dungsstücke und Utensilien vor, um die Berufsgruppen zu unterscheiden und die Hierarchie
im jeweiligen Beruf zu unterstreichen. Die Goldschmiede hatten zu allen Gelegenheiten, an
Werktagen wie auch zum Kirchgang, eine kurze schwarze Schürze, die ledigen Gold-
schmiedssöhne und Gesellen einen dunkelblauen Mantel219 zu tragen. So führte jede Profes-
sion seinen besonderen Schurz, und wenn sie ohne Geschäft gingen, so schlugen sie sol-
chen um den Leib, und wo einer anders ging, so wurde solcher von der Zunft gestraft, oder
mußte er einen Mantel oder Stock tragen. Kein Meister durfte in der Kappe ohne seinen
Schurz ausgehen, (vgvgvg) Kein Gesell ging ohne Stock aus. Die Lehrjungen wie auch die
Versprechlinge durften keinen Stock tragen (...). Die Aufklärung hebt alle Zunftrechte
und Zunftordnungen auf so daß die einen jetzt weder den Meister noch den Geselle sogar
nicht den Lehrjungen erkennen kann, von wessen Profession er sei,220 räsonierte 1816 der
Chronist Dominikus Debler.
So wie Debler um den Verlust der alten Ordnungen trauerte, verurteilte er die Entwicklun-
gen, die nach 1803 einsetzten. Dabei ging ihm jegliche Objektivität abhanden, was sich auch
an seinen Beschreibungen zur Umstrukturierung der Zünfte nach Übernahme der Stadt
durch Württemberg ablesen läßt. So schrieb er 1803: Den 31. August wurden die Oberacht-
meister abgesetzt. Es sollen selbe in Zukunft keine bürgerlichen Zusammenkünfte ohne
Vorwissen und Erlaubnis eines Oberamts erlaubt sein, und dürfen auch die Zünfte nichts
verordnen ohne des Oberamts 'Willen. Die Oberachtmeister haben jetzt die Namen Zunft-
meister oder Kerzenmeister, und jeder Zunft ist ein Obmann gegeben worden aus dem Rat
Sonsten hatten die Zünfte ihre Zusammenkünfte ohne Beiziehung einer Magistrat-
sperson, schlichteten und richteten, was ihnen gefällig, straften und ordneten, hatten ihre
Laden, nur bei Streitfällen zogen sie einen Zweierherrn hinzu aus dem Rat.221 Der Chronist
zeichnete hier ein idealisiertes Bild von den Zünften und Handwerken, das mit der Realität
nichts zu tun hatte: Die von ihm beschworene Autonomie ging nicht erst 1803 verloren, son-
dern bereits 1552. Die Zünfte und Handwerke hatten seit jener Zeit nicht mehr das Recht,
nach eigenem Belieben schalten und walten zu können und zu dürfen.
An den Topos von der selbstherrlich regierenden Zunft, der in der Literatur fast immer par-
allel zum Mythos von der „Goldschmiedstradition“ beschworen wird, glaubte auch Eduard
Funk in seinem Aufsatz „Das Gmünder Handwerk in zwölf Jahrhunderten“ aus dem Jahr
1967. Darin hieß es: Die Macht der Zünfte wurde (. . . ) 1828 vorübergehend durch erste
gesetzliche Maßnahmen außer Kraft gesetzt und 1862 vollends gebrochen.222 223
Trotz aller Veränderungen nach 1803 blieb die Vielfalt der handwerklichen Ordnungen
unangetastet. In den „Instructionen für die Organisations-Commission“ vom 19. Februar
1803 hieß es lediglich zur „Oberaufsicht über die Zünfte“: Bis zur Eintreffung allgemeiner
Verordnungen hierüber sind einstweilen die Württemberg. HandwerksOrdnungen als Norm
anzunehmen.222 Die erste zusammenfassende und einheitliche Regelung des württembergi-
schen Gewerberechts und damit auch der Zünfte in einem einzigen und einheitlichen Geset-
zeswerk erfolgte durch die „Allgemeine Gewerbe-Ordnung" vom 5. Mai 1828. Ziel der Ord-
nung war unter anderem die interne Organisation der Zünfte und der Handwerke neu, ein-
219 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 14, S. 30.
220 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 12, S. 31.
221 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 6/1, S. 191.
222 FUNK 1967, S. 166.
223 (Sta Gd) Dokumente zur Besitzergreifung Bd. I: Kopien der Originale im StA LB Bü D 10, 33. „Instruction
für die Organisations-Commission“ vom 19. Februar 1803, Punkt f.
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im jeweiligen Beruf zu unterstreichen. Die Goldschmiede hatten zu allen Gelegenheiten, an
Werktagen wie auch zum Kirchgang, eine kurze schwarze Schürze, die ledigen Gold-
schmiedssöhne und Gesellen einen dunkelblauen Mantel219 zu tragen. So führte jede Profes-
sion seinen besonderen Schurz, und wenn sie ohne Geschäft gingen, so schlugen sie sol-
chen um den Leib, und wo einer anders ging, so wurde solcher von der Zunft gestraft, oder
mußte er einen Mantel oder Stock tragen. Kein Meister durfte in der Kappe ohne seinen
Schurz ausgehen, (vgvgvg) Kein Gesell ging ohne Stock aus. Die Lehrjungen wie auch die
Versprechlinge durften keinen Stock tragen (...). Die Aufklärung hebt alle Zunftrechte
und Zunftordnungen auf so daß die einen jetzt weder den Meister noch den Geselle sogar
nicht den Lehrjungen erkennen kann, von wessen Profession er sei,220 räsonierte 1816 der
Chronist Dominikus Debler.
So wie Debler um den Verlust der alten Ordnungen trauerte, verurteilte er die Entwicklun-
gen, die nach 1803 einsetzten. Dabei ging ihm jegliche Objektivität abhanden, was sich auch
an seinen Beschreibungen zur Umstrukturierung der Zünfte nach Übernahme der Stadt
durch Württemberg ablesen läßt. So schrieb er 1803: Den 31. August wurden die Oberacht-
meister abgesetzt. Es sollen selbe in Zukunft keine bürgerlichen Zusammenkünfte ohne
Vorwissen und Erlaubnis eines Oberamts erlaubt sein, und dürfen auch die Zünfte nichts
verordnen ohne des Oberamts 'Willen. Die Oberachtmeister haben jetzt die Namen Zunft-
meister oder Kerzenmeister, und jeder Zunft ist ein Obmann gegeben worden aus dem Rat
Sonsten hatten die Zünfte ihre Zusammenkünfte ohne Beiziehung einer Magistrat-
sperson, schlichteten und richteten, was ihnen gefällig, straften und ordneten, hatten ihre
Laden, nur bei Streitfällen zogen sie einen Zweierherrn hinzu aus dem Rat.221 Der Chronist
zeichnete hier ein idealisiertes Bild von den Zünften und Handwerken, das mit der Realität
nichts zu tun hatte: Die von ihm beschworene Autonomie ging nicht erst 1803 verloren, son-
dern bereits 1552. Die Zünfte und Handwerke hatten seit jener Zeit nicht mehr das Recht,
nach eigenem Belieben schalten und walten zu können und zu dürfen.
An den Topos von der selbstherrlich regierenden Zunft, der in der Literatur fast immer par-
allel zum Mythos von der „Goldschmiedstradition“ beschworen wird, glaubte auch Eduard
Funk in seinem Aufsatz „Das Gmünder Handwerk in zwölf Jahrhunderten“ aus dem Jahr
1967. Darin hieß es: Die Macht der Zünfte wurde (. . . ) 1828 vorübergehend durch erste
gesetzliche Maßnahmen außer Kraft gesetzt und 1862 vollends gebrochen.222 223
Trotz aller Veränderungen nach 1803 blieb die Vielfalt der handwerklichen Ordnungen
unangetastet. In den „Instructionen für die Organisations-Commission“ vom 19. Februar
1803 hieß es lediglich zur „Oberaufsicht über die Zünfte“: Bis zur Eintreffung allgemeiner
Verordnungen hierüber sind einstweilen die Württemberg. HandwerksOrdnungen als Norm
anzunehmen.222 Die erste zusammenfassende und einheitliche Regelung des württembergi-
schen Gewerberechts und damit auch der Zünfte in einem einzigen und einheitlichen Geset-
zeswerk erfolgte durch die „Allgemeine Gewerbe-Ordnung" vom 5. Mai 1828. Ziel der Ord-
nung war unter anderem die interne Organisation der Zünfte und der Handwerke neu, ein-
219 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 14, S. 30.
220 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 12, S. 31.
221 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 6/1, S. 191.
222 FUNK 1967, S. 166.
223 (Sta Gd) Dokumente zur Besitzergreifung Bd. I: Kopien der Originale im StA LB Bü D 10, 33. „Instruction
für die Organisations-Commission“ vom 19. Februar 1803, Punkt f.
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