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VII. Die Kunst der römischen Epoche.
blütke der hellenischen Kunst. Diese hatte freilich den Kreis-
lauf ihrer Schöpfungen yollendet; aber der neue Anstoss trieb
sie, mit erneuter Sorgfalt auf die Gesetze ihres Schaffens zurück-
zugehen, den iiberhommenen Gehalt und die Grade seiner Wir-
hung durchzupriifen, die in ilirer Richtung liegenden Erfolge mit
Bewusstsein bis zur letzten Spitze zu entfalten. Es war eine
Kestauration des Hellenismus, deren durcligreifende Ergebnisse
sich ebenso auf dem heimischen Boden yon Hellas wie in der
Uebertragung nach Rom behundeten. Andrerseits war es das
Römerthum, in den Traditionen seiner Yorzeit, in der Scliaustel-
lung seiner stets liöher gegipfelten Macht, was das hünstlerische
W esen dieser Epoche bedingte. Rom selbst besass yon Idause
aus heine Mitgift hiinstlerischer Phantasie; die etrushische Schule
hatte das Mangelnde, docli ebenfalls nur in beschränhter Weise,
ersetzt. Rom war den prahtischen Interessen, den realen Er-
scheinungen des Lebens zugewandt, aber mit einer Schärfe der
Ueberlegung, mit einer Grösse des Sinnes, dass Dasjenige, was
es (zunächst z. B. in der Architehtur) schuf, die yolle Kraft und
Gesetzlichheit des Katurdaseins zu besitzen schien. Dies war ein
Gegebenes; es ham nun darauf an, das hellenische Kunstgesetz
zu seiner Organisirung, Beseelung, poesieyollen Verhlärung zu
verwenden. Beide Richtungen, die laellenisirt römische und die
erneut hellenische, standen in lebhafter, sich gegenseitig steigern-
der Wechselwirkung. Die Erfoige beider beruhten aber ungleich
weniger — wie in der früheren hellenischen Kunst — in der
Kraft des naiven, ungebrochenen Gefiihles, als in der Gewalt
des bereclinenden Verstandes, der sich Gefiihl und Phantasie
dienstbar zu maclien wusste. Bei beiden tritt das zweckvoll Ab-
sichtliche in den Vorgrund.
Die allgemeinen stylistischen Eigenthümliclikeiten des römi-
schen Zeitalters der Kunst rnachen sich am Auffälligsten in der
Architektur bemerklich. Hier erscheinen, neben den helleni-
schen, mancherlei eigenthümliche Grundformen und Combinationen.
Der hellenische Tempel-Säulenbau findet fortgesetzt Anwen-
dung, in den hellenischen Landen zunäclist mit unmittelbarem
Anschluss an die Musterwerhe der Vergangenheit. Die eigentlich
römische Kunst zieht die prächtige korinthische Säulenform vor
und prägt das Kapitäl dieser Säule in gleichartig gesetzliclier
liabaud, Denkmäler der Baukunst. — Für die Provinzen: Antiquities of
Athens. Uned antt. of Attica. Jonian antiquities. Texier, Asie Mineure.
Cassas, voyage pitt. de la Syrie.- Description de l’Egypte; antt. Exploration
scient. de l’Algerie. De Laborde, les monumens de la France. U. A. m. —
Galleriewerke. Die oben (S. 115) citirten Werke von K. 0. Miiller und von
Brunn. U. s. w.
VII. Die Kunst der römischen Epoche.
blütke der hellenischen Kunst. Diese hatte freilich den Kreis-
lauf ihrer Schöpfungen yollendet; aber der neue Anstoss trieb
sie, mit erneuter Sorgfalt auf die Gesetze ihres Schaffens zurück-
zugehen, den iiberhommenen Gehalt und die Grade seiner Wir-
hung durchzupriifen, die in ilirer Richtung liegenden Erfolge mit
Bewusstsein bis zur letzten Spitze zu entfalten. Es war eine
Kestauration des Hellenismus, deren durcligreifende Ergebnisse
sich ebenso auf dem heimischen Boden yon Hellas wie in der
Uebertragung nach Rom behundeten. Andrerseits war es das
Römerthum, in den Traditionen seiner Yorzeit, in der Scliaustel-
lung seiner stets liöher gegipfelten Macht, was das hünstlerische
W esen dieser Epoche bedingte. Rom selbst besass yon Idause
aus heine Mitgift hiinstlerischer Phantasie; die etrushische Schule
hatte das Mangelnde, docli ebenfalls nur in beschränhter Weise,
ersetzt. Rom war den prahtischen Interessen, den realen Er-
scheinungen des Lebens zugewandt, aber mit einer Schärfe der
Ueberlegung, mit einer Grösse des Sinnes, dass Dasjenige, was
es (zunächst z. B. in der Architehtur) schuf, die yolle Kraft und
Gesetzlichheit des Katurdaseins zu besitzen schien. Dies war ein
Gegebenes; es ham nun darauf an, das hellenische Kunstgesetz
zu seiner Organisirung, Beseelung, poesieyollen Verhlärung zu
verwenden. Beide Richtungen, die laellenisirt römische und die
erneut hellenische, standen in lebhafter, sich gegenseitig steigern-
der Wechselwirkung. Die Erfoige beider beruhten aber ungleich
weniger — wie in der früheren hellenischen Kunst — in der
Kraft des naiven, ungebrochenen Gefiihles, als in der Gewalt
des bereclinenden Verstandes, der sich Gefiihl und Phantasie
dienstbar zu maclien wusste. Bei beiden tritt das zweckvoll Ab-
sichtliche in den Vorgrund.
Die allgemeinen stylistischen Eigenthümliclikeiten des römi-
schen Zeitalters der Kunst rnachen sich am Auffälligsten in der
Architektur bemerklich. Hier erscheinen, neben den helleni-
schen, mancherlei eigenthümliche Grundformen und Combinationen.
Der hellenische Tempel-Säulenbau findet fortgesetzt Anwen-
dung, in den hellenischen Landen zunäclist mit unmittelbarem
Anschluss an die Musterwerhe der Vergangenheit. Die eigentlich
römische Kunst zieht die prächtige korinthische Säulenform vor
und prägt das Kapitäl dieser Säule in gleichartig gesetzliclier
liabaud, Denkmäler der Baukunst. — Für die Provinzen: Antiquities of
Athens. Uned antt. of Attica. Jonian antiquities. Texier, Asie Mineure.
Cassas, voyage pitt. de la Syrie.- Description de l’Egypte; antt. Exploration
scient. de l’Algerie. De Laborde, les monumens de la France. U. A. m. —
Galleriewerke. Die oben (S. 115) citirten Werke von K. 0. Miiller und von
Brunn. U. s. w.