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MAURITIUS PFEIFER Liegendes Mädchen (Porzellan)

Ausgestellt in der Halle des Kunstgewerbevereins

bar in dem Streben nach innerer Gesetz-
mäßigkeit, also nach architektonischen Ge-
sichtspunkten geordnet sind.

Wenn wir also zugeben müssen, auf bau-
künstlerischem Gebiete nur wenige Beispiele
der Kunst, aber kein achtbares Niveau erreicht
zu haben, so berufen wir uns zum Ausgleich
gern auf die großen Leistungen unserer Inge-
nieure. In der Tat sind die imposantesten
Monumente unseres öffentlichen Lebens die
Ingenieurbauten, die Werke der modernen
Technik.

Durch sie ist eine Zivilisation mechanisti-
schen Geistes entstanden, wie sie bisher in
der Geschichte noch nicht vorhanden war. Alle
Regung nach Kultur aber, die sich allein in
künstlerischer Ausdrucksform kundgibt, mußte
dagegen verstummen. Dem Ingenieur ist für
diese einseitige Entwicklung unseres Bauschaf-
fens am allerwenigsten ein Vorwurf zu machen,
denn die letzten 50 Jahre, in denen sich die

hohe Entwicklung der Technik und des Ver-
kehrs vollzogen hat, stellten ihm so hohe Auf-
gaben, daß seine Erfindungskraft vollständig
in Anspruch genommen war, und die ästhe-
tische Gestaltung ihm gleichgültig bleiben
mußte. Während somit der Ingenieur bei
seinen Bauten in Beton und Eisen nur das
Interesse an der rechnerischen Tätigkeit, an
der Konstruktion fand, suchte der Architekt,
unbekümmert um die neuen Regungen der
Zeit, beherrscht durch die Gewohnheit seiner
akademischen Berufserfüllung, in romantischer
Neigung und konservativer Befangenheit gegen-
über allen realen Hinweisen der Zeit die ästhe-
tische Lehre aus den verblaßten Formgesetzen
der vergangenen Jahrhunderte.

So fallen unsere Blicke überall auf Dishar-
monie, auf ein widerspruchsvolles Durcheinan-
der von hoher angewandter technischer Fach-
wissenschaft und epigonenhafter architektoni-
scher Unselbständigkeit, verbunden mit Bana-

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