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Kristeller, Paul [Hrsg.]; Universitätsbibliothek Heidelberg [Hrsg.]
(Band 2): Biblia Pauperum: Unicum der Heidelberger Universitäts-Bibliothek ; in 34 Lichtdrucktafeln und 4 Tafeln in Farbenlichtdruck ; [Cod. Pal. germ. 438] — Berlin: Cassirer, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.48025#0011
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IE auf den folgenden Blättern abgebildete Biblia pauperum,
deren einzig bekanntes Exemplar in der grossherzogl. Universitäts-
Bibliothek zu Heidelberg1) aufbewahrt wird, ist anerkannter-
massen die älteste erhaltene xylographische Ausgabe dieses
Werkes. Siegilt ebenso unbestritten als die Arbeiteines deutschen
Holzschneiders und als eines der ältesten, wenn nicht das älteste
deutscheBlockbuch,das auf uns gekommen ist. DasWerk besteht

aus34 anopisthographisch, d.h. nur auf die eine Seite der Blätter mit Hilfe desReibers,
nicht mit der Druckerpresse abgezogenen Bildern und gehört zu der sehr seltenen,
offenbar ältesten Gattung der sogenannten chiro-xylographischen Blockbücher, in
denen der Text —abgesehen von einigen Namen und Inschriften innerhalb der Dar-
stellungen—handschriftlich beigefügt ist.
Die ältere, umfangreiche Literatur über die Blockbücher im allgemeinen und
die Biblia pauperum im besonderen hat W. L. Schreiber im vierten BandeseinesManuel
de l’amateur de la gravure sur bois, Leipzig 1902, und in seiner Publication der Pariser
fünfzigblättrigen Biblia Pauperum, Strassburg, Heitz 1903, zusammengestellt und hier
auch die Bedeutung und den Zweck des Werkes und dasVerhältnis der verschiedenen
Bearbeitungen und Ausgaben eingehend besprochen. Ueber das Tatsächliche geben
diese Abhandlungen Schreibers zuverlässige und erschöpfende Belehrung. In seiner
Schätzung des künstlerischen und technischen Wertes der Blockbücher und in seiner
Beurteilung ihres Verhältnisses zum Buchdruck scheint mir jedoch Schreiber ebenso
wie in der Datierung der hier abgebildeten Biblia pauperum nicht auf dem richtigen
Wege zu sein. Eine Kritik seiner Ansichten kann im Rahmen dieser Einleitung nicht
versucht werden2), nur über die Datierung sollen einige Bemerkungen Platz finden.
Schreiber setzt die Heidelberger Biblia pauperum nach Süd-West-Deutschland
und ihre Entstehung in die Zeit um 1460. Für die Lokalisierung des Werkes haben
wir vor der Hand keinerlei Anhaltspunkte, für die Datierung kommen in Betracht
einmal der Stil der Zeichnung und die Trachten, dann die Technik und ihr Verhältnis
zu datierbaren früheren und späteren Holzschnitten. Formbildung und Gewand-
behandlung entsprechen dem Stil der monumentalen deutschen Kunst der ersten
Hälfte des XV. Jahrhunderts vor der Umbildung, die sich unter dem Einflüsse der
niederländischen Malerei vollzieht. Die Trachten und Waffen zeigen ebenfalls Eigen-
heiten, die sich nur in Werken des früheren XV. Jahrhunderts beobachten lassen.

*) Ueber den Sammelband Cod. Pal. germ. 438, dem die Biblia pauperum eingefügt ist, vgl. Massmann, die
Baseler Todtentänze. Stuttgart 1847. p. 124 f.; Geffken, Bilderkatechismus des 15. Jahrh. Leipzig 1855. Beilage 1
p. 1 ff., u. Wilken, Geschichte der alten Heideibergischen Büchersammlung. Heidelberg 1817. p. 477 f.
2) S. Sitzungsberichte der Kunstgeschichtlichen Gesellschaft zu Berlin, Dezember 1905.
 
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