Trebia: 1. Die Kontroverse.
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Für das linke Ufer ist der Franzose Vaudoncourt in seinem als
Ganzes noch immer unübertroffenen Werke über den zweiten Punisclien
Krieg eingetreten, und ihm ist von Mommsen an fast die ganze deutsche
Forschung bis auf Nissen hinab gefolgt.
Es war bei dieser Sachlage die Frage aufzuwerfen, ob hier über- Möglichkeit und
haupt noch die Möglichkeit vorläge, zu einem gesicherten Resultate "lJJJJ? der
zu kommen, da ja das vorhandene literarische Material natürlich von
allen Seiten her durchstöbert und wiederholt mit dem größten Scharf-
sinne behandelt, ferner auch das Gelände der Schlacht — besonders
von Hennebert und Grundy — genau untersucht worden war. Ja, es
fragte sich, ob es überhaupt lohne, hier noch einmal einzusetzen, da
es ja für die taktischen Vorgänge der Schlacht selber völlig gleichgültig
ist, auf welchem Ufer des Flusses sie geschlagen wurde. Denn das Ge-
lände spielt in der Schlacht selbst überhaupt keine Rolle, da sie ganz
in der Ebene stattfand. Und völlig flache Ebene ist in der Tat auf
beiden Ufern der unteren Trebia vorhanden. Aber die strate-
gischen Bewegungen vor der Schlacht nehmen eine ganz verschiedene
Gestalt an, je nachdem man die Schlacht auf das eine oder andere
Ufer des Flusses legt, und sie sind es. die hier den Hauptgegenstand
des Interesses bilden. Die ganze Art Hannibals und der Römer zu
operieren gewinnt durch die Entscheidung der Frage für uns wesentlich
an Anschaulichkeit und Klarheit, und so kann man wohl sagen, daß
eine erneute Untersuchung reichlichen Lohn gewähren kann, wenn es
ihr nur gelingt, zu einem entscheidenden Resultate zu gelangen.
Und noch in einer zweiten Beziehung dürfte die Feststellung des
tatsächlichen Verlaufes von Interesse sein.
Polybios und Livius, unsere beiden hauptsächlichen Berichterstatter,
nehmen bei sonst vollkommener Übereinstimmung in ihren Nachrichten
bekanntlich gerade in der Uferfrage einen verschiedenen Standpunkt
ein. Die Entscheidung der Kontroverse wird bei diesem Sachver-
halte geeignet sein, auf das Verhältnis der beiden zueinander und
ihre Arbeitsart, ein, wenn ich nicht irre, neues Licht zu werfen (s. Bei-
lage II).
Der Weg zur Lösung kann hier nur der der sachkritischen
Untersuchung sein. Wir werden uns zu fragen haben, wie die ver-
schiedenen Bewegungen und Operationen der beiden Armeen bei der
einen oder anderen Hypothese aussehen? Ob bei beiden die Möglich-
keit vorliegt, die von unseren Berichterstattern überlieferten Bewegungen
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 4
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Für das linke Ufer ist der Franzose Vaudoncourt in seinem als
Ganzes noch immer unübertroffenen Werke über den zweiten Punisclien
Krieg eingetreten, und ihm ist von Mommsen an fast die ganze deutsche
Forschung bis auf Nissen hinab gefolgt.
Es war bei dieser Sachlage die Frage aufzuwerfen, ob hier über- Möglichkeit und
haupt noch die Möglichkeit vorläge, zu einem gesicherten Resultate "lJJJJ? der
zu kommen, da ja das vorhandene literarische Material natürlich von
allen Seiten her durchstöbert und wiederholt mit dem größten Scharf-
sinne behandelt, ferner auch das Gelände der Schlacht — besonders
von Hennebert und Grundy — genau untersucht worden war. Ja, es
fragte sich, ob es überhaupt lohne, hier noch einmal einzusetzen, da
es ja für die taktischen Vorgänge der Schlacht selber völlig gleichgültig
ist, auf welchem Ufer des Flusses sie geschlagen wurde. Denn das Ge-
lände spielt in der Schlacht selbst überhaupt keine Rolle, da sie ganz
in der Ebene stattfand. Und völlig flache Ebene ist in der Tat auf
beiden Ufern der unteren Trebia vorhanden. Aber die strate-
gischen Bewegungen vor der Schlacht nehmen eine ganz verschiedene
Gestalt an, je nachdem man die Schlacht auf das eine oder andere
Ufer des Flusses legt, und sie sind es. die hier den Hauptgegenstand
des Interesses bilden. Die ganze Art Hannibals und der Römer zu
operieren gewinnt durch die Entscheidung der Frage für uns wesentlich
an Anschaulichkeit und Klarheit, und so kann man wohl sagen, daß
eine erneute Untersuchung reichlichen Lohn gewähren kann, wenn es
ihr nur gelingt, zu einem entscheidenden Resultate zu gelangen.
Und noch in einer zweiten Beziehung dürfte die Feststellung des
tatsächlichen Verlaufes von Interesse sein.
Polybios und Livius, unsere beiden hauptsächlichen Berichterstatter,
nehmen bei sonst vollkommener Übereinstimmung in ihren Nachrichten
bekanntlich gerade in der Uferfrage einen verschiedenen Standpunkt
ein. Die Entscheidung der Kontroverse wird bei diesem Sachver-
halte geeignet sein, auf das Verhältnis der beiden zueinander und
ihre Arbeitsart, ein, wenn ich nicht irre, neues Licht zu werfen (s. Bei-
lage II).
Der Weg zur Lösung kann hier nur der der sachkritischen
Untersuchung sein. Wir werden uns zu fragen haben, wie die ver-
schiedenen Bewegungen und Operationen der beiden Armeen bei der
einen oder anderen Hypothese aussehen? Ob bei beiden die Möglich-
keit vorliegt, die von unseren Berichterstattern überlieferten Bewegungen
Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder III. 4