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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 49.1898-1899

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Zimmermann, Ernst: Das Kunstgewerbe auf der "deutschen Kunstausstellung" zu Dresden , [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7000#0312
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Das Aunstacwerbe auf der Deutsche» Kunstausstellung zu Dresden.

427. Vorraum von Bruno Paul, vereinigte

fammengefügten Pultschrägen wieder auseniander
sprengt. Auch der Flügel, einer der seltenen Ver-
suche, denselben mit dem übrigen Mobiliar in Aeber-
einstimmung zu bringen, ist dem Konstruktiven ver-
fallen. Gleichfalls in Naturholz gehalten, bekommt
er durch die absichtlich plump gehaltenen, die Schwere
der Last symbolisirenden Füße, etwas Plumpes,
Elephantenhaftes, das seltsam zu der übrigen Mager-
keit des Raumes koutrastirt.

Alle diese Gewaltsamkeiten sind um so mehr zu
bedauern, da man darüber fast das Gute und Brauch-
bare unter diesein Mobiliar übersieht. An erster
Stelle ist hier der einfache, aber klargegliederte Noten-
schrank zu nennen, dessen Glasthüren sich leicht auf
einer großen flachen Kurve erheben. In solchen
Dingen enthüllt sich der Künstler ganz rein, drängt
sich der Theoretiker nicht ausdringlich vor.

Dieser spricht aber wieder das Hauptwort
bei dem großen elektrischen Ringleuchter. Am der
Idee des pängens willen wird jedes einzelne Glüh-
lämpchen an einer herabhängenden hakenförmigen
Messingstange befestigt, diese Messmgstangen in den

Werkstätten für Kunst im lsandwerk, München.

großen, aus gleichen gebogenen Stangen gebildeten,
fast um das ganze Zimmer laufenden Ring gehängt
und dieser an sich schon recht lockere, komplizirte
Apparat nicht von der Mitte der Decke aus — dies
ist vielmehr der Ausgangspunkt für die strahlen-
förmig von einer häßlichen Blechrosette auseinander-
gehenden Zuleitungsdrähte —, vielmehr von den
vier Ecken des Zimmers durch einzelne Stangen
gehalten, so für die Augen ein krauses Gewirr
von gelben Messingstangen und goldgelb um-
sponnenen Zuleitungsdrähten darbietend, dem jede
statische Ruhe fehlt. Sinn hat diese Uebertragung
der Last von der Mitte aus die Seiten des Raumes
nur bei großer Schwäche der Deckenmitte. So war
es z. B. bei dem großen hölzernen Kuppelraum der
letzten Hamburger Gartenbauausstellung der Fall.
Pier ist aus der Noth eine Laune geworden, die in
seltsamem Widerspruch zu der nackten Logik des
Grundgedankens steht.

Was ist nun der Gesammteindruck dieses Zim
mers? Bei der Eröffnung der Ausstellung hielt jeder
es nicht für vollendet, und dieser Eindruck ist

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