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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1875 (Nr. 301-303)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1997#0014
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^rehrt worden. Graf Monz hat daZ Stück Wein mit dem Stadtwappen
mit nach Holland gsnommen.' Nach Maßgabe diefer Empfangsfeierlichkeitcn
hielt die Königin mit einem im Verhältniß zu dem Pmnp und der Zahl von
Hofbeamten und Dienern, womit damals die Eroßen zu reisen pflegten, kleinen,
ja Lrmlichen Ecfolge unter dem Tonner des groben Geschützes und der Kam-
>nern ihren Einzug. Acht Bürgerfahnen wie das gcsammte städtische Militär
«aren am Nhein aufgestellt, und durch die Bürgcrmeister und eine Raths-
deputation wurde ihr nach ihrcr Wohnung das Gcleite gegeben.

Auch in Köln sollte die schivcr geprüfte Fürstin von den kleinlichen Chicanen
und Belästigungen ihrcr Feindc nicht gänzlich verschont bleiben. Einzelne von
Frankreich gedungene Verräthcr an dcr deutschen Ehre und dem deutschen Reiche,
die sich durch demonstrative Jnsolenzcn gegen die Königin d-n besondern Dank
des Cardinals Richelieu zu verdiencn hofften, ließen sich es mit besonderm
Eiser angclegen sein, den kölnischen Pöbel aufzustacheln und zu bsstimmen, daß
derselbe vor der Wohnung der Königin Ungezogenheiten der mannigfachsten
Art verübte. Der kaiserliche Gesandte Graf von Naffau klagte am 1. Mai,
„daß bei Ab- und Aufzug der bürgerlichen Wachen allerhand Jnsolenzien mit
Schießen, Rufen und ehrenverkleinerlichen Reden in der Sternengaffe verübt
würden. Darauf wurde von Seiten des Nathes dcn Wachtmeistern aufgegeben,
allen Hauptleuten zu bedeuten, daß ein ehrsamer Rath in der Nähe der Woh-
nung der verwitweten Königin ron Frankreich keinen Trommelschlag vdcr etwas,
was dersclben Ruhe verhindem könne, gestatten wollc, sie sollten demgemäß
ihren Fahnengenossen Befehl ertheilen." Auf die Uebertretung dieses Besehls
wurde einc Strafe von zchn Goldgulden gesetzt. Wiederholt mußte diesc Ver-
ordnung mit erneuter Strafandrohung eingcschärft werden. Als man sich
crfrechte, das bezügliche, an zwci Stellei: angeklebte Edict herabzureißcn, ließ
der Nath dasselbe auf „einen Blech renoviren" und durch besondere Militär-
posten bewachen. Zur Beschaffung ihres täglichen Fleischbedarfs „vcnvilligte
am 6. März 1642 der venvitiveten Königin aus Franlreich zu Ehren, daß zeitlicher
Fleischmarklmeister deroselben die Nothdurft an Fleisch, so vicl ihrer Majestät Pcrson
allein betrifft, beiseinem, einemehrsamenRathgeleisteten Eidczu liefern frcigelaffen'.
Jhre Subsistenzmittcl waren geringe: zur Bcfriedigung ihrer geringen Bedürf-
nisie und zum Unterhalt ihres Haushalts, dcr aus niehreren Dienern, Zofen und
Mädchen, dann aus dem JntendantenMarquis v. Fabroni, der Hausmeisterin
Madame v. Fabrina, dem ersten Arzte I)r. Riolan, dcm zweiten Arzte d'Aquin,
dem Eontroleur Garnier, dcni Fähnrich de Marcy, dcm Caplan de Masau, dcm
Apotheker de Fatouchi, dem Boten Barthelemy, dem Hausmeister de St. Garnier
besland, sah sie sich genöthigt, bei einzelnen kölner Bürgem kleinere Summen
ini Gesammtbetrage von 8000 Thlrn. leihweise aufzunehmen.

Um dic Königin der Nothwendigkeit zu überheben, zur Befriedigung ihrss
religiösen Bedürfniffcs irgend eine öffentliche Kirche der Stadt zu besuchen,
wurde ihr vvn Seiten der geistlichen Obrigkeit gestattet, in ihrer Wohnung
eine Hauscapelle herrichten und daselbst täglich das Meßopfer von ihrem Caplan
de Masau darbringen zu laflen. Der Königin, die als echte Jtalienerin ein
ganz besonderes Zutrauen zu der Wunderkraft von Bildern hatte und gern
vor wunderthätigen Marienbildem ihre Andacht verrichtete, war es gelungen,
eine sogenannte schwarze Muttergottes aus echtem scharfenhöveler Holz zu er-
halten. Tieses Bild gcwährte ihr besondern Trost in all ihrem Leid und
Elend, und vor ihm knieete sie, wcnn sie vertrauensvoll ihrc Zuflucht zu der
Trösterin der Bettübten nahm. Außer diesem Bilde besaß sie noch „ein in Gold
claborirte ekjiAism neben zwei goldenen Augen, denen sie bei eintretender Ungelegen-
heit an Kopf und Augen" eine vermittels göttlicher Gnade helfendeKraft zuschrieb.

Noch keine drei Vierteljahr hatte die Königin in Köln verweilt, als sie
im Juni 1642 von einer bedenklichen Krankheit befallcn wurde. Als sich
Zsichen dcs kalten Brandes einstellten, machten die Aerzte Anstalten, zur Am-
putation des von diesem Uebel angegriffenen Beines zu schrciten. Sie standen
aber von diescm Vorhaben ab, als sich ein hestiges Fieber und hiermit unver-
kennbare Zeichen der nahen Auflösung einstellten. Die KSnigin, die ihrem
Tode mit großer Faffung entgegensah, machte ihr Testament, zu dessen Exemtor
sie den kölner Kurfürsten Ferdinand bestellte, und bereitete sich in aller Andacht
auf ihrcn Hingang in die Ewigkeit vor. Häufige Besuche empfing sie in ihren
letzten Tagen vom ständigen püpstlichen Nuncius Karl Roffetti, Erzbischof von
Tharsus, vom apostolischen Legatcn Fabio Chigi, demspätem PapstAlexanderVII.,
und vom kölner Erzbischof Ferdinand von Baiem.

Auf ihren Wunsch erhielt sie aus den Händen Roffetti's die Communion.
Als am 2. Juli die Stunde der Auflösung zu nahen schien, wurde der Pfarrer
von St. Peter, der als kölner Historiograph bekannte vootor tlisoloziae
Arnold Meshov aus Lippstadt, gerufen, um der Sterbenden die letzte Oelung
zu geben. „Am 2. Juli", schreibt Meshov, „wurde ich von zwei Augustiner-
Pattes in das Haus der Königin von Frankrcich, welche in unserer Pfarre im
Hause des Bürgermeisters Hardenrath sel. Andenkens wohnte, gerufen, um ihr
dic letzte Oelung zu geben. Jch blieb dort von drei bis sieben Ilhr Abends.
Am andem Tage wurde ich um sechs Uhr Morgens gerufen und blieb dort
bis sieben. Jch gab unter der Affistcnz dcs hvchwürdigsten apostolischen Nuncius
der Königin, welche von einem Eapuciner das heilige Abendniah! cmpfing, dic
heilige Oelung. Der ganze Hof war zugcgen und flchte mit uns zu Gott für
das Eeelenheil dcr Königin. Gott sei ihr gnüdig! . . . Die Krauke starb am
3. Juli zwi'chen zwölt und ein Uhr Mittags." Sie vcrschied mit dem Ver-
trauen und der Zuverficht derjcnigen, welchc, vou ticscr Religiösität durch-
drungen, aui eine ewige Seligkeit hoffen. Gemäß ihrer letztwilligen Verfügung !
sollten in den verschiedenen Kirchen der Stadt Köln 6000 Meffen für ihr !

Seelenheil gelcsen werdcn. Der Erzbischof Ferdinand bestimnite, daß an den
drei ersten Tagm der Woche nach ihrem Ableben in allcn Kirchen der Stadt
von allen Geistlichen Meffen gelesen und Morgens von 6 bis 7, Mittags von
12 bis 1 und Abends von 7 bis 8 Uhr alle Glocken geläutet werden sollten.
Die Leiche wurde sosort einbalsamirt und blieb bis zur Ueberführum; nach den
Königsgräbem zu St. Tenis in der Hauscapelle beigesetzt. Täglich wurden
daselbst sür ihre Seelenruhe Messen gelesen. Die Eingewcide wurden in den
Tom gebracht und hier unmittelbar vor dcm Grabmal der heil. drei Könige
eingesenkt. Eine in eine Messingplatte gegrabene Jnschrift gab Kunde davon,
daß hicr Herz und Eingeweide der nnglücklichen französischen Königin ruhten.
Jn den Zeiten der französischen Republik, in dencn jedes Andenken an das
cntthronte Königsgeschlccht vertilgt werden sollte, wurde diese Grabplatte zer-
schlagen, und nur noch die Stifte, durch welche das Messing in den Stein
eingelaffen war, sind als Erinnerungszeichen an Maria von Medici geblieben.

Llm Tage nach dcm Ableben der Königin wurde von Seiten des RatheZ
dcn „Kronen von Frankreich, Spanien und England" so wie dem deutjcheii
Kaiscr von diesem Trauerfallc Kenntniß gcgeben. Jn deni bezüglichen Schreiben
an den Kaiser heißt es: „Alldieweilcn aber die Krüfte allgemach ab- und die
Schwachheit zugenommen und gleichwohl durch Bcistand aller menschlichen Hülfe
und Mittel eine Zeil lang consemirt und erhalten worden, so hat sich endlich
begebcn, daß gestern den drittcn Juli um die Mittagszeit, nachdem sie zuvor
mit allen geistlichcn kalholischen Mitkeln wohl versehen gewcsen, mit großem
Verstand und Andacht bis an ihr Ende, ihre Seele Gott dem Allmächtigen
übergeben hat, welcher durch ssine göttliche Gnade sie in alle Cwigkeit tröstlich
pflegen wolle, als haben nicht unterlaffcn sollen noch könncn, solches Euer
Kaiserlichen Majestät, welche dieser abgestorbenen großen Königin Person uns
allergnädigst empfohlen haben, allergchorsamst zu notificiren."

Bald nach dem Absterben der Königin verbreitete sich allgemein das Gerücht,
der Tod sei nicht auf natürlichcm Wege, sondern in Folge eines schweren Ver-
brcchens erfolgt. Der crste Leibarzt Niolan und der zwcite Arzt d'Aquin
wurden beschuldigt, die Königin durch Gift aus dem Wcge gcjchafft zu haben.
Trotzdem daß die bei der Secirung zugezogenen kölner Aerzte erklärten, nichts
gefunden zu haben, was einen solchen schweren Verdacht rechtfertigen könne,
behauptete dieses Gerücht sich hartnäckig. Diejenigen königlichen Hofdiener,
welche in der letzten Zeit am meisten um die Königin gewesen waren, stellten
beim Rathe den Antrag auf cine genaue Untersuchung. Dcr Rath ging auf
dieses Ansuchen ein und ließ dnrch die zeitlichen Herren Syndici mit Zu-
ziehung eines dcr französischen Sprache mächtigen Notars ein umständliches
Zeugenverhör vornehmen. Aus disscm Verhör gewann der Rath die Ucberzsugung,
daß das fragliche Gerücht jedes Haltes entbehrte. Auch der londoner Arzt Mayeren,
dsr die Königin kurze Zeit vor ihrem Ableben besucht und später von dem
SecirungSprotocoll Einsicht genommen hatte, sprach sich dahin aus, daß der Tod
nicht in Folge eines Verbrechens, sondern einer unheilbaren Krankheit erfolgt sei.

Auch nach dem Tode sciner Feindin wollle das Herz des Cardinals Richelieu
sich nicht versöhnen laffen. Nicht einmal den verweslichen Resten derselben
wollte er die Nuhe auf französischem Boden gönncn. Auf die Dauer konnte
er aber dem Drängen des Königs nicht widerstehen, und er mußte es geschehen
laffen, daß dicser sich anschickte, den lciiten Willen seiner Murter auszuführen
und einen besondern Abgesandten in der Person des Walter v. Peny nach
Köln zu schicken, um die noch immer im Gronsfelder Hofe stehende Leiche ab-
zuholen und zur Beisetzung in der Königsgmft zu überbringen. Gegen Ende
October- kam Peny in Köln an. Ehe er seinen Aufttag ausrichten konnte,
mußte er dis financiellen Angelegenheiten der verstorbenen Königin regeln.
Auf das Mobiliar war im Namen des Dr. Matthieu de Morgue de St. Ger-
main, des früheren Großalmoseniers und ersten Predigers der Königin, zur
Sichemng des ihm vermachten Legates durch den spanischen Pogador Nicoletta
Beschlag gelegt worden. Die Kleinodien, Steine, Ringe, Diamantkreuze, Arm-
bänder und anderen klcineren Kostbarkeiten, abgeschätzt zu 8400 Thlr., waren
auf dcn Anttag der Kaufleute Hieronymus de Clerck und Tilmann Hilden,
bei denen Maria eine Summe von 8000 Thlrn. aufgenommen hatte, '. ein-em
mit den Siegeln des Vicomte v. Fabroni und des Erzbischofs von Köln ver-
sehenen Küstchen in dcr Mittwochsrcntkammcr als Unterpfand deponirt. Peny
befriedigte sämmtliche Gläubiger und befrcite die Mobilien und Kleinodien von
der Beschlagnahme. Tarauf überreichte Peny dem Rath im Austrage des Königs das
schon oben gcnannte Muttcrgottesbild aus scharfenhöveler Holz, welches die Königin
durch letztwillige Verfügung der Stadt Köln als Ändsnkcn vermacht hatte. Hierauf
wurde im Rath recessirt, „dem Könige in aller Ergcbcnheit zu danken und dem
Abgesandten cine goldene Kstte mit cinem Pfennig, die heil. drei Könige und
die cilftausend Jungfern auf dem Gepräge zeigend, als Geschenk zu machsn".

Sobald sich Peny mit dsn nöthigsn Geleitscheinen vsrsehen und alle Vor-
bereitungcn zu der Reisc gctroffen hatte, wurde die Leiche am 8. Febr. 1643
nach vorhcrigcm ottieinm äskunetornm in St. Peter mit großer Feierlichkeit
aus der Stadt weggcführt. „Von der Peterskirche", schreibt Meshov, „wurde
die cinbaljamirte königliche Leiche bis zum Severinsthor bcgleitet. An der
Spitzc des Trauerzuges gingen die vier Bettelordsn, darauf fobzten wir mit
zwölf Priestern, ein Wagen, hinter uns drei oder vicr Capläne der Königin,
daim dcr Colonel Hirkenbusch und ein Wachtmeister mit ihren und andcrsn
Hellebardicrern und scchszig Tienern mit goldbordirten Kragsn. Darauf folgte
die Lciche, hinter dieser dcr Gcsandte mit den ükrigen wenigen Hoflcnten zn
Fuß, zuletzt einige Wagen mit Damsn. Außsrhalb dcs Scverinsthores be-
sprengte ich den Sarg mit Weihwasser und thurificirtc ihn."

Berantwortlichcr HerauSgcber: I. I. NelleS in Köln.

Commissisno-Verlag und Druck von M. DuMont-Schaubsrg. (Expedition dcr Kölnischen Zsitimg.)
 
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