Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eine Aufgabe für die Baukunst: »eterniser la memoire de Louis Le Grand«

95

»Les peuples sur qui nous regnons, ne pouvont pas penetrer de fond
des affaires, reglent d'ordinaire leurs jugements sur ce qu'ils voient au
dehors, et c'est le plus souvent sur les seances et sur les rangs qu'ils
mesurent leurs respects et leur obeissance. Comme il est important
aussi que [le Roi] soit eleve de teile sorte au-dessus des autres, qu'il
puisse ni confondre ni comparer avec lui, et Ton ne peut, sans faire tort
ä tout le corps de l'Etat, öter ä son chef les moindres marques de
superiorite qui le distinguent des autres membres.«374

Die äußere Erscheinung, gleich ob sie sich in Etikette, Fest,
Bauten und ihrer Austtattung kundtat, bewirkte Respekt und
Gehorsam. Die Beherrschung aller Wissensgebiete und aller
Künste, die der Absicht nach keinen anderen Mäzen mehr
zuließ als den König, wurde nur selten kritisiert.375 So lange
die Staatsgeschäfte gut gingen, die Literatur und die Bätiments
du Roi florierten, war Prachtentfaltung als Verschwendung die
legitime Begleiterscheinung des Reichtums. Erst nachdem die
Misere offenkundig wurde, schlug der Effekt höfischer Pracht
ins Gegenteil um. Die neu aufblühende Kritik am Luxus und
an der verderblichen Wirkung seiner Industrien dürfte Lud-
wig XIV. erreicht haben.376 Die Vorschläge des »Plan du
Gouvernement«, den Fenelon und der Duc de Chevreuse 1711
für seinen Enkel, den Duc de Bourgogne ausarbeiteten, hätte
er, wären sie ihm bekannt geworden, wohl als umstürzlerisch

verfolgt. Im »Ordre de depense ä la Cour« sah Fenelon dort
vor:

»Retranchement de toutes les pensions de cour non necessaires.
Moderation dans les meubles, equipages, habits, tables. Exclusion de
toutes les femmes inutiles. Lois somptuaires comme les Romains.
Renoncement aux bätiments et aux jardins ... retranchement de tout
ouvrage pour le Roi: laisser fleurir les arts par les riches particuliers et
par les etrangers.«377

Anzuerkennen, daß Privatleute und sogar Ausländer über mehr
Geld verfügten als der französische König, ihnen den Schutz
über die Künste anzuvertrauen und damit die Kontrolle über
den Augenschein auszuliefern, hätte aus der Sicht Ludwigs
XIV. die Rückkehr zur 1661 beseitigten »Unordnung« bedeu-
tet.378 Und dennoch wurde sie, wenigstens im Bauen, noch
zu seinen Lebzeiten Wirklichkeit. Daß sich das vom König
ausgehende System des Augenscheins auflöste und die »bien-
seancen« neu austariert wurden, sollte sich jedoch erst in der
kurzen Friedenspause zwischen dem Pfälzischen und dem Spa-
nischen Erbfolgekrieg manifestieren, als von 1697 bis 1701 die
Bauaktivität neu aufblühte. Bis dahin hatten die reichen Privat-
leute und die Prinzen mehr oder weniger freiwillig den Maß-
stab, den die Bauten des Königs setzten, akzeptiert.
 
Annotationen