krönuugskirche zu
Rheims, deren Bau man im Jahre 1212 begann und in der Mitte dcs drei-
zehnten Jahrhunderts vollendete. Auch verdient hier vorzugsweise namhaft
gemacht zu werden die Kathedrale von Amiens, welche, zwischen den Jahren
12 0 und 1288 erbant, bet der Anferti'gung des Planes sür den kölner
Dvm vielleicht als Vorbild diente. Den Schlußpunct der französischen Ka-
thedralen-Architektur bildet die Kirche zu Brou bei Lyon, welche durch Mar-
garetba von Oesierreich im Jahre 1511 gegründet und gegen 1526 vvllendet
wurde. An ihr läßt sich der scheidende Geist der chrisilichen Kunst in Frank-
reich auf das bestimmtesie erkennen, wenn er auch bestrebt war, durch die
Entfaltung einer grvßen Pracht und den Lurus der Ausstattung sein dahin-
fiechendes Dasein noch momentan zu feffelu.

Jn dem benachbarten Belgien behauptet den ersten Nang in der Reihe
der mittelalterlichen Kunstmonumente die Kathedrale von Tournap, deren
gothischer Tbeil dem zehnten und zwölften Jahrhundert angedört, während
das Cbor aus dem dreizehnten Zahrhundert stammt. Gleichfalls in das drei-
zehnte Jahrhundert fällt der Aufbou der St. Gudula-Kathsdrale zu Brüssel
und der Liebfrauenkirche in Antwerpen. Zivischen beiden stebt dann die im
fünfzebnten Jahrhundert erbaute Kathedrale zu Mccheln und die ebenfalls
in das fünfzehnte Jabrhundert zu verlegende Sr. Peters-Kathedrale zn
Löwen, berühmt durch die Stplistik und reiche Ornamentik im Jnnern.

Jn Holland tritt eioe Nackahmung der belgischen Vorbilder meist un-
verkennbar bervor. Eine Ausnahme bildet zuerst der ursprünglich nach dem
Muster des kolner Domes angelegte Tvm von Utrcckt; sodann die durch
das Recht der Obergewalt dem katholischen Cultus eine Zeit lang entfrem-
dete Kathedrale vvn Herzogenbusch, die, aus der ersten Hälste des vierzehn-
ten Jahrhvnderts stammend, durch König Ludwig im Jahre 1810 dem christ»
licheu Gottesdienste zuröckgegeben wurde, nachdem sie leider schon ihres
Sckmuckes allzusehr cntkleidet war. Endlick mnß an dieser Stelle noch der
sogenannten alten und neuen Kircke zu Amsterdam und Delst Crwähnung
geichehen, wctei wir auck die im Jahre 1516 crbaute St. Bavokirche zu
Haarlem und die 1315 gegründete St. Peterskircke zu Leyden, so wie die
St. Jacobskirche im Haag als die vornehmsten belgischen Kunfimonumente
 
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