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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 63.1912-1913

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Bredt, Ernst Wilhelm: Neun Jahrzehnte bayerischer Kunstpolitik: Prinzregent Luitpold als Freund der Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.7141#0153
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Neun Jahrzehnte Kunftpolitif.

229. Apothese der Kunst; Lünette 2S in der Loggia der Kgl. Pinakothek; von Peter v. Cornelius

(entworfen um Z82Z).

von Welt und Schicksal, von Sage und Dichtung
durch die Bilder zeitgenössischer Künstler. Was den
Zeitgenossen der werdenden Dome des Mittelalters
vergönnt war, nänilich in Bildern der Maler und
der Steinmetzen die Geschichte der Menschheit verherr-
licht zu sehen, das sah unser Regent in den herrlichen
Schöpfungen seines königlichen Vaters.

Die Fresken der Paläste erzählten von allem
Großen, den Melden allen der Vorzeit. Zn den
Zimmern seiner Mutter meint er die Chöre der
griechischen Tragöden zu hören und die heiteren Lieder
des Anakreons, die Gestalten der alten und der neuen
Dichter, die Walküren wie den Sängerkrieg auf der
Wartburg, und Siegfrieds wundersame Sage sah hier
jung Luitpold!

Kein Palast der Welt ist in so kurzer Zeit so
reich mit Bildern alter Sage und moderner Dichtung
geschmückt worden.

Zn eben den Räumen, die der jugendlich-
frische Prinz Luitpold werden sah, wurde später
Ludwig II. der Beschützer Richard Wagners, des
musikalischen Genies der Romantik. Das wirft ein
herrliches Licht auf die Modernität des Königs
Ludwig I. für feine Zeit, auf den immer gesunden
Sinn seines Sohnes Luitpold, der die Kräfte sah
und lobte, die solches geschaffen. Prinz Luitpold
wurde zum freund und Genossen aller Künstler.

Die Bautätigkeit wuchs, es wuchs der Wohl-
stand. Münchens Ruhm erklang weit über Deutsch-
lands Grenzen.

Aus aller perren Länder strömten junge und
alte Künstler herbei nach der neuen Metropole der
Schönheit. Die Parlamente und Könige Englands
und Belgiens, Frankreichs, Griechenlands und Ruß-
lands schickten Deputationen, um die Maßnahmen
des königlichen Mäzenas, die neuerfundenen Tech-
niken der Münchener Künstler zu studieren.

Der Ruhm der großen Künstler des Königs
war tatsächlich international. Aufträge und An-
fragen kamen aus allen Weltteilen, wie auch der
König überallhin Verbindungen unterhielt. Tr be-
schenkte sogar New pork, er war der erste, der den
Erfinder der Photographie, Daguerre, durch hohe
Ehren auszeichnete.

Wir verstehen erst jetzt, wie solche Kunstpolitik
unseren Regenten reich fürs Leben begaben mußte.
Denn nicht einmal die f-f Millionen, die König
Ludwig I. persönlich für die Kunst ausgab, find
entscheidend für solchen Erfolg, sondern die geniale
kunstwirtschaftliche Umsicht.

Nicht durch sein Land, nur durch seinen per-
sönlichen mäzenatischen Ehrgeiz, durch seine Bau-
schöpfungen zog der König das Auge aller Monarchen
auf sich. Durch die Kunst wurde Bayern ein Staat
von internationaler Bedeutung.

f8^3 schrieb ein Franzose ein zweibändiges
Werk über die Kunst in ganz Deutschland, aber ß/6
des ganzen Buches sind München gewidmet! So
viel galt München selbst in Frankreich schon damals,
wie nach langer Zeit wieder durch die Werke unserer

;o2
 
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