D. Vertrieb und Absatz
1. Vom „reisenden Goldschmied66 zum Handels- und
Kaufmann
1.1. Die Absatzorganisation durch die Goldschmiede
Die ursprüngliche Form des Vertriebes war der, daß ein Goldschmied den Verkauf seiner
von ihm selbst beziehungsweise in seiner Werkstatt gefertigten Produkte selbst tätigte.
Durch die Spezialisierung der meisten Gmünder Goldschmiede auf kleinteilige Waren, die
in großen Mengen hergestellt und hauptsächlich außerhalb Gmünds verkauft wurden, ergab
sich bereits im 17. Jahrhundert die Teilung in „arbeitende“ Goldschmiede, die nur produ-
zierten, und „reisende“ Goldschmiede, die nur verkauften (vgl. Kapitel B.2.2.2. Die Sozial-
struktur im Goldschmiedegewerbe), doch lag der Umgang mit Silber, die Beschaffung des
Rohmaterials, seine Verarbeitung und der Vertrieb der daraus gefertigten Waren ganz in den
Händen von ausgebildeten, „gelernten“ Goldschmieden. Dies war auch rechtlich abgesichert
und hatte um 1700 Bestand.
Ende des 17. Jahrhunderts kam es dennoch zu Übergriffen von Nichtgoldschmieden, meist
im Handel tätige Frauen und Männer, auf den allein den Goldschmieden vorbehaltenen Be-
reich, so daß es 16931238 und 16941239 zu Klagen des Goldschmiedemittels beim Rat der
Stadt kam. Als Rechtfertigung erwiderten die betroffenen Händler, daß die Goldschmiede
ihnen ihre Waren freiwillig4 zum Vertrieb übergegen hätten, doch bestimmte der Gmünder
Rat in einem Dekret vom 9. Februar 1694, daß allen Nichtgoldschmieden mit silberwahren
zur handlen gänzlich verhütten sei, daß ihnen jedoch ein halben Jahresfrist vergönnet die
annoch habende wahren zue verschleissen. 1240Doch schienen sich die Betreffenden und Be-
troffenen nicht an das obrigkeitliche Verbot gehalten zu haben, denn innerhalb kurzer Zeit
kam es zu vier Erneuerungen des Dekrets.1241 Zudem wurde 1697 das Verbot dahin gehend
verschärft, daß man auch künftig die Goldschmiede bestrafen wolle, die ihre Waren en gros
an Nichtgoldschmiede, sogenannte „Stümpler“, verkaufen oder als Kommissionsware über-
geben würden.1242 Im selben Jahr erfuhr die Monopolstellung der Goldschmiede innerhalb
des Silberwarenhandels jedoch einen ersten Einschnitt, denn in einem „Patent für die Ray-
sende Goldtschmidt alhier“ vom 13. November 1697 hieß es, daß der Handel mit Goldt=,
Silber= und Messing:Wahr künftig den allhiesigen Rechtmessig erlahmten Goldtschmidte,
als die des HandtWerckhs seyndt, und denen so die Handelschafft rechtmessig erlahmt und
hergebracht haben, vorbehalten sei.1243 Das bedeutete, daß nicht allein die „gelernten“
1238 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 22. Dezember 1693, S. 86 a.
1239 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 9. Februar 1694, S. 94 a bis 95 a.
1240 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 9. Februar 1694, S. 94 a bis 95 a.
1241 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 12. März 1695, S. 113 a; 15. März 1695, S. 116 (identisch mit Sta LB. Bestand 178
Bü 123 (S. 825), 15. März 1695); (Sta LB) Bestand 178 Bü 123 (S. 826), 30. Mai 1697. Dekret vom 17. Ok-
tober 1697 in JEGER: Periphrasia 1707, S. 1138 bis 1141.
1242 (Sta Gd) JEGER: Periphrasia 1707, S. 1138 bis 1141. Dekret vom 17. Oktober 1697.
1243 (Sta Gd) JEGER: Periphrasia 1707, S. 1146 bis 1148. Patent für die raysende Goldtschmidt alhier vom 13.
November 1697.
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1. Vom „reisenden Goldschmied66 zum Handels- und
Kaufmann
1.1. Die Absatzorganisation durch die Goldschmiede
Die ursprüngliche Form des Vertriebes war der, daß ein Goldschmied den Verkauf seiner
von ihm selbst beziehungsweise in seiner Werkstatt gefertigten Produkte selbst tätigte.
Durch die Spezialisierung der meisten Gmünder Goldschmiede auf kleinteilige Waren, die
in großen Mengen hergestellt und hauptsächlich außerhalb Gmünds verkauft wurden, ergab
sich bereits im 17. Jahrhundert die Teilung in „arbeitende“ Goldschmiede, die nur produ-
zierten, und „reisende“ Goldschmiede, die nur verkauften (vgl. Kapitel B.2.2.2. Die Sozial-
struktur im Goldschmiedegewerbe), doch lag der Umgang mit Silber, die Beschaffung des
Rohmaterials, seine Verarbeitung und der Vertrieb der daraus gefertigten Waren ganz in den
Händen von ausgebildeten, „gelernten“ Goldschmieden. Dies war auch rechtlich abgesichert
und hatte um 1700 Bestand.
Ende des 17. Jahrhunderts kam es dennoch zu Übergriffen von Nichtgoldschmieden, meist
im Handel tätige Frauen und Männer, auf den allein den Goldschmieden vorbehaltenen Be-
reich, so daß es 16931238 und 16941239 zu Klagen des Goldschmiedemittels beim Rat der
Stadt kam. Als Rechtfertigung erwiderten die betroffenen Händler, daß die Goldschmiede
ihnen ihre Waren freiwillig4 zum Vertrieb übergegen hätten, doch bestimmte der Gmünder
Rat in einem Dekret vom 9. Februar 1694, daß allen Nichtgoldschmieden mit silberwahren
zur handlen gänzlich verhütten sei, daß ihnen jedoch ein halben Jahresfrist vergönnet die
annoch habende wahren zue verschleissen. 1240Doch schienen sich die Betreffenden und Be-
troffenen nicht an das obrigkeitliche Verbot gehalten zu haben, denn innerhalb kurzer Zeit
kam es zu vier Erneuerungen des Dekrets.1241 Zudem wurde 1697 das Verbot dahin gehend
verschärft, daß man auch künftig die Goldschmiede bestrafen wolle, die ihre Waren en gros
an Nichtgoldschmiede, sogenannte „Stümpler“, verkaufen oder als Kommissionsware über-
geben würden.1242 Im selben Jahr erfuhr die Monopolstellung der Goldschmiede innerhalb
des Silberwarenhandels jedoch einen ersten Einschnitt, denn in einem „Patent für die Ray-
sende Goldtschmidt alhier“ vom 13. November 1697 hieß es, daß der Handel mit Goldt=,
Silber= und Messing:Wahr künftig den allhiesigen Rechtmessig erlahmten Goldtschmidte,
als die des HandtWerckhs seyndt, und denen so die Handelschafft rechtmessig erlahmt und
hergebracht haben, vorbehalten sei.1243 Das bedeutete, daß nicht allein die „gelernten“
1238 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 22. Dezember 1693, S. 86 a.
1239 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 9. Februar 1694, S. 94 a bis 95 a.
1240 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 9. Februar 1694, S. 94 a bis 95 a.
1241 (Sta Gd) RP 1689 bis 95, 12. März 1695, S. 113 a; 15. März 1695, S. 116 (identisch mit Sta LB. Bestand 178
Bü 123 (S. 825), 15. März 1695); (Sta LB) Bestand 178 Bü 123 (S. 826), 30. Mai 1697. Dekret vom 17. Ok-
tober 1697 in JEGER: Periphrasia 1707, S. 1138 bis 1141.
1242 (Sta Gd) JEGER: Periphrasia 1707, S. 1138 bis 1141. Dekret vom 17. Oktober 1697.
1243 (Sta Gd) JEGER: Periphrasia 1707, S. 1146 bis 1148. Patent für die raysende Goldtschmidt alhier vom 13.
November 1697.
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