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Krause-Schmidt, Heike
"... ihr Brodt mit kleiner Silber-Arbeit erwerben": die Geschichte des Gmünder Goldschmiedegewerbes von den Anfängen bis zum Beginn der Industrialisierung, unter besonderer Berücksichtigung der Filigranproduktion — Schwäbisch Gmünd: Einhorn-Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.52957#0263
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Eine weitere Gruppe von Hausierern waren die jüdischen Wanderhändler, denen man, nach
Auskunft des Gmünder Handelsmannes Johann Michael Spriegel von 1748, gerne die un-
verkäuflichen, allzu offensichtlich geringlötigen und handwerklich wenig qualitätvollen
Produkte überließ, und die diese in die Schweitz und anderwärts vertrieben. So sprach
Spriegel von nicht verkäuflichen Dosen, die Juden anzubringen schon wissen werden, oder
von Dosen, so gar schlecht gewesen, sich schwerlich ein Christ an selbige gemacht haben
würde, sondern dise so miserablist gearbeite Dosen noch ehender Liebhaber unter die Ju-
den antreffen möchte, da bekandt ist, das dise auch die schlecht^ und Elendeste waar an
sich zu erkauffen pflegen, und solche hinwiederum, weil sie die gantze Welth durch Strei-
chen, ehender als christliche KauffLeuthe an mann zu bringen wissen.1414 1415

4. „Handel und Wandel66:
Transportmittel und Handelswege
Voraussetzungen für den Export von Waren aus Gmünd und das Ausreisen der damit han-
delnden Person war das Ausstellen eines Reisepasses für die Person und eines Attestates für
die Vorschriftsmäßigkeit der Waren; im Falle von Silberprodukten wurde die Lotigkeit atte-
stiert, was im Hinblick auf die vielfachen Verstöße gegen die Silbergehaltsvorschriften und
den dadurch bedingten zweifelhaften Ruf Gmünder Erzeugnisse durchaus sinnvoll war,
doch muß man an der Glaubwürdigkeit des Dokumentes unter Umständen zweifeln, wenn
man die Praxis der Schau (vgl. Kapitel B. 2.1.5. Die „Schau“) bedenkt. Beides, das Ausstel-
len des Passes und des Attestates, geschah durch den Rat der Stadt; zuvor jedoch mußte der
Betreffende beide Dokumente unter Angabe seiner Reiseroute beantragen. Dominicus Deb-
ler überlieferte in seiner „Chronica“ den Inhalt eines solchen Attestates aus dem Jahre 1692:
Wir Bürgermeister und Rat des Hl. röm. ReichsStadt Schw. Gmünd füegen hiemit zu ver-
nehmen, den nach Vorweisen dieses hiesigen Bürger und Goldschmied N. N. uns gebüh-
rend für- und anbringen lassen, welcher gestalten er mit seinen und anderen dahier schau-
mässigen Silber- und anderen Waren nach N. in der Schweiz zu verreisen vorhabens, zu
dem Ende aber ein behauptes Attestatum, daß hiesiger Schau gemäß die kleine War zwi-
schen 11 und 12-lötig, die große aber 12 et 13-lötig sein solle und er dergleichen durch
allhiesigen geschworenen Schaumeister ordentlich beschauen und allhiesiger Prob nach
dahin führen zu lassen gewilligt sei. Als haben ihme dies Loco Attestati und durch die hie-
sige passierte Prob sich also befunden mitteilen wollen und sich seiner Notdurft nach des-
sen bedienen zu könnend415

1414 (Sta Gd) GBO G: Spriegelaffäre. Eingabe von Johann Michael Spriegel an den Gmünder Rat vom 9. Januar
1748.
1415 (Sta Gd) D. DEBLER: Chronica Bd. 3/2, S. 333. Attestatum für einen Silberhändler vom 12. Mai 1692.

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