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Kohn, Pinchas Jacob
Rabbinischer Humor aus alter und neuer Zeit: eine Sammlung von Anekdoten und "Guten Wörtchen" — Berlin: Lamm, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.42085#0040
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— 36 —

Zugleich mit ihm bewarb sich ein anderer bedeuten-
der Gelehrter um das Krakauer Rabbinat. Da der Ge-
meinde die Wahl recht schwer fiel, wurde beschlossen^
es den beiden Bewerbern selbst zu überlassen, wer vor
dem andern zurücktreten sollte. Die Kandidaten einigten
sich, die Entscheidung dem Zufall anheimzustellen. Sie
wollten ein Chumesch (Pentateuch) öffnen, und derjenige,
auf den in der ersten Zeile der ersten Seite ein Hinweis
gefunden werden würde, sollte der Erwählte sein. Die
erste Zeile der aufgeschlagenen Seite war eine Stelle des
zweiten Buches und lautete; "jw'r’ W
und Rabbi Heschil belehrte seinen Konkurrenten, dass
dieser Vers ausdrücklich auf seine Wahl hindeute, denn
die Anfangsbuchstaben des betreffenden Verses ergeben
genau seinen Namen: während die beiden letz-
ten Worte einen Zahlenwert von 401 ergeben,
entsprechend dem Zahlenwert der Gemeinde Und
so wurde R. Heschil zum Rabbiner der Krakauer Ge-
meinde gewählt.

Einem Ungläubigen, der einem Rabbiner gegenüber
seine Zweifel an der Ankunft des Messias vorbrachte,
wurde von diesem durch folgendes Gleichnis heimgeleuchtet:
Auf seinem Streifzuge durch den Wald traf einst ein
Fuchs einen Hahn auf einem Baume stehend. Gern hätte
er sich des saftigen Bratens bemächtigt, wie aber sollte
er dazu gelangen, da er nicht hinaufklettern konnte?
Aber er war ein gar schlauer Geselle, und mit der gröss-
ten Freundlichkeit näherte er sich seinem Opfer. „Guten
Tag, lieber Freund,“ rief er zum Hahne hinauf. „Warum
denn so einsam? Komm doch lieber herunter zu mir,
dass wir uns ein wenig unterhalten.“ — „Ei gewiss, da-
mit Du mich frisst,“ sagte der Hahn. — „Dich fressen?“
tat verwundert der Fuchs. „Nein, guter Freund, die Zei-
ten sind vorüber. Weisst Du denn nicht, dass der Mes-
sias gekommen ist und die Prophezeiung des Jesaja sich
bereits erfüllt hat? Wolf und Schaf wohnen jetzt ein-
trächtig beieinander, und jeder Hass ist geschwunden.“
— „Wenn es so ist, dann will ich gern herunterkommen,“
erwiderte der Hahn und schickte sich an, vom Baume
 
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