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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 71.1921

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Lill, Georg: Eugen Mayer-Fassold
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https://doi.org/10.11588/diglit.8622#0006
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E. MAYER-FASSOLD, München Christus am Kreuz

Lebensgröße. 2. Preis für den Wettbewerb Windsheim

bei der ersten Konkurrenz, an der er sich betei-
ligte, der Reichenbachbrücke in München, erhielt
er zwei erste Preise für die beiden gestellten
Aufgaben und den Auftrag für die Ausführung
des großen Pfeilers. Bei dem Wettbewerb für ein
Denkmal des bayerischen Heeres im Armeemuseum
fielen ihm ein erster Preis und zwei Ankäufe,
bei dem Kruzifixwettbewerb für Windsbach ein
zweiter Preis, für den Lenbachbrunnen in Schro-
benhausen ein erster Preis und für die Gedächtnis-
tafel am Rathaus zu Weiden ein zweiter Preis zu,
eine auffallende Häufung von Auszeichnungen in
der Zeit von anderthalb Jahren.

Daß dies nicht zufällig ist, sondern einem inneren
Werte entspricht, mag man an den Abbildungen
ersehen, die nur eine kleine Auswahl aus seinem
jetzt schon umfangreichen Arbeitsgebiet dar-
stellen. Neben seinen Wettbewerbarbeiten für große
Monumentalaufgaben und großen plastischen
Figuren, die allerdings wegen der enormen Kosten

für kostbares Material nur in Gips ge-
fertigt sind, hat er vor allem auch rei-
zende Sachen für Kleinplastik gearbei-
tet, sei es in Holz, Bronze oder Terra-
kotta, oder in Porzellan und Eisen, auch
Modelle für Plaketten und Münzen.
Die logische Klarheit der Form —
ein Erbteil, das er über seinen Lehrer
Hahn von dem erst eben verstor-
benen größten deutschen Plastiker
der Neuzeit, Adolf von Hildebrand,
her übernommen hat — zeichnet all
seine Figuren aus, allerdings nicht in
der Art, daß nur die durch die Antike
uns geläufige „Schönheit" im klas-
sizistischen Sinn bestimmend für ihn
ist, sondern die sensitive Ausdrucks-
fähigkeit einer seelischen Innerlich-
keit dünkt ihm noch wertvoller als
die nur äußerliche Harmonie der
Figur. Fast bis zur gotischen mysti-
schen Verträumtheit steigert sich die
Auffassung in dem Kopfe einer Susan-
nenfigur, in dessen zarter Neigung
des Kopfes die plastisch-künstlerische
Vollendung liegt. Fein kommt auch ein
Zug dieser Empfindsamkeit in dem
„scherzenden Mädchen" zum Ausdruck,
das in seiner haptischen Rundung neuer
Formgebung sehr stark entgegen-
kommt. Der neue Sinn für Bewegung,
für ein Dekorations- und räumliches
Ausnutzen des Rhythmus lebt am
stärksten in der großen Gruppe der „Tänzerinnen",
die in den zarten Biegungen und Brechungen der
Glieder einen einschmeichelnden Klang bei aller
Strenge der Einzelform haben odernoch mehr in dem
Relief „Fischer" und „Grabdenkmal". Wie Mayer-
Fassold eine Monumentalaufgabe anfaßt, mag man
aus dem Entwurf für den Windsbacher Kruzifixus
ersehen. Eine große Form: das breite Kreuz, die
auskrätschenden Beine, die schwere Masse des
Körpers, wird erfüllt von einer verhaltenen Inner-
lichkeit, die ohne Pathos und Affekt nur in einer
still duldenden Versenktheit die geistig große
Form gibt. Ein vollendetes Monumentalwerk wer-
den wir in kurzem an der Reichenbachbrücke zu
sehen bekommen.

Es ist zu hoffen, daß Mayer-Fassold den
gerade jetzt für den Plastiker turmhohen innern
und äußeren Schwierigkeiten Herr wird und sein
hohes Können zu einer erfreulichen Vollendung
führen kann.

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