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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1875 (Nr. 301-303)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1997#0013
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-er Mann, d-r eine Bcvormundung odcr einen rivalisircnden Einsiuß nebcn
sich dulden wollte. Daher entstanden zwischsn ihm und der Köiügin-Mutter
die traurigsten Verwicklungen u»d dis erbittertste Fsindseligkeit. Jhren jüngem
Sohn, den Herzog von Orleans, dem gegenuber sie stets ihren mütterlichen
lsinfluß behauptct hatte, zog sie mit in die Opposiüon gegm den mitllerweile
iim Cardinal promovirten Nichelieu hincin. Jn Folge seiner geistigcn Ueber-
s.-genheit und seiner hohen politischen Bcsähigung gclang es diesem gcriebeneii
Tiplomaten, seine Herrschaft über den König zu behaupten und denselben dahin
-,u bestimmen, daß er seine Vtutter vom Hofe uiid aus dcr Residenz cniferiile.
One Zeit lang wurde die Königin-Mutter auf dem Schloffe zu Compiegnc wie
kine Gefangene angesehen und behandelt. Jhr Stolz und ihrs Herrschsucht
lonnten dieses Verhältniß nicht lange ertragen; im Jahre 1631 cntfloh sie
eus Compiegne und begab sich nach dcn fpanischen Nicderlandcn, wo sie zum
Sturz des Cardinals so wie zur Wiedererlaiigung der Regentschaft Nnterstützuiig
!ii finden hoffte. Uru so zuverfichtlicher glaubte fie an einen glücklichen Ersolg
jhrer Bcmühungen, als ihr von ihren Wahrsagern prophezeit wvrdcn, daß sie
iu kürzester Frist sich mit ihrem Sohne aussöhncn und sich dcr Herrschaft
wicder bemächtigen werde. „Meine Mutter", sagte der König, „ist zu unsern
Fcinden geflohen und denkt mich zu verderbcn, aber ihre Wahrsager sollen
Lügncr bleiben." Eincr dieser Wahrsager war der Jtaliener Vicomte Luca
de Fabroni, dcr ihr immer mit seinen astrologischen Deutungen zur Hand ging
mid bis zu ihrem Tode bei ihr geblieben ist.

Sobald Maria erkannte, daß sie ihr Ziel mit gswaltsamen Mitteln nicht
erreichen werde, gewann sie cs über ihren Stolz, dcn Cardinal um Versöhliuiig
aiizugehen und um die Erlaubniß zur Rückkehr nach Frankreich zu ersuchen.
Richelieu, der wohl wußte, was von dem Ehrgeiz, dcr Herrsch- und Rachsucht
der Königin zu befürchten stand, konnte sich nicht ciitichließen, auf diesen Wunsch
einzugehen. Bis zum Jahre 1638 blieb Maria in den Niederlanden. Als
sie von deu Spaniern, denen ihre Verpflegung lästig wurde, sich mit geringerer
Achtung als früher behandelt sah, bcgab sie sich nach Eiigland, in der Hvff-
iiung, durch Vermiitlung ihrer auf dcm cnglischcn Throue sitzenden Tochter
sich d!e Crlaubniß zur Rückkehr nach Franlreich auszuwirkcn. Sie hoffte endlich
dcn Mann, den sie zu der Höhe seiner Macht emporgchoben hatte, zu versöhueii
und zur Er'üllung ihrer Bitten geneigt zu machcn. Sie schrieb an Nichekieu,
daß ste dcs Vergangenen nicht mehr gedenkcii, ihn fcrnerhin licbcn, alles, was
dcr König wünsche, bereitwillig thun und auch ihren Aufentbalt in jeder
bcliebigen französischen Stadt nehmen wolle. Auf Nichclicu's Vcranlassung
holte der König die Meinung mehrerer höhcren Staatsbeamten ein. Des
CardinalS Herrschsucht und Eßrgeiz wußte es dahin zu bringen, daß dieses
Eutachten sich mit aller Entichiedeiiheit gegen die Heimkehr der Königin ans-
sprach: eS wurden ihr die früher bezogcncn Einküiifle zugesichert, wcnn sie sich
-utschließen wolle, ihren ferneren Wohnsitz in Florenz zu iiehmen. Diese Zu-
muthung wies sie mit Unwillen zurück.

Iluf dem cnglischen Boden fühlte sich die verbannte Königin währcnd dcr
1641 losgebrochenen politischen und kirchlichen Stürme nicht mehr sicher. Jn
London ivar sie allen Jnsulten dcs gegcn die Katholiken aufigehetzten Pöbels
ausgesetzt, und nichts bot für ihr Lebcn Hinreichende Bürgichaft. König Karl I.
ließ ihr bedeutcn, daß cr höchlich bedaure, nicht mehr ini Stauds zu sein, sie
gegen die fanakisirte Menge so wie gegen die Feindscligkeit des von den An-
hängern Richelicu's geleiteten Parlamentes zu schützen. Maria entschloß sich
nun, die hollündischen Geiieralstaatcn um Zugestchung einer sichern Zufluchts-
stätte zu ersuchen. Auf ihr desfallsigcs Anschreiben erhielt sie von Friedrich
von Oranien einen höflichcn, aber ablehnenden Bescheid. Das Mißfallen und
den gewaltigen Arm des Cardinals Richelieu fürchtcnd, ließ Friedrich sie bittcn,
ihren Aufenthalt außerhalb der holländifchen Gränzen nehmen zu wollen.
Jetzt richtete die Königin ihr Augenmerk auf diejenige deutsche Reichsstadt,
wslche schon wiederholt ftüchtigen Fürsten und andcrn Großen cin sichcres Asyl
xeboten hatte. Tss Ansuchsn, durch welches Maria selbst dcn Rath dcr Stadt
Köln um die Erlaubniß bat, innerhalb d-s städtischen Beringcs ihren Auf-
cnlhalt nchmen zu dürfen, wurde von Seitcn des Königs von England sowohl
Me des deutschen Käisers unterstützt und dringend befürwortet. Jener bat den
Nath, die Königin Maria gut aufnehmeii zu wollcn, und dieser ersuchte den-
stlben, ihr „alle gcbührende hohe Chre, Respcct und mögfichc Willfährigkcit
zn bezeugen und gehorsamst zu leistcii". Der Raih antwortete, daß er gern
bcreit sei, die Königin in Ehreii zu behcrbergen, u»d er werde sich nach Kräften
b-mähen, dieselbe in Allem zufriedcn zu stellen. Der Königin selbst antwortete
cr unter dem 2. Auaust 1641, er fürchte, es möchte ihr an der nöthigcn
Vegusmlichkeit fehlen; er würds aber Akkes aufbieten, um all ihrs Wünsche zu
crmllen. Vertraucnd auf diese Zusichcrung dcs Rathes, begab sich die Königin,
die seit ihrer Flucht aus Frankreich ruhe- und friedlos von Land zn Land
gewandert und überall mit Mißtraucn und Furcht empfangen worden war,
auf die Reise nach Köln.

Hicr hatts man dsn Gronsfekdcr Hof, das jetzt mit Nr. 10 bezeichnete
HanZ in der Sternengaffe, für ihre Zluüiahme hergerichtet. Es war dicseS ein
altcs Hcrrenbaus, welches hinreichend Raum für die Königin so wie deren
Gefolge und Dienerschaft bot. Danials gehörte dieses Haus dcm kaiserlichen
Feldmarschall Reichsgrafen Marimilian Jodokus von Gronsfeld, Bronkhorst
v- Cberstein. Tie Grafscha't Gronsfeld lag im Hcrzogthum Limburg an dcr
Maas und war im 1S. Jahrhnndert von der cüizigcli Erbin Kalharina dem
Herrn von Bronkhorst zugcbracht worden. Gerade dcr Umstand, daß dcr
Kaiser sich sür cin bequemes und paffcndcs Uiiterkommen sür die Königin.
lÄeressirte, wird die Veranlaffung gcwescn scin, daf; der Graf von Eronsfeld

aus Geiälligkeit für scinen kaüeriicyen tzcrrn dcr heimatlosen Königin seine
kölner Wohnuiig eüiräumte. Noch ein Jahr vorher, am 12. Juni 1640,
war dem Grafen in dicfcm Hause c!n Sohn, Johann Otto Wilhelm, geboren
worden, am 30. Juli 1639 cnie Tochter, Anna Justina Gerimdis. Der Graf
Marimilian war durch seine Fran Anna Christina Hardenrath, mit dcr cr sich
am 14. April 1639 vcrmäklt hatlc, in den Besitz dieses Hauses gekommen.
Diese Anna Ehristina ivar eine Tochler des Bürgermeistcrs Johaim Harden-
rath, der wcgen scincr Tüchligkeit in der ftädüjchen Vcrwaltung, jcincr Un-
besicchtichteit und andercr Bürgcrlngendcn allen nachlolgeiidcii Äürgermeistem
als Muster der Nachabmung vorgehalten zu wcrden pstegte. Jn den ällcsten
Schrcinsurkuiideii, welchs von dicsem Hause Kundc gcbcn, führt es die Be-
zeichnuiig „zur Büssen". Nach einem Bürgerverzeichinß des Jahres 1532
bcfand sich dasselbe zn dieser Zeit ini Besitz der Famiüe Suderman. Es war
dies eine Faniilie, welche volle zwei Jahrhunderte hindurch in der kölncr Handels-
welt einc hcrvorragendc Stellung eingenommen und in den Angelegenheiten
dcs hanscaüschen Bundcs elne eüiflußreiche Roüe gespielt hat. Von der Ptec-
trudis Sudcrman wurde das Haus „zur Büffen" dcm Johann Hardcnrath
in die Ehe gebracht. Von den Hardenraths kam es an den Grasen von
Gronsfcld, von diescni an die Familic v. Galt, durch die Frau Adelhcid v.
Gall an Franz Joseph Jmhof und von diesem wurde es 1790 an Adam
Joseph Schülgen verkaust. Zur Zcit als das Haus „zur Büffen" noch im
Besitz ber Witwe Suderman sich befand, gegen das Jahr 1587, wohnten die
Eheleute Rubens, die Eltern dcs großen Malers Peter Paul Rubsns, in dem-
selben. Diese Thatsache ergibt sich sowoh! aus der ausdrücklichen Angabe des
Aegidius Gelcnius wie aus deni Unistande, daß der Vater des genannten
Meisters, Johann Rubens, im Jahre 1587 in der St. Peterskirche beerdigt
woroen. ES glbt keinen Grund, in die Angabe des Aegidius Gelenius Zweffel
zu setzsn. Die Jugenderinnerungen dieses Localhistorikers fallen nur etwa
25 Jahre nach dem Tode des Johann Rubens, und wir müssen annehmen,
daß es zu seiner Zeit noch allgemein bekannt war, in welchem Haufe der
Vater des großen niederländischen Meistcrs gcwohnt hatte. Au' die TraLition
sowohl wie auf die Autoritüt des Gelenius stützen wir unS, weim wir als
ausgemacht annehnien, daß der Vater Rubens' die letzten Jahre seines Lebens
mit seiner Famiüe ini Hause „zur Büffen", dem spätercn Gronsfclder Hofe,
gewohnt hat.

Es war eine bittere Jronic des Schicksals, baß die so stolze und 'rüher
so mächtige Köliigin gerade in dem Hause die letzten Tage ihrer Demüthiguna,
ihrer Erniedrigimg und ihres Elendes vertebcn sollte, in ivclchem der Meister,
der die Zeit ihrcr Vröße durch so hervorragende Kunstwerlc verherrlicht hatte,
die Jahre seiner Kindbeit zugcbracht. Nubcns haüe einst in glücklichen Tagen
den ruhmrcichcn Wechscl von Akaria's Geschick, wie eine Jnschrist sagt: „Die
Epopee ihrcs Lcbens" in prächtigen Schildereien vergcgcnwartigt. Die vor-
nchnisten Momenic ihres Lebens hatte cr in einer Reihe iarbcnprächtiger G-c-
mülde wiedergcgcben, mit besondercr Licbe die Zciten ihrer Ncgentschast behandelt,
die lcbenskräitigs und lcbensfrohe Fürstin mit der Wage der Gerechtiakeit in
der Hand, vom Ueberfluß, der belohnenden Freigebigkeit und den Symbolen
künstlcrischer und wiffcnfchaftlicher Bcmühungen nmgeben, zn ihren Füßen die
besiegten Laster, über sich der Gcnius Frankreichs, dcr von der Zeit zu einer
besiern Zukunit geführt wird, mit der höchsten Genialikät in wahrha't künst-
lerlscher Vo teiidung dargestellt. Gerade an der Wiegc der Kindheit des Malers
Pctcr Paul Rubens mußte es die Königin doppclt schmerzhast berühren, daß
die Dämonen, deren Bssicgung dieser Meister vor etwa vierzig Jahren mit
sciner geübtcn Künstlerhand symbolisch dargestellt battc, seltdem einer nach dem
andern sich gegcn sie und ihr Glück gcwendet hatten.

Sobald der Tag ihrer Ankunst in Köln festgesetzt war, beschloß der Rath
am 26. October 1641, sie auf dieselbe Weise zn cmpfangen, wi: am 7. Juni
1613 die Gemahlin des Kuriürsten Friedrich von der Pfalz, die englische
Prinzessin Elisabelh, in Begleitung d-cs Prinzen von Oranien, empfangen uns
„regalirt" ivorden war. Bezüglich dieses Einzugcs sagt cin Protocoll vvm
2. Mai 1613: „Als die Prinzessm aus England, des Kurfürsten zu Heidet-
bcrg Ehegemahlin, neben Grafen Moriz von Nasiau, deffen Vrnder, dem
jüngern Prinzcn und Schwager, dem Prinzcn aus Portugal und unterschied-
lichen englischen und andern Grafen und Hcrrcn vom Adcl atlhier zu Nach-
millag von der rechten Nhciiiseite an der Salzgasse aiigekommeii, hat ein ehr-
barer Rath dieselben allda am Nhein, sobald sie aus dem Schlff getrelen, durch
seine Deputirten salutircn und willkommeii heißen lasscn, und dann von den
dnrch dic Markniaimsgaffe übcr den Henmarkt, uitter Seidmacher und MarZ-
psorten hinauf bis in die Glockengasse in des Herrn Bürgermeisters Beiweg
Haus, allwo das Ouarücr bestellt gewesen, beglciten laffen. Zlcht Bürger-
fahnen warcn neben den Soldaten einbcrufen, nnd dieselbsn standen und hielten
die Straße besetzt vom Rhcin bis in die Glockengaffe; die Wcr schützen waren
ebenialls ausgestellt. Graf Dioriz ift im Coblenzcr Hof Obcnmarspiorten
abgestiegen. Am folgcnden Tage ist die Prinzessin in Beglcitung dcs Graien
Moriz und der vornebmsten Herren auf deni Rathhause crschiencn, allwo eiir
ehrsamer 9!ath ein stattliches Banket angcstellt. Es haben auch Jhre Epcellenz
die heiligen drei Könige im Dvm nnd die goldcne Kammer in St. Ursula
besucht. Zlm folgenden Montag ist die Pri'izcsfin mit ihrem Eomitat am-
gebrochen und hat ihren Weg von untcr Wappcnsticker nach dem Severinsthor
j hinaus geiiommcn. Es hat ein chrsamer Ralh sowohl bei dcr Zlnkunst wir
beim Abzug dcr Prinzessm das grobe Geschütz abfeucrn laffen, wie denn auch
d-r Priiizesstn und dem Grafen Dtoriz ein Fuder Wein, worauf das slädüsche
Wappen gemalt war, und dcr Prinzessm noch eztra ein bcsonderes Präsentz
 
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