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Kohn, Pinchas Jacob
Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit: eine Sammlung von Anekdoten und "Guten Wörtchen" — Berlin: Lamm, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.42085#0032
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— 28 —

verlegte sich auf die Eltern und Kinder, infizierte sie mit
dem Bildungsfieber und veranlasste sie, Gymnasien und
höhere Schulen zu besuchen, wo sie weder Sabbat noch
Festtag halten können. Und als ihm dies gelungen war.
hatte er die gewünschte Sündenart erreicht. Statt ihren
Sabbat und Festtag zu geniessen, müssen die armen
Schüler in der Schule sitzen und arbeiten. Wenn sie auf
solche Weise den Sabbat entweihen, sündigen sie und
die Eltern, die sie dazu veranlassen, ohne sofort einen
Genuss davon zu haben, denn der Lohn, die spätere
Existenz, winkt ihnen erst nach vielen Jahren mühsamer
Arbeit. Mit solchen Sünden wird der Satan dem Jezer-
tow gewiss überlegen sein.

Auf einer Reise, die der Kownoer Rabbiner, R. Jiz-
chak Elchanan Spektor, in einem von einem jüdischen
Fuhrmann gelenkten Wagen unternahm, liess er halten,
um das Mincha-Gebet zu verrichten. Auch sein Fuhr-
mann stieg ab, um zu beten, benützte aber die Gelegen-
heit gleichzeitig, um die Achsen zu schmieren. Rabbi
J. E., der dies bemerkte, sagte lächelnd zu seinem Be-
gleiter: „Was sind die Juden doch für ein Am segulo
(auserwähltes Volk)! Sogar bei der Arbeit beten sie.“

Ein Rabbiner kam als Gast in eine fremde Gemeinde
und wurde in der Synagoge neben einen Am-haarez (Un-
wissenden) gestellt, der aber seine Unwissenheit durch
allerlei gelehrt klingende Fragen zu verdecken suchte.
Als man zu der Stelle kam: odom ubehemo tau-
schia haschem (Mensch und Vieh hilfst Du, o Gott!)
wandte er sich an den Rabbiner mit der Frage: „Wie
kommt es, Herr Rabbiner, dass man den Menschen
(odom) neben das Vieh (behemo) stellt?“ — „Weiss ich
denn, was sich der Schammes (Synagogendiener) gedacht
hat?“ erwiderte gelassen der Rabbiner.
 
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