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DER TEMPEL VON SEGESTA

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sind durch Kantensicherungen geschützt. Das Capitell ist im
Vergleich mit der Säulendicke etwas niedrig.

Das Epistyl ist zweireihig und einschichtig, nur aufsen,
wie es scheint, ganz ausgearbeitet, die Tropfen sind cylindrisch
und wenig verwachsen, die Innenseite (Abb. 117) ist ganz
glatt, also die Taenia nicht ausgearbeitet. Die Ecken stofsen
auf scharfe Gehrung an einander.

Das zweireihige Triglyphon scheint aufsen wenigstens
gröfstenteils fertig gearbeitet zu sein. Die Triglyphen, mit
stark (etwa 3 cm) übelgreifender Fuge, bilden ebenso wie die
Metopen selbständige Blöcke. Die Einteilung des Triglyphon
ist, soweit man von unten sehen
und an Photographien controlieren
kann, absolut gleichmäfsig ge-
halten, und da die Contraction auf
zwei Joche verteilt ist, also die
zweite Säule nicht mehr an der
für eine gleichmäfsige Triglyphon-
teilung erforderlichen Stelle steht.
so sitzt consequenter Weise die
dritte Triglyphe nicht mehr über
der Axe der zweiten Säule, sondern
mehr nach aufsen. Das fallt so-
wohl an den Fronten als auch an
den Langseiten ungemein auf.
Um dabei die Epistylfuge, die sich
sonst genau in der Mitte der
Regula befindet, noch ciniger-
mafsen der Säulenaxe zu nähern —
ganz erreicht wird diese nicht —
ist sie aus der Mitte der Regula
bis zum 4. Tropfen verschoben.
In Hittorffs Frontansicht {Rec. />/.
4) ist die Verteilung der Regulen
und der Triglyphen richtig darge-
stellt, aber die Epistylfuge fälsch-
lich über die Säulenaxe gelegt.

Die Grlyphidenendigung ist
ganz gerade, eckig und unter-

schnitten; aber der Streifen darüber
bis zu dem einfachen Capitellband
ist sehr breit und legt die Ver-
mutung nahe, dass die Glyphiden-
endigung doch noch der letzten
Ausarbeitung entbehrte, wodurch
die zur Zeit der Erbauung des
Tempels übliche und zu erwartende
überhängende Curve hergestellt
werden sollte.

Die Innenseite des Triglyphon besteht in der Regel aus
drei Schichten in regelmäfsigem Fugenwechsel, der von den
darüber liegenden Geisonfugen abhängig ist; die oberste Schicht
springt etwas vor und hat oben die eckige Bosse für ein do-
risches Kymation (Abb. 122). Die Ostseite und kurze Strecken
der anstofsenden Langseiten sind aber zweischichtig, mit nicht
sehr regelmäfsigem Fugenwechsel.

Am Geison liegt die Fuge durchgängig in der Mitte der
Mutulen, ausgenommen die Eckblöcke, die bis etwas über die
Mitte des zweiten Mutulns reichen. Die Ecken der Hängeplatte
sind mit einer Palmette verziert (Hittorff Rec. pl. 0), die mit

Ausnahme der SW.-Ecke aus einem besonderen Stück einge-
setzt war. Drei Reihen von G kräftigen Tropfen schmücken
den Mutulus. Die Scotia ist dünn und sehr tief unterschnitten.
Die Bekrönung bildet ein einfaches lesbisches Kymation mit
Plättchen darüber.

Die Quaderung des Tympanon steht wieder in regel-
mäfsigem Fugenwechsel zu der Geisonschicht darunter. Ein
grofses lesbisches Kymation (in Bosse) bildet für sich eine
Schicht unter dem in einfacher Curve tief unterschnittenen
Schräggeison. Vergl. Abb. 122 auf S. 13G.

Die Giebel sind im Inneren vielfach ausgeflickt, ebenso

das Schräggeison und in den
unteren Teilen des Baus besonders
die Säulen der Westseite und wohl
vollständig die Säule 0. 2 v. S.
Derartige Ausbesserungen sind
zugleich mit der Freilegung der
Stufen angeblich schon im Jahre
1781 ausgeführt worden (Hittorff
Rec. 4G); zum zweiten Male hat
den Tempel 18G4 Cavallari aus-
gebessert und gegen weiteren Ver-
fall geschützt (Di Giovanni in dem
oben S. 78 Anm. citierten Bericht
S. 29).

Nicht ganz zutreffend hat man
bisweilen betont, dass am Geison
nirgends Lager für die Balken des
Dachstuhles zu bemerken seien
(Sorradifalco I 115. Holm I 304;
vergl. Hittorff 43) und gemeint,
der Tempel sei niemals unter
Dach gekommen. Aber was die
Pfettenlager auf den Giebelwänden
betrifft, so können diese infolge
der schlechten Erhaltung und viel-

fachen

Ausbesserung

steigenden



Abb. 121. Die Südwestecke des Tempels bei Segesta.

des an-
Geison kaum kennt-
lich geblieben sein, und die
Sparrenlager werden sich in einer
nicht mehr vorhandenen Schicht
des Langseitengeison befunden
haben.

Von Stuck und Bemalung,
auch vom Altar vor der Front,
keine; Spur.

Grofse Genauigkeit in der Ar-
beit, Regelmäfsigkeit in der Quaderung, Sorgfalt und Sicher-
heit in der Formengebung und Gröfse in den Mafsen zeichnen
den Tempel vor vielen anderen aus. Dabei ist hier zum
ersten Mal in systematischer Weise die Contraction, 37 cm

1.74 — 0.85

(die geforderte beträgt

0.44),

durch Verschiebung

der zweiten Säule auf die beiden Eckjoche verteilt, aber sehr
auf Kosten der Uebereinstimmung mit dem Triglyphon, das
dieser Bewegung nicht gefolgt ist.

Zur Feststellung des Proportionsdiagramms *) sind wir

*) Vgl. Wittichs Berechnung' des Fufsmafses Archäol. Zeitung XIX 1801, 179, 7.
 
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