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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 71.1921

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F.: Glaspalast 1921, [2]: die kunstgewerbliche Abteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8622#0054
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dig zu gestalten, namentlich wenn er in seiner künst-
lerischen Entwicklung abgeschlossen ist. Die Klein-
plastiken entzücken durch die Feinheit der Formen,
die Wärme der Empfindung und die Reife der Tech-
nik. Auch hier wird „Farbe" herangezogen, z. B.
in dem grünen Sockel für die eine Kleinplastik.
Der Deckel und Boden der Dose besteht aus Silber.

Eine in Feinheit der Formen und Empfindung
verwandte Arbeit ist die Venus von den Professoren
Düll und Pezold, in glasiertem Ton. Aphrodite, die
Schaumgeborene, ist in ihrem reizvollsten Augen-
blick geschildert, wie sie eben von einem Delphin
in einer Muschel als Wiege aus dem Meere ge-
bracht wird. Das leuchtende Hell des Körpers wird
durch duftige Schatten und etwas, zartest ange-
brachte Farbe wirksam gehoben. Die beiden Künst-
ler haben noch eine Anzahl anderer keramischer
Arbeiten ausgestellt, so zwei Zierteller, einen
großen Krug mit hl. Florian und einige kleinere
Krüge. An ihnen muß man ebenso den ganz aparten
Farbreiz, den Wohllaut der Form und die sorg-
fältige Gestaltung bewundern. Ähnliche Verdienste
um die Pflege der keramischen Arbeit hat sich die
Werkstatt Joseph und Karl Leipfinger erworben.
Auch von ihnen ist das Markanteste ausgestellt
und zum Teil zur Abbildung gebracht, so ein reizen-
des Krugmuster mit frisch belebter Oberfläche und
harmonisch gefärbter Glasur; ferner eine Art Zeug-

DÜLL u. PETZOLD Aphrodite, bemalte Keramik

JOS. KÖNIGBAUER Handkeramik

flasche in ovaler Form mit flott hineinkomponiertem
menschlichen Dekor. Mit nur glatter Glasur, die zum
Teil sehr massig gemustert ist, aber auch koloristische
Wirkungen zu erzielen weiß, arbeiten die Keramiken
der Münchener Werkstätte. Einen eigentümlichen
Reiz versenden die Handkeramiken von Joseph
Königbauer, durchbrochene Körbchen, fein in Form
und Farbe, geschmackvoll und originell im Dekor,
frisch in der Idee und vorzüglich in der Technik.
Das Körbchen mit Deckel (grüne Glasur), darauf
Tierfamilie siehe unter den Abbildungen.

Mit dem Ausbau der Keramik, wie dem Ver-
such, sie in die weitesten Schichten des Volkes
zu tragen, beschäftigen sich unsere besten künst-
lerischen Kräfte. Gerade derart für den täglichen
Gebrauch nötige Gegenstände (ähnlich wie z. B.
auch die Korbflechterei in dieser Tatsache ihre
Entwicklung findet) sind ganz besonders geeignet,
das Übel moderner Geschmacksverwilderung an
der Wurzel zu treffen. Die wirtschaftliche Ent-
wicklung der Gegenwart zeigt, (was übrigens im
Frieden längst erkannt war) jetzt auch den
Massen deutlich, daß materialgerechte und künst-
lerisch veredelte Gebrauchsware billiger ist als
der „billige" Schundartikel, der in seiner maschi-
nellen Massenhaftigkeit gleich einer Legion an-
steckender Bazillen zur Massenepedemie der Ge-
schmacksentartung geführt hat. Nur von schein-
bar unbedeutendster Gebrauchsware des täglichen
Lebens kann die Genesung ausgehen und darin
liegt, nebenbei bemerkt, die große kulturelle Auf-
gabe des Kunstgewerbes. (Schluß folgt.)

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