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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1863 (Nr. 215-226)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1813#0036
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Der akadenrische Dombair-Berem in Hildesheim

schreibt an deu akademischen Dombau-Berein zu Bonn, wie folgt:

Commilitoneo!

Es frcut uns, in dcr Sage zu sein, Euch auch dieses Jahr wieder die
Summe von 72 Tblrn. überschicken zu können. Sie find daS Ergebniß der
-eurigen Beiträge, welche die Mitglieder unseres Vereins zusammenbrachten.
Jn der General-Bersammlung dieses Semesters, welche am 6. Juli Statt
fand, wurde darüber vom Studiosus Alberty Rechnung abgelegt. Jn der-
selben Bersammlung hielt Herr Bauconducteur Blumenberg einen inter-
effanten und eingebenden Vortrag über den Entwicklungsgang des romani-
schen Baustyles mit besonderer Rückficht auf unsereu hiefigen Prachtbau, die
romanische Bafilika St. Godehard, welche noch in diesem Jahre ihrer Re-
staurations-Bokendung und damit ihrer Einweihnng entgegen fieht.

Meister Welter, dem dieses Kleinod Norddeutfchlands die Farben-
pracht, in welcher es m-nmehr strahlt, verdankt, ist nämlich in kürzester Frist
fertig. EineS ist nur schade, daß, da die Mittel nicht so weit reichten, das
Mittelschiff bei diesem reichen Schmucke allein leer ausgegangen ist und die
nackten Mauerstächen zeigt- Auf die Versammlung zurückzukommen, folgte
eine Rede des Herrn RegenS vr. Aoch über kirchliche Kunst überhaupt.
Schließlich brachte der Ehren-Präfident Or. Oyen die Rede auf die bevor-
stehende Einweihung des kölner Domes; über fie ersuche» wir, uns NähereS
mitzutheilen.

HildeShcim, den 26. Juli 1863.

Kirchen und klrchliche Bantverke iu Spauie«.

Bo» Prisac.

I

(Eiehe Nr. 221-222 d. Bl.)

ES gibt aber vielleicht in ganz Spanien keine einzige Kicche, die älter
ist, alS doS I I. Jahrhundert, und wenige, die älter stnd, ais daS 14. Jahrhun-
dert. Die meisten fallen also in jene Zeit, wo die Blüthe der mittelalterlichen
Baukunst beceitS vorüber und es wiederum bergab geht mit der christlichen
Architektur. Zwar behauptet der als StaatSmann so bekannts Era Bermudez,
der spanischs Guizot, daß eS noch gegenwärtig etwa 6—7 Kirchen in Spanien
gäde, deren Ursprung biS in die gothischen Zeiten hinaufgehe. DieseBshaup-
tung ist aber schon von JooellanoS bestritten und wird auch von Caveda
widerlegt*). Als Spanien seinen Kirchenbau begann, waren die großen
Kathedralen in Fcankreich. Deutschland und England entweder fertig oder
die Begeistecung füc den Fortbau erlahmt. Man griff ste in Spanien neu
auf, und es läßt stch nicht läugnen, mit großsr Energie, wozu die Siege über
dis Mauren nicht wenig beitrugen. So lange die Maursn die schönsten und
reichsten Theile von Spanien besetzt hielten, war an einen namhasten Kir-
chenbau nicht zu denken, ungeachtet eS den christlichen Rittern an Begeisterung
nicht sehlte, die in den stetS erneuten Kämpfen und wunderoollen Sisgm
immer neue Nahrung fand und dem Volke einen eigenthümlichen Stempel
auforückte. Wir haben aber allen Grund, zu glauben, daß die christliche
Kunst, welche in jenen Äämpfen stetS neuen Aufschwung sand, sich AnfangS
mehr auf die Dichlkunst und daS Lied, alS auf die darstellenden Künste ver-
breitete. Die Dichtkunst war in Spanien besondcrS ssit dem glücklichen Fort-
gange der Kämpfe mit den Mauren mehr beliebt, als bei irgend einem son-
stigen Volke der Erde. So hieß die heitere, fceudige Kunst viouoiL"

und trug nicht wenig dazu bei, daS Volk zum Kampfe mit den Feinden deS
ChristenthumS und dec spanifchen Nationalität zu begeistern und für jene edle
Romantik zu entflammen, wodurch sich der Spaniec so auSzeichnet. Dieser
Hang zur Romantik, der durch daS stete Zusammenleben mit den Mauren
und hiec und da auch von morgenländischer Sitte beeinflußt war, hat dem
Bolke allerdingS einen phantastischen Stempel aufgedrückt, und der Epceß deS-
selben, wie ec in dem Prachtepemplar, dem edlen Ritter von La Mancha,
oorkommt, vielleicht ouch keinen geringenAntheil an der spätecen Verarmung,
nachdem man ein Jahrhundert hinducch den Ton in Europa angegsben, fich
aber in die neuen Vechältnisss nicht finden konnte. ES gab eine Zeit, wo
spanische Sitte, spanische Bildung, spanische Tracht die Bedeutung hatten,
welche gegenwäriig die französische haben. Wir können nicht sagen, daß die
christliche Welt bci diesem Tausche in allen Dingen gewann.

Der Kirchenbau begann in Spanicn erst recht mit der vollständigen Be-
fiegung der Mauren, und er entwickelte fich um so raschcr, alS gerade die
Regierung JsabellenS und Ferdinand'S, deS Katholischen, nicht bloß zu den
glSnzendsten der spanischen Geschichte gehörte, sondern auch die gleichzeitige
Entdeckung der neuen Welt mit ihren Reichthümern, und Jdeenbewegung, der
große wiffenschaftliche Aufschwunz, mit Einem Worte, ein neuer Geist über
Europa zog, dem auch Spanien am allerwenigsten sremd bleiben konnte.
Leider war jener ncue Geist nicht in allen Stücken der rechte, er war der
christlichen Kunst nicht so ganz günstig und erzeugte ein Jahrhundcct später
in Bezug auf den Kirchenbau vielleicht nirgendo mehr Mißgeburten, als gerade
in Spanien. AllerdingS hielt man stch AnsangS noch hier vielleicht am meisten
an den bsfferen Focmen veS gothischen Eiyles. Wsnn eS wahr ist, waS Ca-
veda behauptet, daß man in Tpanien am längsten den römischen Gswölbe-

*) Geschichte dcr Baukunst in Spanien von Don Josö Caveda, herauS-
gezeben oon Fcanz Kugler.

bau verstanden und hierin nammilich dem südlichen Fcankceich bei Weitem
vorauS war, so haben wir andsrerseiiS die bestimmtesten Beweise, daß an den
berühmicsten spanischen Kaihedralen Deutsche gearbeitet haben, und wir wer-
den noch hören, wenn wir von d:m Dome vön BurgoS reden, daß eS nicht
bloß ein Kölner war, dec sein schöneS Thurmsystem sntwocfen, sondern dieS
auch eine so große Familien-Aehnlichkeit mit dsm Dome von Köln erreichte,
wie nuc immer zwischen Valer und Sohn bestehsn kann. Ungeachtet der Fer-
tigkeit der Spanier im Gewölbebau, wie Ccweda behauptet, stnd doch eigent«
lich romanische Kirchen in Spanien selten, ja, fselbst die dsS UebergangS-
StyleS, wooon vielleicht die Klosterkirche auf dem Montserrat ein Beispiel
sein könnte, höchst selten. Von den Moscheen, die man in den von den Mau-
ren eroberten LandeSlheilen oorfand und in christliche Kirchen vsrwandelte,
kenne ich nur die großs und allerdingS prächtige Moschee in Cordova, die
man ihrem ganzen Umfange nach bestehm ließ und in welchs man miiten
durch ihren Wald von mehr als 600 Säulen hindurch und Larüber hinweg
eins golhische Kirche baute, die mit dem Uebrtgm wis durch einm beson-
deren Chor in Zusammsnhang gebracht wurde. AlleS, mit AuSnahme dieseS
EinbaueS, blieb so stehen, wie es dis Mauren in den glänzendsten Tagen ihrer
Herrschaft gebaut hatten. Auch der schöne Vochof blteb ganz, wie er war.
Wir werden aber auf dieseS merkwürvige Bauwerk wiedecum zurückkommen
müffen, wenn wir von Lordova redm, und müffen nur im VocauS bemer-
ken, daß die durch und durch phantastische, an daS Zeltleben erinnernde Ar-
chitekmr der Acaber nicht ganz ohne Winsluß aus den chcistlichen Kirchenbau
in Spanien gewesm ist.

Sie ist iii dem im Ganzen gothischen Kirchsnbau von S. Juan de loS
ReyoS in Toledo in dec Ge.völbeconstcuction zu erkennen und tiefert auch
einzelns Anklänge in der zwiefachen Bogenstellung veS prächtigen, aber selt-
samen BaueS dec Kathedrale von Malaga von Diego SilaS. Ueberhaupt
ist gar nicht zu sagen, welchen Einfluß daS achthunderijährige Zusammen-
leben mit dsn Arabecn auch auf die Christen in jmem Lande geübt, wie von
der anderen Seite auch der Araber und Maure hier wie eine Abnormität/
von jenen deS MorgenlandeS und der africanischen Küste besteht, wmigstenS
wurden die Besttmriiungen deS KoranS in Spanim mannigfach verletzt und
die morgeniändischen Siiten denen deS AbsndlandeS vielfach anbequsmr. Wir
lesen nicht nur, wie christliche Ritter am Hofe zu Gcanada stetS gastüche
Aufnahme sanden und europäisch bewirthst wurden, sondern auch gegen die
morgenländischen Sitten Frauen alS Kampfrichter bei Turnieren und F-.-sten
erschetnen, und umgekehrt maurische Rittec an christlichsn Höfen in Spanien
stch einer gleichen Aufnahme ecfreuen. Aber trotz dissec Galantecieen hat
sich die arabische bildende Kunst, außer einzelnm Gegenständen deS LuxuS,
die mehr dem Handwerk uno dem bürgerlichen Gewerbe angehörten und
worin die Araber in Spanien allen übrigm vorauS waren, nichi über daS
Gewöhnliche erhoben. ES war nicht mögtich, in Bildnecei und Malerei für
ein Voik etwaS ErheblicheS zu leistsn, deffen RsligionSbuch die Darstellung
alles Lebenden durchauS verboten hatte, und zwac auS dem Grunds, weil
dereinst von dem Künstler, der dm Körper geschaffen, am Tage der Vergel-
tung auch die Seele und daS lebende Pcincip gefordert würde. ES ließe sich
diesem Gcundsatzs sür unS oielleicht ein sehc ästketischeS Moment abgewin-
nsn, wenn wir ihn in einem biislichen Sinne auffassen wollten, für den bil-
derstürmenden MohamedaniSmuS aber gick er in der strengsten und craffesten
Bedsulung deS Wortes. Man konnte dahec statt der Dacstellung des Lsben-
den nur Schnickschnack machen, und wenn jmeS in Spanien, wie bei den
Palästen dec Alhambra und Agafra, vockam, so war eS gegm den Koran.
Eben so war dis acabische Architekiur süc die höheren Foroerungen nicht ge-
macht. Sie war zu willküclich rn allm ihrm Theilen. Die Säulen ecümern
an dsn Zeltpflock, ihre Wände flnd nuc Teppichbehänge, ihre GewölbeTropf-
steinhöhlen, das Aeußece von schreckhaftem Ecnst, daS Zmiere nur reiche
Sinniichkeit. Dis Moschse von Cocdooa ist nur ein Bauwsck in der Breite,
und ihc werthvollstsr S-chmuck, ssr mathematisch gssteUte Säulenwald, dem
classtschen AÜerthum entnommen. DaS schönste, waS uns von der arabischen
Acchitektur in Spanien erhalten, ist der cillerdings reizende Bau der Alham-
bra, und dieser ist mir schreckbar! Er ist, wie wir zuc Zsit auSführen wer-
den, allecdingS ein Bau voll Poeste, absr für — unlauiere Geister, nicht für
Christen. (Fortsetzung solgt.)

Zrrm Besten des kölner Dombaues.

Bsrräthig im Secretarlate des Central-Dombau-Vereiiis (Rathhaus-
platz Nr. 3);

D i e

neuen Glasgemälöe

im Dome zu Köl«,

ein Weihegeschenk Zr. MajeM des Königs Eudwig I.
von Bayern,

beschrieben von

«r. Srnst Weyöerr.

3, Auflage, vermehrt durch eine kurze Geschichie der Glasnialerkunst, so wie
durch Audeutungen über die alten Fenster des kölner Domes im hohen Chore
und im nördlichen Nebenschiffe des Langhauses. Mit Abbildungen.
Preis 10 Sgr.

Verantwortlicher Herausgeber: I. I. Relles in Köln.
Commisfi ons-Verlag und Druck von M. DuMont-Schauberg in Köln.
(Erpedition der Kölnischen Zeitung.)
 
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