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Kohn, Pinchas Jacob
Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit: eine Sammlung von Anekdoten und "Guten Wörtchen" — Berlin: Lamm, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.42085#0020
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16 —

ärmliche Kleidung, die er zuhause trug, wich einer auf-
fallenden Eleganz, und auch sonst war er äusserst splen-
did. Von einem Bekannten über sein verändertes Wesen
auf der Reise befragt, gab er zur Antwort: „Es ist doch
bekannt, dass wenn „Pinchas“ an seinem Platze ist, er
dann traurige Tage hat. (Der Wochenabschnitt Pinchas
wird nämlich in der für Juden eine Trauerzeit bildenden
Periode zwischen dem 17. Tamus und dem 9. Ab ge-
lesen). Befindet sich hingegen „Pinchas“ ausserhalb seines
Ortes, dann gibt es für ihn nur Festtage. (Weil ein
Teil desselben Wochenabschnittes auch an jedem Feste
zur Verlesung gebracht wird.)

* * *
Einst wollte Rabbi Pinchas zuhause beten und liess
sich zehn Leute zum Minjan zusammenrufen. Unter die-
sen bemerkte er einen Mann, den er wegen seines un-
religiösen Lebenswandels nicht gern mitzählen wollte,
weshalb er noch einen elften hinzuzog. Durch diese Zu-
rücksetzung gekränkt, stellte ihn der Betroffene mit den
folgenden Worten zur Rede: „Rabbi, hat man zum Ke-
taures (Räucherwerk) nicht auch das Chelbeno (ein min-
derwertiges Gewürz) zugezogen?“ „Gewiss“, erwiderte
schlagfertig der Rabbiner, „aber heisst es denn nicht tat-
sächlich in der Mischna vom Ketaures: „weachad ossor
sammemonim hoju boh,“ dass e 1 f Spezereien darin ent-
halten waren.“
* * *
Ein Verfasser, der je eine Erklärung zu den Sprü-
chen Salomos und zu dem Buche Hiob geschrieben hat-
te, bat ihn um eine Empfehlung seiner Werke. Er gab
ihm eine solche für das Buch Hiob, nicht aber für sei-
ne Erklärung der Sprüche Salomos. Auf die erstaunte
Frage des Bittstellers, warum er seine Erklärung der
Sprüche nicht empfehlen wolle, antwortete Rabbi Pinchas:
„Hiob hatte so unendlich viele Leiden durchzumachen,
dass es ihm auf ein Leid mehr oder weniger nicht an-
kommen dürfte, den glücklichen König Salomo aber möch-
te ich vor dem Leide einer solchen Erklärung bewahren.“
 
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