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Koldewey, Robert; Puchstein, Otto
Die griechischen Tempel in Unteritalien und Sicilien: Text — Berlin, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.5536#0143
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DER TEMPEL IN GELA

3 4'j

5V3D

leider meist auf Hittorffs Mafse angewiesen, denen
wir nicht unbedingtes Vertrauen schenken können;
die Mafse sind: T = 0.85, M = 1.32G, E = 1.74, H -
9.366, OD = 1.56, D = [1.7B5J, UD= 1.95, I = 2.41
und danach erhält das Diagramm die bei-
stehende Form. Zweifellos ist wohl die Iden-
tität der Triglyphenbreite mit dem halben
mittleren Säulendurchmesser; bei der Teilung
von 3 : 47-2 sollte die Triglyphe 0.87, die Metope

1.31 messen \md der mittlere Durchmesser 1.74, aber ich halte
diese Abweichungen von den wirklich von uns oder von Hittorff
gemessenen Mafsen für unwesentlich, und glaube, dass hier
ebenso wie beim sogenannten Poseidontempel in Paestum
und beim sogenannten Concordiatempel in Akragas u. a. die-
selbe Einteilung im Triglyphon vorliegt wie im Intercomm-
nium. Das und die doppelte Contraction ohne Verschiebung der
betreffenden Triglyphe weisen dem Bau seine Stelle unmittel-
bar vor dem Concordiatempel an.

DIE TEMPELRUINE IN GELA

Die rhodisch - kretische Colonie Gela, d. i. heute Terra-
| nova, eine alte und bedeutende Gründung an der Süd-
küste Siciliens (von 689 v. Chr.), die nicht besonders
glückliche Schicksale gehabt hat (vergl. den Ueberblick bei
Schubring im Rhein. Mus. XXVIII
1873, 79 ff.), verdient in der Ge-
schichte der Architektur schon
deshalb eine besondere Erwähnung,
weil von ihren Leuten im Jahre
581 v. Chr. das grofsartige und
durch seine vielen Tempel be-
sonders berühmte Akragas ge-
gründet worden ist. Ein anderes
Zeichen seiner frühen Blüte ist
das hochaltertümliche Schatzhaus
in Olympia, dessen wir wegen
der eigentümlichen Terracottaver-
kleidung der Geisa seines älteren
Teiles schon öfter, namentlich bei
der Besprechung des Megaron von
Gaggera und des Tempels C, haben

Erwähnung thun müssen. In Gela selbst haben bekanntlich
Dörpfeld und seine Gefährten wenigstens ein Fragment einer
mit der Schatzhaussima übereinstimmenden Terracotte gefunden
(a. a. O. 11. 24 und Taf. II 6). Es ist bemerkenswert, dass sich
die geloische Architektur dann trotz des ostgriechischen Ur-
sprungs der Colonisten auf den Formenkreis des dorischen Stiles
beschränkt zu haben scheint. Zu dem alten Hauptraume des
Schatzhauses in Olympia ist im 5. Jahrhundert v. Chr. eine
dorische Vorhalle hinzugefügt worden. Was damit von den
Ueberresten der Stadt selbst, in der man bisher fast nur Gräber
mit schönen und wertvollen Vasen entdeckt und gesucht hat,
confrontiert werden könnte, ist, abgesehen von Akragas, die
ganz kümmerliche und in moderner Zeit schmählich vernach-
lässigte Ruine eines dorischen Tempels des entwickelten Stiles,
nämlich eine einzige Säule, die zu Anfang des 18. Jahrhunderts

Abb. 122. Die Westfront des Tempels bei Segesta
von innen gesehen. Zu S. 135.

noch aufrecht stand, aber jetzt umgestürzt und der weiteren
Vernichtung anheimgegeben ist (s. Holm I 135; die Schrift von
Costa, Una colonna dorico-greca, avanzo d' un lempio in Terranova,
Palermo 1857, kennen wir nicht).

Man gelangt aus Terranova
zu der Ruine, wenn man auf
der grofsen Hauptstrafse nach
Osten zu ein Paar Hundert Schritt
vor die Stadt und an einer ver-
fallenen Windmühle vorbei fast
bis an den Ostrand des schmalen
langgestreckten Hügels geht, auf
dem die alte Colonie gegründet
war (vergl. die italienische General-
stabskarte und den Plan bei
Schubring und bei Holm II
Taf. 12). Hier, auf dem Rücken
des Stadtberges, nach der Südseite
zu — es ist nicht ausgemacht, ob
noch innerhalb des Mauerringes
oder etwa dicht vor einem Thore
- hatte einst der mittelgrofse Tempel eine prachtvolle Lage:
im Süden das Meer, nach Nordosten, über den näheren Bergen
emporragend, die Kuppe des Aetna. Jetzt steht nur noch eine
Säulentrommel aufrecht; vier andere, gewiss zu derselben Säule
gehörig, und das Capitell liegen ringsherum am Boden (Abb. 123).
Die stehende Trommel ruht auf einem Stylobatbiock,
der im Westen und Norden eine glatte Aufsenfläche hat und
im Süden und Osten verwittert ist. Darunter liegen, und zwar
in der Art, dass ihre Köpfe auf der Nordseite nach Norden
und auf der Westseite nach Westen blicken, 5 Blöcke, die wie
Binder in einer Eckbildung aussehen. Die Steine sind auf der
West- und Nordseite gebrochen; in den Eckblock ist auf diesen
beiden Seiten je ein 17 cm tiefer Absatz eingearbeitet, den
man auf eine allerdings vom Gewöhnlichen abweichende Stufen-
construction beziehen könnte. Man hätte danach in dieser
 
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