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Kugler, Franz
Handbuch der Kunstgeschichte — Stuttgart, 1842

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https://doi.org/10.11588/diglit.1230#0824

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800 XX. Die bild. Kunst des siebenzchnten u. achtzehnten Jahrh.

die grossen Meister der früheren Zeit des sechszehnten Jahrhunderts
man suchte es ihnen wiederum gleich zu thun, man war auch in
solchem Streben nicht geradezu unglücklich, aber man vermochte
sich dennoch von einem blos verständigen Studium zu freier, lichter
Entfaltung des Geistes nicht zu erheben; die Bestrebungen dieser
Art lassen uns mehr oder weniger kalt. Auf der andern Seite
doch vornehmlich in protestantischen Landen, gab man sich, im
Gegensatz gegen solche Richtung, zugleich einer unbefangenen
freien Auffassung der Natur hin; man folgte ihren bunten und
heiteren Spielen; und indem man den Sinn für die Sprache des
Geistes, der in der Natur waltet, öffnete, wusste man seine Geheim-
nisse in beredten Bildern offenbar zu machen. Es ist aber hiebei
zu bemerken, dass die Kunst, in ihrer höheren Bedeutung, über
den Zwiespalten der Meinung erhaben ist, dass somit Einflüsse von
beiden Seiten sehr wohl auf einander wirken konnten, und dass
gerade aus solcher Wechselwirkung einzelne der schönsten und
edelsten Leistungen dieser Zeit entstehen mussten.
In der Kunst von Italien treten uns zunächst jene katholischen
Elemente der Zeit entgegen; ebenso, aber-zu einer höheren Be-
geisterung entflammt, in der Kunst von Spanien, jenem Lande,
welches dem Katholicismus durch Loyola's Stiftung die gewaltigste
Schutzwehr gründete. In den Niederlanden sehen wir, in den
südwestlichen Theilen (in Brabänt) wiederum -das katholische Ele-
ment, in den nordöstlichen Theilen (in Holland) das protestantische
zum lebendigen und kräftigen Ausdrucke kommen, in beiden nicht
ohne wohlthätige Wechselwirkung aufeinander. Frankreich sendet
für die frühere Zeit des Jahrhunderts nur einzelne Talente zur
Theilnahme an diesem neuen Aufschwünge der Kunst; so auch
Deutschland, das, von dem dreissigjährigen Kriege und seinen
Folgen aufs Fürchterlichste zerrissen, für die ganze in Rede stehende
Periode der Kunst ohne erhebliche Bedeutung bleibt. — Was sodann
das Verhältnis^ der Kunstgattungen für die Zeit dieses neuen Auf-
schwunges betrifft, so erscheint uns die Sculptur, zum Ausdruck
jener ungestümeren geistigen Bewegungen weniger geeignet, im
Allgemeinen von geringerer Bedeutung. Die wichtigsten Kräfte
concentriren sich jetzt völlig in der Malerei; aber jene sinnige
Naturauschauung, die dem germanischen Volksgeiste von Hause
aus eigen war und die durch die freien Elemente der jetzigen
Zeit ihre vorzüglichste Nahrung fand, veranlasste es, dass nunmehr
diejenigen Gattungen, die man gewöhnlich als untergeordnet be-
zeichnet, Genre, Landschaft, Stillleben u. s. w., in einen oft gleichen
Rang neben die ursprünglich vorherrschende Historienmalerei treten.
 
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