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III. Das Alterthum des mittleren Asiens.

einige Meilen sütllieh von Ninirud, am Tigris; dann Felssculp-
turen bei Bawian und bei Malthaijah, aordwärts von Mosul,
im kurdischen Gebirge.

Bildnerei.

Die Bildnerei der Assyrer hat, wie die der Aegypter einen
völlig monumentalen Zweck. Neben einzelnen Gestalten von
mythisclier Bedeutung, neben einzelnen Erscheinungen einer
rituellen Symbolik sind es Darstellungen geschichtlichen Inhaltes,
zur Feier eines bestinnnten Herrscherlebens, aus denen diese Bild-
werke bestehen: Scenen der königlichen Würde, des Lebens-
genusses, z. B. der Freude der Jagd, der mannigfaltigsten Be-
gebenheiten in Krieg und Schlacht. Alles Einzelne des Lebens
ist wiederum mit entschiedener Sorgfalt nachgebildet, so dass
sich auch hier eine sehr umfassende ATeranschaulichuno; der be-
ziiglichen Cultursphäre darbietet. Insgemein ziehen sich zwei
Reliefreihen von nicht erheblicher Grösse, iibereinander geordnet,
über die Wände hin. Iieichliche Inscliriften geben näheren Auf-
schluss über die in den Bildern vergegenwärtigten Begebenheiten;
sie sind in der keilförmigen Schrift, welche bei den mittelasia-
tischen Völkern im Gebrauch war und welclie die Wissenschaft
unsrer Tao-e wieder zu entziffern beffonnen hat, p'ebildet. Bild-
werke, die nicht an der architektonischen Masse haften, kommen
höchst selten vor. Die bedeutendsten Stücke der Art, eine
stehende Statue, aus den Baulichkeiten der Nordwestecke von
Nimrud, und eine selir verstümmelte sitzende Statue, zu Kalah
Schergat gefunden, gehören der älteren Epoche der assyrischen
Kunst an.

Der assyrischen Bildnerei fehlt das architektonisch Feierliche
der ägyptischen Kunst; sie kennt nicht die riesigen Kolosse der
letzteren , sie sucht nicht nach jenem härtesten Material, welches
schon an sich eine unermüdliche Ausdauer in Anspruch nimrnt;
sie steht in Styl und Behandlung gegen die maassvolle Erschei-
nung der ägyptischen Kunst zurück. Aber sie wendet sich, in
ihrer architektonischen Unbedingtheit, der Erscheinung des Lebens
mit grösserer Naivetät zu; sie geht darauf aus, das Leben kräf-
tiger zu erfassen; sie vermag die Gemeinsamkeit und das Wechsel-
verhältniss der Erscheinuno-en sclion mit einio-em Glücke wieder-
zugeben.

Die Gestalten der assyrischen Kunst sind durchweg, zunächst
ohne Zweifel dem nationalen Typus des asiatischen A olkes fol-
gend, kurz, derb, gedrungen, mit unverholener Anlage zur
Dickbäuchigkeit und sonstigem Fettansatz. Eine irgendwie .ideale
Formenbehandlung, die dem Beschauer aus den schlanken und
sti’affen Gestalten der ägyptischen Kunst doch sclion entgegen-
 
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