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Kromayer, Johannes [Editor]; Veith, Georg [Editor]
Antike Schlachtfelder: Bausteine zu einer antiken Kriegsgeschichte (Band 3: Antike Schlachtfelder in Italien und Afrika, 1. Abtlg.): Italien — Berlin, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.7593#0150
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Der Apenninübergang. 1. Der Weg.

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Normalmarschzeit auf 5—10 km sinkt. Diese Tagesleistung1 kann
jedoch wesentlich gesteigert werden, wenn .man in demselben Maße,
als die Stundenkilometerleistung sich verringert, die Marschdauer er-
höht, d. h. die Truppen nicht nur die gewohnten 5—6 Stunden, sondern
eventuell Tag und Nacht marschieren läßt. Dies aber ist von Hanni-
bals Marsch in den Quellen ganz ausdrücklich bezeugt.
Die Soldaten marschierten 4 Tage und 3 Nächte, nur wenige fanden
Gelegenheit, in der Nacht ganz kurz zu ruhen. Ein solcher Marsch
auf solchem Boden mit gemischten Kontingenten findet aber selbst
unter der energischesten Führung sehr bald seine physische Grenze. Es
ist wohl physisch unmöglich, daß auf diese Weise der einzelne Mann
4 Tage und 3 Nächte ohne Unterbrechung durch das inundierte Gebiet
marschiert sei, und wir können es als den Grenzwert der Leistungs-
fähigkeit betrachten, wenn wir einen 20—24 stündigen Gewaltmarsch
pro Mann annehmen, während welcher Zeit der Einzelne ganz gut
eine ca. 30 km breite Inundationszone durchqueren konnte. Bei der
unvermeidlichen Lockerung der Marschkolonne in diesem Terrain und
bei der Stärke der Armee von 40000 Mann Infanterie und 10000 Eeitern
nebst Train dürfen wir die Kolonnenlänge auf mindestens 50—60
Kilometer annehmen1), sodaß sich im besten Falle vielleicht nur die
Hälfte des Heeres im Marsch durch den Sumpf befand, als der erste
Mann auf dem festen Boden ankam, d. h. nach ca. 1 Tag und 1 Nacht.
Der Mittelmann des Heeres, der erst nach dieser Zeit den Marsch an-
trat, brauchte nun weiter ebensolange, und der abschließende Mann
an der Queue desgleichen. Dass ergibt also 3 Tage und 3 Nächte.
Rechnet man für eventuelle Nachzügler, schwer Erschöpfte usw. noch
einen Tag, so hat man die von der Quelle verbürgte Marschdauer, d. h.
einen 4 Tage und 3 Nächte währenden Durchmarsch der Armee als
solchen, ohne dem einzelnen eine ganz unmögliche Leistung zuzumuten.

Vielmehr ist, wie bereits erwähnt, diese Leistung schon ein
äußerster Grenzwert, und es fragt sich, worin Hannibal die Not-
wendigkeit erblickte, seinen Leuten diese Leistung zuzumuten. Auch
darüber werden wir klar, wenn wir die diversen Inundationsgebiete, die
hier im weitesten Sinne in Betracht kommen, genauer besehen. Kein
einziges wäre nicht mittels eines nicht allzugroßen

1) D. h., so lang wäre die Kolonne, wenn die ganze Armee in jener Formation,
wie der tatsächlich marschierende Teil, anf dem Marsche wäre; diese Läuge muß
dem Kalkül zugrunde gelegt werden.

Kromayer-Veith, Antike Schlachtfelder UI. 9
 
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