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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0017
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A. „Goldschmiedstradition66: Das Image einer Stadt

In Gmünd bestand ohne Zweifel die Goldschmiedekunst als ein hervorragender Zweig der
Betriebsamkeit schon seit der Zeit der Hohenstaufen. Läßt sich solches auch urkundlich
nicht nachweisen, so lebt diese Ansicht doch traditionell in dortiger Gegend.2
Dieses Zitat aus der „Chronik der Gold- und Silberschmiedekunst“ von Hermann Alexander
Berlepsch aus der Zeit um 1850 beinhaltet zwei Vorstellungen beziehungsweise ,Gewißhei-
ten1, die heute in Schwäbisch Gmünd genauso lebendig und allgegenwärtig sind wie vor fast
150 Jahren: In Gmünd etablierte sich in der Stauferzeit ein Goldschmiedegewerbe, gefördert
durch die Nähe zum Königshof, das künstlerische und qualitativ hochstehende Produkte fer-
tigte, die denen der Augsburger Goldschmiede nur wenig nachstanden. Diese ,Ansichten1
treten auch im Titel des offiziellen Gmünder Stadtführers von 1983 zutage: Schwäbisch
Gmünd - Die älteste Stauferstadt — Stadt der Gold- und Silberschmiede.3
Ohne urkundlichen Nachweis1 - wie schon Berlepsch wußte - und aus noch zu untersu-
chenden Gründen heraus entwickelte sich in der Bürgerschaft der Stadt eine Überzeugung
von der Kontinuität eines künstlerisch hochstehenden Handwerks seit dem frühen Mittelal-
ter bis zum heutigen Tag; es entwickelte sich die Vorstellung von der „Goldschmiedstradi-
tion“4 in Gmünd. Jeder Autor, der seit dem 19. Jahrhundert bis heute über das Goldschmie-
dehandwerk in Gmünd schrieb, tradierte fast ausnahmslos diese als Hypothesen zu bezeich-
nenden Ansichten, ohne nach dem Wahrheitsgehalt beziehungsweise nach den historischen
Quellen für diese Behauptungen zu fragen.
So meinte Christianne Weber 1990 in ihrem Buch „Schmuck der 20er und 30er Jahre in
Deutschland“ über Schwäbisch Gmünd: Im Gegensatz zu Pforzheim und Hanau entwickelte
sich die Industrie in Schwäbisch Gmünd aus dem mittelalterlichen Handwerk. Das Gold-
schmiedegewerbe reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück (. . .).5 In der bisher letzten erschie-
nenen Monographie über das Edelmetallgewerbe in Gmünd von Hans-Wolfgang Bächle und
Egon Butz (1983) heißt es im vom damaligen Vorsitzenden des Gmünder Geschichtsver-
eins, Prof. Dr. Gerd Noetzel, verfaßten Vorwort: Mit Stolz trägt Schwäbisch Gmünd in sei-
ner ,, Visitenkarte“ den Namen Gold- und Silberschmiedestadt. Und Bächle stellte fest, daß
das Gold- und Silberschmiedehandwerk (. . .) das traditionelle Gewerbe in Schwäbisch
Gmünd sei.6

2 Hermann Alexander BERLEPSCH: Chronik der Gold- und Silberschmiedekunst. St. Gallen o. J. (um 1850),
S. 268. Die Hervorhebung im Text stammt vom Autor selbst.
3 Stadtführer Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd 1983.
4 Dieser Terminus, der sehr treffend das Phänomen als auch das Image selbst umschreibt, wurde übernommen
von Klaus GRAF: Die Gmünder Goldschmiedstradition. In: einhorn Jahrbuch 1984, S. 156 bis 171.
5 Christianne WEBER: Schmuck der 20er und 30er Jahre in Deutschland. Stuttgart 1990, S. 29.
6 Hans-Wolfgang BÄCHLE/Egon BUTZ: Das Edelmetallgewerbe in Schwäbisch Gmünd. Schwäbisch Gmünd
1983, S. 77. Die Hervorhebung im Text stammt vom Autor selbst.

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