Buß- und Andachtsbilder, sind schon um 1400 be-
kannt. Mit diesem Verfahren wurden dann von un-
gefähr 1420/30 an noch bis in die siebziger Jahre
hinein die sogenannten Blockbücher geschaffen, die
den Text mit Bildfolgen kombinieren. Gerade bei
den Blockbüchern lassen sich Mischformen ausma-
chen, die das Neben- und Miteinander der tech-
nischen Möglichkeiten dokumentieren: Es sind
sowohl Exemplare erhalten, die gedruckte Holz-
schnitte mit Bildern neben handschriftliche Texte
stellen, als auch Exemplare mit ausschließlich ge-
druckten Text- und Bildseiten. Der Heidelberger
Codex Pal. germ. 34 vom Ende des 15.Jahrhunderts
beispielsweise ergänzt das Sammelwerk aus ge-
druckter Biblia Pauperum, Apokalypse und Ars
Moriendi durch handschriftliche Übersetzungen auf
zusätzlichen Seiten. Der um 1455/58 entstandene
Codex Pal. germ. 438 hingegen setzt sich aus sieben
Blockbüchern zusammen, darunter einem Toten-
tanz, einem Dekalog und einem Planetenbuch; bei
der Biblia Pauperum in diesem Band, die gattungs-
typisch als Einheit aus Bild und Texten angelegt ist,
sind die Textzusätze überwiegend handschriftlich.
Wesentlich beteiligt an der schnellen Verbrei-
tung von Bildmotiven war eine weitere um 1420/40
aufkommende Drucktechnik: das Tiefdruckverfah-
ren des Kupferstichs, mit dem zunächst Karten-
spiele, Andachtsbilder, Devotionalien für Pilger
oder Musterblätter für Künstler hergestellt wurden.
Die Motive der Druckgrafiker jedenfalls wurden
sowohl von Tafelmalern als auch von Buchmalern
rezipiert, seien jene nun der Meister der Spielkar-
ten, der Meister E.S., Israhel van Meckenem, Mar-
tin Schongauer oder Albrecht Dürer. Häufig genug
sind die Vermittlungsstufen nicht zweifelsfrei nach-
vollziehbar. Dies trifft insbesondere auf formelhaft
wiederholte Bewegungsmotive und Typen zu, wie
etwa auf die Darstellung der Pferde in den kolorier-
ten Federzeichnungshandschriften des oben gezeig-
ten Alexanderromans, der stellvertretend angeführt
werden kann (vgl. Abb.89). Solche Motive reichen
bis ins italienische Trecento zurück und sind durch
frühe Kupferstiche in Umlauf gebracht worden; als
Beispiel kann hier der als die „Große Schlacht" be-
kannt gewordene Kupferstich gelten, der offenbar
als Nachhall auf die Hussitenkriege und möglicher-
weise sogar nach einem Schlachtgemälde entstan-
|Papst Gregor XI. überreicht die Publikationsbulle für
seine Decretalen. Inkunabel aus der Offizin des Ni-
colas Jenson, Venedig, 1475. Inc. VI, 9 (42,7x 28,5 cm).
den ist (Paris, Cabinet du Dessins du Louvre, Col-
lection Rothschild; Lehrs I. 2886,6).
Für die Buchproduktion mit beweglichen Let-
tern, insbesondere für volkssprachige Texte wurden
schon bald Bildfolgen entwickelt. Ab 1461 verlegte
Albrecht Pfisters in Bamberg mit Werken wie Ul-
rich Boners „Edelstein" oder Johannes de Thera-
mos' „Belial" die ersten gedruckten und mit Holz-
schnitten illustrierten Bücher. Es folgten in den
siebziger Jahren des 15.Jahrhunderts die Brüder
Zainer in Augsburg und Ulm. In der Frühzeit des
Buchdrucks, also von seiner Erfindung bis unge-
fähr um 1500 - man spricht hier von Inkunabel-
zeit-, wurde das handgeschriebene Buch zwar
schrittweise abgelöst und druckgrafische Techni-
ken für die Bebilderung der Werke eingeführt.
Während dieser Übergangszeit wurden jedoch alte
und neue Verfahren miteinander kombiniert, die
sich sogar wechselseitig beeinflussten. Bücher mit
besonders luxuriösem Anspruch wurden lange
noch auf Pergament gedruckt und mit der her-
kömmlichen aufwändigen Deckfarbenmalerei ge-
schmückt. Ein solches Beispiel bietet die Inkunabel
der Dekretalen Papst Gregors IX., Inc. VI, 9
(Abb.92). Der Dekretalentext, der von Glossen
umgeben ist, wird zu Beginn einzelner Bücher mit
Buchmalerei verziert. Die Incipitseite zum ersten
Buch ist von einem Rahmen mit Bordüren umge-
ben, der innere Haupttext wird von blau-rotem
Fleuronnee zusätzlich gerahmt, und Initialen,
Lombarden mit Akanthusbesatz auf farbigem oder
goldenem Grund, markieren einzelne Abschnitte.
Außerdem nimmt die ganze Breite der Haupttext-
spalte ein gerahmter Bildstreifen ein: Der auf einem
Thronstuhl sitzende Gregor IX. ist hier in dem Mo-
ment gezeigt, als er gerade die für die Universitäten
Bologna und Paris bestimmte Publikationsbulle
„Rex pacificus" einem vor ihm niedergeknieten Ge-
lehrten überreicht. Regelrechte Luxusausgaben
sind auch in dieser Zeit noch als Auftragsarbeiten
ausgeführt worden, eine Inkunabel wie die vorlie-
gende jedoch wurde wohl eher mit Aussicht auf
potenzielle Käufer und auf Vorrat produziert. Der
von zwei Putti gehaltene Wappenschild im unteren
Rahmen, der zur Aufnahme des individuellen Wap-
pens des Buchbesitzers gedacht ist, ist jedenfalls
leer geblieben.
Häufig hielten schon die frühen Offizinen in
ihren Produkten sowohl den eigenen Namen - oft
als Drucker- oder Verlegermarke -, den Ort und
das Entstehungsdatum fest, sodass wir bei dem ge-
zeigten Beispiel gesichert davon ausgehen können,
145 5. Blüte des
Spätmittelalters
und Ausklang
kannt. Mit diesem Verfahren wurden dann von un-
gefähr 1420/30 an noch bis in die siebziger Jahre
hinein die sogenannten Blockbücher geschaffen, die
den Text mit Bildfolgen kombinieren. Gerade bei
den Blockbüchern lassen sich Mischformen ausma-
chen, die das Neben- und Miteinander der tech-
nischen Möglichkeiten dokumentieren: Es sind
sowohl Exemplare erhalten, die gedruckte Holz-
schnitte mit Bildern neben handschriftliche Texte
stellen, als auch Exemplare mit ausschließlich ge-
druckten Text- und Bildseiten. Der Heidelberger
Codex Pal. germ. 34 vom Ende des 15.Jahrhunderts
beispielsweise ergänzt das Sammelwerk aus ge-
druckter Biblia Pauperum, Apokalypse und Ars
Moriendi durch handschriftliche Übersetzungen auf
zusätzlichen Seiten. Der um 1455/58 entstandene
Codex Pal. germ. 438 hingegen setzt sich aus sieben
Blockbüchern zusammen, darunter einem Toten-
tanz, einem Dekalog und einem Planetenbuch; bei
der Biblia Pauperum in diesem Band, die gattungs-
typisch als Einheit aus Bild und Texten angelegt ist,
sind die Textzusätze überwiegend handschriftlich.
Wesentlich beteiligt an der schnellen Verbrei-
tung von Bildmotiven war eine weitere um 1420/40
aufkommende Drucktechnik: das Tiefdruckverfah-
ren des Kupferstichs, mit dem zunächst Karten-
spiele, Andachtsbilder, Devotionalien für Pilger
oder Musterblätter für Künstler hergestellt wurden.
Die Motive der Druckgrafiker jedenfalls wurden
sowohl von Tafelmalern als auch von Buchmalern
rezipiert, seien jene nun der Meister der Spielkar-
ten, der Meister E.S., Israhel van Meckenem, Mar-
tin Schongauer oder Albrecht Dürer. Häufig genug
sind die Vermittlungsstufen nicht zweifelsfrei nach-
vollziehbar. Dies trifft insbesondere auf formelhaft
wiederholte Bewegungsmotive und Typen zu, wie
etwa auf die Darstellung der Pferde in den kolorier-
ten Federzeichnungshandschriften des oben gezeig-
ten Alexanderromans, der stellvertretend angeführt
werden kann (vgl. Abb.89). Solche Motive reichen
bis ins italienische Trecento zurück und sind durch
frühe Kupferstiche in Umlauf gebracht worden; als
Beispiel kann hier der als die „Große Schlacht" be-
kannt gewordene Kupferstich gelten, der offenbar
als Nachhall auf die Hussitenkriege und möglicher-
weise sogar nach einem Schlachtgemälde entstan-
|Papst Gregor XI. überreicht die Publikationsbulle für
seine Decretalen. Inkunabel aus der Offizin des Ni-
colas Jenson, Venedig, 1475. Inc. VI, 9 (42,7x 28,5 cm).
den ist (Paris, Cabinet du Dessins du Louvre, Col-
lection Rothschild; Lehrs I. 2886,6).
Für die Buchproduktion mit beweglichen Let-
tern, insbesondere für volkssprachige Texte wurden
schon bald Bildfolgen entwickelt. Ab 1461 verlegte
Albrecht Pfisters in Bamberg mit Werken wie Ul-
rich Boners „Edelstein" oder Johannes de Thera-
mos' „Belial" die ersten gedruckten und mit Holz-
schnitten illustrierten Bücher. Es folgten in den
siebziger Jahren des 15.Jahrhunderts die Brüder
Zainer in Augsburg und Ulm. In der Frühzeit des
Buchdrucks, also von seiner Erfindung bis unge-
fähr um 1500 - man spricht hier von Inkunabel-
zeit-, wurde das handgeschriebene Buch zwar
schrittweise abgelöst und druckgrafische Techni-
ken für die Bebilderung der Werke eingeführt.
Während dieser Übergangszeit wurden jedoch alte
und neue Verfahren miteinander kombiniert, die
sich sogar wechselseitig beeinflussten. Bücher mit
besonders luxuriösem Anspruch wurden lange
noch auf Pergament gedruckt und mit der her-
kömmlichen aufwändigen Deckfarbenmalerei ge-
schmückt. Ein solches Beispiel bietet die Inkunabel
der Dekretalen Papst Gregors IX., Inc. VI, 9
(Abb.92). Der Dekretalentext, der von Glossen
umgeben ist, wird zu Beginn einzelner Bücher mit
Buchmalerei verziert. Die Incipitseite zum ersten
Buch ist von einem Rahmen mit Bordüren umge-
ben, der innere Haupttext wird von blau-rotem
Fleuronnee zusätzlich gerahmt, und Initialen,
Lombarden mit Akanthusbesatz auf farbigem oder
goldenem Grund, markieren einzelne Abschnitte.
Außerdem nimmt die ganze Breite der Haupttext-
spalte ein gerahmter Bildstreifen ein: Der auf einem
Thronstuhl sitzende Gregor IX. ist hier in dem Mo-
ment gezeigt, als er gerade die für die Universitäten
Bologna und Paris bestimmte Publikationsbulle
„Rex pacificus" einem vor ihm niedergeknieten Ge-
lehrten überreicht. Regelrechte Luxusausgaben
sind auch in dieser Zeit noch als Auftragsarbeiten
ausgeführt worden, eine Inkunabel wie die vorlie-
gende jedoch wurde wohl eher mit Aussicht auf
potenzielle Käufer und auf Vorrat produziert. Der
von zwei Putti gehaltene Wappenschild im unteren
Rahmen, der zur Aufnahme des individuellen Wap-
pens des Buchbesitzers gedacht ist, ist jedenfalls
leer geblieben.
Häufig hielten schon die frühen Offizinen in
ihren Produkten sowohl den eigenen Namen - oft
als Drucker- oder Verlegermarke -, den Ort und
das Entstehungsdatum fest, sodass wir bei dem ge-
zeigten Beispiel gesichert davon ausgehen können,
145 5. Blüte des
Spätmittelalters
und Ausklang