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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 57.1906-1907

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Gmelin, L.: Die III. Deutsche Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906, [6]: Weimar, Düsseldorf, Stuttgart, Berlin, etc. Raumkunst und kunstgewerbliche Einzelerzeugnisse
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https://doi.org/10.11588/diglit.9336#0093
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Die III. Deutsche Kunstgewerbeausstellung Dresden (906.

(Dresd. 21.) Wohnzimmer; von <£. R. W eiß; Wandbespannung und Möbelbezug (Kattun) von der „Hagener
Textilindustrie, vorm. Gebr. Llbers"; Möbel ausgeführt von RothAIunius und Fritz Söffe, sämtliche in

Hagen i. W.

Zn diesen: Verläugnen des wahren Sachver-
haltes steckt der Arankheitskeim des ganzen Werkes:
das geflissentliche Beiseitesetzen des Wesentlichei:, das
doch nicht beseitigt werden konnte, mußte zu Aon-
flikten führen, die eine befriedigende Lösung der
Ausgabe von vornherein ausschlossen. Es n:uß für
jeden lebendigen Organismus verhängnisvoll werden,
wenn bei seiner Ausgestaltung die Grundlagen seines
Daseins außer acht gelassen werden, und deshalb sollte
die künstlerische Phantasie trotz aller ihr gewährten
Freiheit sich nie dazu sortreißcn lassen, die sachlichen
Grundzüge zu ignorieren und mit Akrobatensprüngen
über sie wegzusetzen.

Ist so van de Beides Muscumshalle schon in
der Grundrißanlage durch das gewaltsaine Verkuppeln
von Rechteck und Sechseck verfehlt (vgl. den Grund-
nl5, Abb. \^5), so ist sie auch nicht minder in: Aus-
bau verunglückt — trotz der wundervollen Bilder
Ludwig von pofmanns. Wan :nuß schon mit
Uc^t viel guten: Willen sich in das ganze Werk ver-
losen, u:n zu erkennen, daß trotz aller Ungereimt-
heiten ein geistreicher Aünstler dahinter steckt, der hier
ebei: eiinnal, sei cs aus Laune, sei cs aus Lässigkeit,

sei es un: des Experiineuts willen — seiner Phan-
tasie die Zügel schießen ließ.

Bei seinen: Empfangszimmer und mehr noch
in den: Speisezinnner (Abb. (^8) hat van de Beide eine
ungleich glücklichere pand gehabt; in letzteren: sind die
Stühle und der Tisch besonders anmutig und fachge-
n:äß. Diese Füße folgen keiner willkürlich erfundenen
Phantasielinie; vielmehr sprechen sie in anmutigen:
Schwung ihre Aufgabe klar und deutlich aus, ohne
den: Material und dein Werkzeug Dinge zuzmnuten,
die ihnen nicht liegen.

Daß eine so geist- und phantasievolle persönlich-
lichkeit wie van de Velde, den: eine bevorzugte,
leitende Stellung in: Aunstgewerbe eines ganzen
Landes eingcräuint ist'), großen Einfluß hat, ist
selbstverständlich; die Ausstellung zeigt das besonders
in der Industrichalle augenfällig, wo die Weimarer

*) Das int Jahre ;yoe vom Großherzog von Sachsen-
Weimar gegründete, von van de Velde geleitete kunstgewerb-
liche Institut, dem die Hebung des Kunstgewerbes obliegt, hat
u. a. auf seinem Programm: freier Besuch der Ateliers des
Institutes (zum Zweck der Ausbildung und der Schöpfung neuer
Modelle), unentgeltliche Zusendung von farbigen Vorbildern.

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