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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 74.1924

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Miller, Simon: Hundert Jahre Kgl. Erzgiesserei F. von Miller in München: (1824-1924)
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N. Z.: Ferdinand von Miller d. ä. und der bayerische Kunstgewerbeverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.8625#0081
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Als das Bruststück der Bavaria zum Guße fertig
war, entzündete sidi der Dachstuhl der Gießerei.
Ebenso wurde das Wrede»Standbild für Heidelberg
unter dem brennenden Dachstuhl gegossen.

Eine Anstalt, die unter solchen oft übermensch-
lichen Schwierigkeiten in hartem Kampf mit den Ele»
menten so viel Schönes und Erhabenes für ihr Vater»
land und alle Völker der Erde geschaffen, wird auch
die schwersten Zeiten deutscher Not und deutscher
Schmach überdauern. Stolz und ungebrochen, wie ihre
ehernen Schöpfungen oben am Niederwald und vor
der bayerischen Ruhmeshalle auf ihren Fundamenten
stehen, so harrt sie der glücklichen Stunde, wo Ger»
mania und Bavaria wieder auf freie deutsche Gaue
niederschauen und wo deutsches Wissen und deutsche

Kunst wieder blühen wie ehedem. — So stellt sich uns
die Geschichte der Münchener Erzgießerei dar als ein
hohes Lied von unermüdlich schaffender, ehrlicher
deutscher Arbeit und deutschem Fleiße, als ein wech»
selvolles Bild bitterer Enttäuschungen und schwerer
Schicksalsschläge, aber auch stolzer Erfolge und jubeln*
der Feste, als ein ruhmreiches Denkmal deutschen
Geistes und deutscher Größe und wenn auch als Zeugin
tiefster deutscher Schmach und Erniedrigung, so doch
in der Erinnerung an die Großtaten deutscher Ge»
schichte, die sie uns durch ihre ehernen Werke geschil»
dert und verewigt, als ein Hoffnungsstern auf eine
bessere vaterländische Zukunft und einen neuen Auf»
schwung deutschen Kunst» und Gewerbefleißes und
damit als sicherer Hort deutscher Kultur. —

FERDINAND VON MILLER D. Ä.
UND DER BAYERISCHE KUNSTGEWERBEVEREIN.

Wenn der Bayerische Kunstgewerbeverein die vor»
liegende Festschrift über das 100jährige Bestehen der
Erzgießerei zur Ausgabe
bringt, so ist es nicht nur
historisches Interesse, das
ihn dazu veranlaßt, obwohl
der Werdegang gerade
dieses Unternehmens für
jeden Kunstgewerbler un-
gemein viel Anregungen!»
hält, sondern den Verein
drängt auch besondere
Dankesschuld, an der sei»
tenen Jubelfeiermitganzem
Herzen Anteil zu nehmen.

Schon die Entstehung
des Bayerischen Kunstge»
werbevereins hängt mit der
Königl. Erzgießerei inso»
ferne zusammen, als die
Enthüllung der Bavaria
den Anstoß zur Gründung
des Vereins gegeben hat.
Damals veranstaltete In-
spektor Miller ein Künst»
lerfest, das Künstler und
Handwerker zusammen»
führte, um dem König
Ludwig I. zu huldigen, der
König hatte bekanntlich den Tag der Enthüllung der
Riesenstatue als den schönsten seines Lebens bezeich»
net und es muß eine ungeheuere Begeisterung gewesen

DAS GOETHE-DENKMAL: CHICAGO

Modell von Professor Hermann Hahn

sein, die damals Künstler und Kunsthandwerker ver»
einte, Der Gedanke, Künstler und Handwerker, diesich

in der Zeit der Entstehung
so zahlreicher monumen»
taler Bauwerke vielfach
nahegekommen waren, zu
planmäßigem kunsthand»
werklichen Schaffen zusam»
menschließen, lag längst in
der Luft, hatte auch schon
zu Vorbesprechungen ge-
führt, aber zur Tat wurde
sie erst aus diesem Fest
heraus. Es war nämlich
auch damals nicht leicht,
Künstler und Handwerker
zusammenzubringen, zu»
mal das Kunsthandwerk
schwer darniederlag, die
Künstler aber die herrlich»
sten Triumphe feierten und
sich des Königs voller
Gunst erfreuten. Aber es
gelang. Baurat Voit, also
ein Architekt als Mittler,
trat an die Spitze der jun»
gen Vereinigung, Inspek»
tor Miller finden wir als
Mitglied des Gründungs»

aussdiusses. Er war, wie er in der ganzen langen Zeit
seines segensreichen Wirkens für den Bayerischen
Kunstgewerbeverein bewies, durchdrungen von dem

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