22 I. Slyl der griecli. bem. Thongefäfse.
Es wird zwar nicht schwer sein, bei den allermeisten
derselben Mängel aufzufinden, die unzählige Künstler unse-
rer Zeit, selbst untergeordneten Ranges, leicht vermeiden wür-
den, aber dagegen mufs ein Jeder, der zu sehen versteht,
überrascht sein von der Tiefe und Wahrheit des innern Le-
bens, von dem Gefühle für Grazie und Harmonie, im Ganzen
sowohl als im Einzelnen, welches uns in unzähligen, in der
Ausführung sehr oft vernachlässigten, Werken dieser Art ent-
gegentritt. Und diesen Reichthum lebendiger und in sich ei-
niger, mit einem Worte, wahrhaft künstlerischer Anschauung,
der in diesen Werken, trotz der geringen Mittel, trotz jener
Mängel im Einzelnen, auf so ausgezeichnete Weise zur Dar-
stellung gebracht ist, stehe ich nicht an, als allgemeinen Cha-
racter dieser Kunstwerke zu bezeichnen, so wie er überhaupt
als der eigenthümliche und innerste Lebenskeim der griechi-
schen Kunst im Ganzen betrachtet werden mufs. Das Lob
„ eines guten Geschmacks und einer guten Methode" (1) reicht
dabei lange nicht aus, ja trifft, obwohl man sich bei seiner
Unbestimmtheit gar mancherlei denken kann, durchaus nicht
das Wesentliche. Es sind diese Werke nicht etwa blos aus
einer durch Übung erworbenen Geschicklichkeit hervorge-
gangen, sondern eine Frucht des eigentlichen Kernes aller
Kunst, nemlich des Bedürfnisses, das Schöne zu schaffen:
daher der durchgehende Reiz selbst in den Formen der Ge-
fäfse, die mehr noch durch die darin waltende unendliche
Feinheit des Gefühls für Schönheit der Linien, als durch ihre
Mannigfaltigkeit in Erstaunen setzen, sogar noch bei den Ge-
fäfsen späterer Zeit, bei welchen das Streben nach Pracht und
äufsern Reichthum doch schon verderblich einwirkte; daher
jenes fast ebenso allgemein durchgehende Gepräge der Zeich-
nung, welches man durch den Ausdruck Styl zu bezeichnen
pflegt, d. h. die aus der lebendigen, eigenthümlich nationellen
'• .Ti'ii'"jjnodT 0o!l/!r>r;i:>a tiifo ihiui> ei« .Vidi; w?m oiiCt.) mofiöd
(') s. Meyer in der oben angezogenen Siehe.
Es wird zwar nicht schwer sein, bei den allermeisten
derselben Mängel aufzufinden, die unzählige Künstler unse-
rer Zeit, selbst untergeordneten Ranges, leicht vermeiden wür-
den, aber dagegen mufs ein Jeder, der zu sehen versteht,
überrascht sein von der Tiefe und Wahrheit des innern Le-
bens, von dem Gefühle für Grazie und Harmonie, im Ganzen
sowohl als im Einzelnen, welches uns in unzähligen, in der
Ausführung sehr oft vernachlässigten, Werken dieser Art ent-
gegentritt. Und diesen Reichthum lebendiger und in sich ei-
niger, mit einem Worte, wahrhaft künstlerischer Anschauung,
der in diesen Werken, trotz der geringen Mittel, trotz jener
Mängel im Einzelnen, auf so ausgezeichnete Weise zur Dar-
stellung gebracht ist, stehe ich nicht an, als allgemeinen Cha-
racter dieser Kunstwerke zu bezeichnen, so wie er überhaupt
als der eigenthümliche und innerste Lebenskeim der griechi-
schen Kunst im Ganzen betrachtet werden mufs. Das Lob
„ eines guten Geschmacks und einer guten Methode" (1) reicht
dabei lange nicht aus, ja trifft, obwohl man sich bei seiner
Unbestimmtheit gar mancherlei denken kann, durchaus nicht
das Wesentliche. Es sind diese Werke nicht etwa blos aus
einer durch Übung erworbenen Geschicklichkeit hervorge-
gangen, sondern eine Frucht des eigentlichen Kernes aller
Kunst, nemlich des Bedürfnisses, das Schöne zu schaffen:
daher der durchgehende Reiz selbst in den Formen der Ge-
fäfse, die mehr noch durch die darin waltende unendliche
Feinheit des Gefühls für Schönheit der Linien, als durch ihre
Mannigfaltigkeit in Erstaunen setzen, sogar noch bei den Ge-
fäfsen späterer Zeit, bei welchen das Streben nach Pracht und
äufsern Reichthum doch schon verderblich einwirkte; daher
jenes fast ebenso allgemein durchgehende Gepräge der Zeich-
nung, welches man durch den Ausdruck Styl zu bezeichnen
pflegt, d. h. die aus der lebendigen, eigenthümlich nationellen
'• .Ti'ii'"jjnodT 0o!l/!r>r;i:>a tiifo ihiui> ei« .Vidi; w?m oiiCt.) mofiöd
(') s. Meyer in der oben angezogenen Siehe.