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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 59.1908-1909

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Lory, Karl: Hermann Bek-Gran
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https://doi.org/10.11588/diglit.9042#0018
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Hermann Bek>Grau.


U-

verwendet; hier liebt er inr Gegenteil oft geradezu
aristokratisch feine Linien, „wie aus Goldraht ge-
bogen"; aristokratisch feinen Geschmack, in den
Mitteln sparsam, dafür aber gediegen in allem, legt
er auch mit Vorliebe überall dort an den Tag, wo
es sich um die Ausstattung festlicher Dinge, wie
Iubiläumschriften, Threnadressen usw. handelt. Ja,
er weiß beides, die lustigen Gesellen und die aristo-
kratische Aufmachung, ganz
harmonisch zu verbinden,
mit dem einen gleicht er
die Wirkung des anderen
aus, nimmt dem Ganzen
hier das Steife, dort das
Überlaute und gewinnt so
mit wunderbarer Sicher-
heit den echten festlichen
Ton, dem weder die äußere
Vornehmheit noch das
innere Behagen mangeln
darf. Tin schönes Bei-
spiel dafür ist das Gedenk--
blatt zur Trteilung der Threnmitgliedfchaft des
Deutschen Schützenbundes an den Prinzen Ludwig
von Bayern. Dieses kunstgewerbliche Prachtstück
ist, wie meist üblich, in Buch- oder richtiger Album-
format größeren Stils gehalten; das Titelblatt zeigt
auf weiß-elfenbeinernem Grunde den Reichsadler
mit Iahrzahl in Golddruck, energisch im Schnitt,
von wuchtig-dekorativem Tindruck, den freilich der
Goldton in gefälliger Weise mildert; das Vorsatz-
blatt, auf Seide, bereitet durch Aufnahme von
Schwarz, Weiß und Rot die farbenfrohe Wirkung
der beiden Pauptblätter vor, die unter sich auch
wieder auf Steigerung der Farbenwirkung berechnet
sind, so daß das eigentliche Gedenkblatt erst in
vollem Farbenakkord erklingt (Tafel ( u. Abb. 23).

;s.

U — ;5. Vignetten für die Zeitschrift „Hochland"; Verlag
Jos. Köselsche Buchhandlung, Kempten (verkleinert).

Unter den Motiven, die er gern beinr Mrna-
ment verwendet, fallen Vögel und Trauben auf:
alles, was voll, dabei weich und rund wirkt, hat
feine Vorliebe; was schreit, was gar etwa dissoniert,
ist ihm unerträglich. Auch originelle und feine
Pflanzenstilisierungen (Abb. s6 u. f7), moderne Gro-
tesken in Gestalt abenteuerlicher prunkfische u. dgl.
sind ihm glücklich gelungen.

Beks Vorliebe für die „derben Gestalten der
deutschen Volkspoesie" ist ferner in neuerer Zeit
zweifellos geringer geworden, sie ist zurückgetreten
hinter der Vorliebe für
die Kinderwelt (Abb. 27).

Auch hier berührt
es außerordentlich sym-
pathisch, daß nicht wie so
oft in der Gegenwart das
instinktive Tappen und
Suchen nach Neuem, daß
vielmehr der ruhige Fluß
des Lebens diese Wandlung
hervorrief. Tin großer Kin- ,2-

derfreund von Pause aus,

ist Bek-Gran heute selbst glücklicher Vater> einer zahl-
reichen Familie geworden. Zweifelsohne darf man ihn
einen der liebenswürdigsten und sichersten Kinder-
schilderer unter den deutschen Künstlern der Gegen-
wart nennen; es ist eben alles, was er zeichnet, aus
innigster Anteilnahme an der Welt der ‘Kleinen her-
vorgegangen. Und er war in dieser pinsicht eben-
falls so glücklich, daß Nei-
gung und Interesse seinerzeit
seiner individuellen Vorliebe
entgegenkommen: nicht um-
sonst ist das wort vom „Jahr-
hundert des Kindes" zum ge-
flügelten geworden, und als
die Bewegung, die unter der
Parole „Kind und Kunst"
Anhänger warb, daran ging
sich ein eigenes Grgan zu
gründen, da war Bek-Gran
der berufene Illustrator des
selben (Abb. 2\—26). Auch
sonst ist er immer wieder zur
graphischen Ausschmückung von Kinderschriften heran-
gezogen worden, und man müßte schon bis auf den
Grafen Pocci zurückgehen, um einen zweiten deutschen
Künstler namhaft machen zu können, der sich so vor-
züglich für diese Aufgabe eignete wie Bek. Wenn man
sein gesamtes Schaffen überblickt, so bekommt man über-
haupt den Tindruck, als hätte er anderen als kind-
lich-harmlosen Menschenkindern an sich nichts zu


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