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Der Kreis: Zeitschrift für künstlerische Kultur ; Organ der Hamburger Bühne — 7.1930

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Nr. 5 (Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43618#0343
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Bauten — unbefriedigt als Spiel von Kräften. Le Corbusier hat
seine Abneigung gegen Paläste und Kathedralen offen ausgesprochen.
Seine Nähe zum Griechentum ist größer als sie bei denen war, die
dorische, jonische und korinthische Säulen nachahmten. Aber es
ist trotzdem ein klassizistisch verflachtes Griechentum, weit ent-
fernt von jenem, das die größten Tragödien und Komödien der
europäischen Welt dichtete und baute.
Ist nun dieser undialektische Rationalismus, weil er sich auf die
neueste Technik stützt, weil er ein soziales Ethos und Pathos hat,
die Kunst des historischen Materialismus? Oder läßt er im (bürger-
lichen) Idealismus? Es ist das Aktuelle, Spannende an der Archi-
tektur Le Corbusiers, daß sie diese allgemeinste geistige Frage
unserer Zeit herausfordert. Ich glaube, daß für ihn dasselbe gilt
wie für die andern großen Künstler unserer Zeit: Picasso, Stra-
winski, Valery. Sie alle sind — so verschieden sie sein mögen —
Avantgarde und Nachhut zugleich. Wie sollten sie anders sein, da
die eigentliche Armee noch nicht marschiert?
Die großen Italiener in London
Von Rosa Schapire
Uber tausend Kunstwerke von Cimabue bis Segantini sind in der
Royal Academy im Burlington House in vierzehn Räumen aus-
gestellt. Die Bilder hängen sehr gedrängt, was bei der Fülle nicht zu
vermeiden war, und doch empfindet man in beglücktem Schauen
den Segen der Originale und empfindet ihn vielleicht dort am
stärksten, wo man seine Anschauung vor Werken revidieren muß,
die man aus Reproduktionen oder Photographien zu kennen
glaubt. Es ist eine namenlose Freude und Überraschung, Bilder
nebeneinander zu sehen, die einst zusammengehört haben und seit
über hundert Jahren auseinandergerissen sind wie die bezaubernden
fünf Predellen von Domenico Veneziano, die einst zu seinem großen
Marienaltar, der heute in den Uffizien hängt, gehört haben und
jetzt im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin, im Fitzwilliam-Museum
zu Cambridge, in New Yorker und römischem Privatbesitz ver-
streut sind. Die von dramatischem Leben erfüllten drei Predellen
der Passion Christi von Mantegnas S. Zeno-Altar in Verona, von
Napoleon nach Frankreich entführt, auf den Louvre und das
Museum zu Tours aufgeteilt, sind jetzt zum erstenmal wieder zu-
sammen. Auch Simone Martinis leuchtend farbiges Klappaltärchen,
vermutlich in Avignon für den Kardinal Jacopo Stefaneschi ent-
standen, dessen Flügel sich heute im Kaiser-Friedrich-Museum zu
Berlin, im Louvre und im Museum zu Antwerpen befinden, ist für
die Dauer der Ausstellung wieder zu einem Ganzen vereinigt.
Castagnos Abendmahl aus der National Gallery zu Edinburg, seine
noch viel großartigere Auferstehung (bei Sir Joseph Duveen), beide

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