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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0051
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Verhinderung (durch Krankheit oder Abwesenheit aus der Stadt) mußte man sich bei einem
Kollegen entschuldigen: Wann die jährliche Convocation oder Zusammenkunfft (. . .) ge-
halten wird, alß soll sich Ja kein Mitmeister betreffen lassen, selbige muthwilliger weyß zu
verabsäumen, eß wäre dann, daß denselben wichtige Ursachen verhinderten. Jedoch solle
er sich durch einen andern Mitmeister excusiren lassen, wiedrigen fallß zwanzig Kreüzer
Straff bezahlen solle709 Nachdem sich wiederholt etliche alte Meister und wittfrawen ge-
weigert hätten, der Aufflaag und jährlich zweymahliger Zusambenkunfft nachzukommen,
wurden diese von der Teilnahme an den Jahrestreffen befreit210. Bei den Zusammenkünften
mußten alle Mitglieder ihre Zunftgebühren entrichten: das erste mahl drey Kreüzer sambt
zwey einen halben Kreuzer Stuben-schilling, das andere mahl aber wiederumb drey Kreü-
zer zur gewöhnlichen und unveränderlichen aufflaag.7-^ 1776 wurde der Stubenschilling
von 2 1/2 Kreuzer auf 3 Kreuzer erhöht,212 so daß der jährliche Beitrag statt 8 1/2 Kreuzer
jetzt 9 Kreuzer betrug. Der „Stubenschilling“ diente zum Unterhalt des Zunfthauses, des
Stubenmeisters und des Zunftknechtes, während die zwei mal drei Kreuzer als Kapital ange-
legt wurden, und von den Zinsen sollte das Hoch-Ambt zu grösseren Ehren Sancti Eligij213
alljährlich celebriert und feyerlich gehalten werdetff), das Residuum oder Überverbleibung
aber der Ehrbahren Maisterschafft zu friedsamber sambtlicher Lustbahrkeit freygegeben
und impendiert werden. 214 Das Hochamt zu Ehren des Schutzpatrons der Goldschmiede
wurde anläßlich ihres Jahrestages, am Montag nach dem Martinstag, zelebriert.215 Der Jah-
restag der Goldschmiede stellte den Höhepunkt eines Arbeitsjahres dar, der nach einem fe-
sten Ritus begangen wurde. Von der Herberge „Roter Ochsen“ aus begaben sich Meister,
Gesellen und Lehrjungen gemeinschaftlich in das Heilig-Kreuz-Münster, und nach dem
Hochamt wurde in der Herberge ausgelassen bei Musik und Festessen gefeiert.216 An diesem
Tag war es üblich, daß die Lehrjungen durch die Stadt gingen, um Geld bettelten und riefen:
„Gebet den Goldschmiedsbuben auch etwas zum Besten!“717 Während der politischen und
wirtschaftlichen Krisenzeit wurde 1800 anläßlich des bevorstehenden Jahrestages vom Rat
aufgrund der prekären wirtschaftlichen Lage angeordnet, und der Goldschmiedezunftknecht
hat es angesagt, daß man den Buben nichts geben solle, er werde selbst mit ihnen herum-
gehen, so auch geschehen, wiewohl keines anständig bei dieser Lage. Doch ist es besser im
ganzen, als so einzeln herumzuschreien, schrieb Dominikus Debler über den 17. November
1800 in seiner Chronica.218
Nicht nur für den Jahrestag schrieben die Ordnungen den Goldschmieden bestimmte Klei-

209 (Sta Gd) Goldschmiedeordnung vom 28. Juli 1739, Punkt 11.
Erneuerung des Punkts am 27. Februar 1798 (StA LB, Bestand 178 Bü 124 S. 843).
210 (Sta Gd) Goldschmiedeordnung vom 28. Juli 1739, Punkt 9.
Erneuerung des Punkts in der Goldschmiedeordnung vom 27. Februar 1798 (Sta Gd).
211 (Sta Gd) Goldschmiedeordnung vom 28. Juli 1739, Punkt 1.
212 (Sta Gd) Goldschrmedeordnung vom 17. Oktober 1776, Punkt 1. Bestätigung der Gebühren im Ratsprotokoll
vom 6. Februar 1781 (Sta Gd, RP 1781, S. 10 bis 11a) und in der Goldschmiedeordnung vom 27. Februar
1798 (Sta Gd).
213 Das Fest des hl. Eligius, Schutzpatron der Goldschmiede, wurde/wird am 1. Dezember begangen.
214 (Sta Gd) Goldschmiedeordnung vom 28. Juli 1739, Punkt 1.
Erneuerung des Punkts in der Goldschmiedeordnung vom 27. Februar 1798 (Sta Gd).
215 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 5/1, S. 319.
216 (Sta Gd) Extr. RP 1700 bis 1778. 14. November 1778, S. 172: Die Musikanten verklagen vor dem Rat den
Wirt des „Roten Ochsen“, er habe ihnen zugesagt, daß sie am Goldschmiedsjahrtag in der Gaststube zum
Tanz aufspielen dürften und danach habe er ihnen abgesagt.
217 GRIMM 1867, S. 431.
218 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica. Bd. 5/2, S. 651.

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