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Kromayer, Johannes [Editor]; Veith, Georg [Editor]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 3: Antike Schlachtfelder in Italien und Afrika, 1. Abtlg.): Italien — Berlin, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.7593#0074
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Trebia: 1. Kontroverse.

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seinen angeblichen Stellungswechsel nach Rivaita hin unternommen
hätte, wäre Hannibal durch eine Stellung bei Settima zwischen beide
Armeen gekommen. Es wäre das Unsinnigste gewesen, was Scipio
hätte tun können, und erst dadurch würde es rätselhaft werden, wie
die beiden konsularischen Heere sich hätten vereinigen können. Hanni-
bals „brillantes Umgehungsmanöver" wäre also ebenso zwecklos gewesen
wie Scipios Bewegung ungeschickt und unbegreiflich1).

Diese Konstruktionen sind also militärisch ungenügend und ent-
sprechen auch den Quellenberichten nicht. Von einem Umgehungs-
marsche Hannibals wissen dieselben überhaupt nichts und lassen die
beiden römischen Armeen ohne alle Schwierigkeit und ohne daß
von einem Versuche Hannibals, sie zu hindern, die Rede wäre, sich
vereinigen.

So ist es eigentlich gar nicht mehr notwendig, darauf hinzuweisen,
daß auch die kombinierten Bewegungen der Römer und Karthager in
der Nacht von Scipios Rückzüge selbst nach dieser Theorie gar nicht
erklärbar erscheinen, und ich gehe nur der Vollständigkeit wegen
noch darauf ein.

Nach dieser Theorie hat Scipio bei seinem Nachtmarsche die Trebia
in westlicher Richtung, also etwa bei Mamago erreicht und über-
schritten, und anders kann man sich unter den angenommenen Ver-
hältnissen seinen Marsch in der Tat auch gar nicht vorstellen. Denn
da derselbe ein Flankenmarsch zu Hannibals Heere und dessen gefürchteter

1) Polybios sagt III 68, 14 einfach: avuiii^as Si y.ai y.aTaargaTOTieSevoas Trag

avrols. Ebenso Livius XXI 51, 7: inde (von Ariminum) cum exercitu suo profectus
ad Trebiam flumen collegae coniungitur. Um diese ungestörte Vereinigung mit
ihrer Ansicht in Übereinstimmung zu bringen, greifen die Vertreter der Pontenure-
Theorie zu den gewagtesten Kombinationen. Niebahr und Hennebert lassen den
Sempronius von Genua statt von Ariminum anrücken, Dodge meint, er sei von Parma
aus über die Vorhöhen des Apennin marschiert, üie erstere Annahme ist gegen die
Quellen (s. vor. Anm.), die zweite wäre ein Marsch von fast unmöglicher Schwierigkeit.
Über die verschiedenen Ausläufer des Nordapennin und durch die zahlreichen Fluß-
täler in transversaler Richtung zu marschieren, wo selbst heutzutage keine Wege
sind, muß jedem Kenner dieser Gegenden im höchsten Grade anwahrscheinlich
vorkommen. Macdougall nimmt p. 39 an, daß die Vereinigung der Heere vor Scipios
Abmarsch aus Placentia stattgefunden habe, was ebenfalls gegen die Quellen ist und
erklärt es S. 50 trotzdem für impossible to explain, warum Hannibal sie nicht ge-
hindert habe. Kurz, eine Verlegenheitsauskunft über die andere und keine befriedigende
Erklärung. Uber die unwahrscheinlichen Marschanstrengungen, die man Hannibals
Truppen dabei für die zwei Tage vor dem ersten Schlachtangebot — 90 Kilometer —
zumuten müßte, s. unten S. 61, A. 1.
 
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