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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 74.1924

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N. Z.: Ferdinand von Miller d. ä. und der bayerische Kunstgewerbeverein
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https://doi.org/10.11588/diglit.8625#0082
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Grundgedanken des Zu»
sammenarbeitens, der Ge*
meinsamkeit von Künstler
und Handwerker, dieser
Gedanke war allezeit die
Richtschnur seines Han»
delns, und die unübertreff»
liehe Tatkraft, die er als
Leiter der Erzgießerei be»
wies, war ihm auch im
Bayerischen Kunstgewer»
beverein eigen.

Schon kurz nach der
Gründung des Vereins
griff er die Frage des
geistigen Eigentums
an Entwürfen auf,
dessen wirksamen Schutz
er als Vorbedingung für

kunsthandwerkliches
Schaffen erkannte und es
kam auch zu einer Petition
an das Frankfurter Paria»
ment, das freilich die Sache
wie alles verschleppte. Be»
kannt ist sein späteres er»
folgreiches Eintreten für
den Zollschutz des

DAS JAHN-DENKMAL IN MÜNCHEN

Modell Prof. H. Düll und Prof. G. Petzold

deutschen Kunstgewerbes. Diese Bestrebungen
zeigen, daß Ferdinand von Miller schon von Anfang
an neben der künstlerischen auch die wirtschaftliche
Hebung des Kunsthandwerks wirksam in Angriff
nahm und weitblickend betrieb. Im Jahre 1874 trat er
an die Spitze des Vereins. Es geschah das ein Jahr
nach der Wiener Ausstellung, auf der das deutsche
Kunstgewerbe wenig rühmlich vertreten war, also in
einer Zeit der Niedergeschlagenheit und des Verzagt»
seins. Der Deutsche ist ja zu allem darin besonders
eifrig, eigene Mißerfolge breitzutreten und zu allsei»
tiger Entmutigung auszubauen. Linter diesen Um»
ständen ergriff Ferdinand v. Miller die Zügel und was
sein Feuergeist in wenigen Jahren zustande brachte,
steht ohne Beispiel da. Auch jetzt stand ihm ein Ge-
danke allem anderen voran: Vereinigung von Künst»
ler und Handwerker. Und er weiß in klarer Erkennt»
nis augenblicklicher Rückständigkeit der deutschen
Kunstindustrie die verbreitete Mutlosigkeit in zuver»
sichtliche Schaffensfreude umzustellen, daneben ist er
wieder rastlos am Werke, das wirtschaftliche Gerüst
für den kommenden Aufbau aufzurichten. Von allen
Seiten wußte er Gönner und Geldgeber zu finden und
zu begeistern, um das entschlossene Unternehmen einer

Ausstellung zu fördern,
alle deutschen Städte, Bi-
schöfe, Akademien, Ver»

eine, Industrielle und
Künstler, auch KaiserWil»
heim I. gewann er zu dem
großen Werke mitzuhel»
fen. So entstand die Deut»
sehe Ausstellung 1876 in
München, eineTat,mitder
Ferdinand von Miller den
Bayerischen Kunstgewer»
beverein aus kleinen An»
fängen zur führenden Or»
ganisation emporhob und
dem deutschen Kunstge»
werbe mit einem Schlage
wieder einen geachteten
Namen schuf.

Dann begann aber erst
die Arbeit: Damals brach
ein Zeitabschnitt künstle»
rischen Lebens in Mün»
dien an, der durch die
größten Namen gekenn»
zeichnet wird, es begann
eine Bautätigkeit, der un-
sere Stadt ihre herrlichsten
Zierden verdankt und das Kunstgewerbe gedieh in
Bayern wie anderwärts zu höchster Blüte. Was der
Bayerische Kunstgewerbeverein in dieser Zeit seinem
Ehrenpräsidenten Ferdinand von Miller verdankte, ist
am klarsten in einer Adresse ausgesprochen, die Jos.
von Schmaedel zu des Altmeisters 70. Geburtstage
<13. Oktober 1883) verfaßte. Nicht leere Festesworte
sind es, sondern der knappe Inhalt eines jahrelangen
segensreichen Schaffens, wenn es hier heißt: „Erhalten
Sie unserem gemeinsamen Streben Ihren weisen Rat,
Ihre werktätige Sympathie, Ihren begeistern»
den Einfluß und bleiben Sie wie bisher — der
Vater des Vereins."

Vater des Vereins ist Ferdinand von Miller ge»
wesen und geblieben, sein Bild in Erz ziert als einziges
den Festsaal des Vereins und gar manche werden sich
noch des riesigen Zuges erinnern, der sich, von 3000
Fachein erhellt in jener Oktobernacht von der Ett»
Straße aus nach der Erzgießerei bewegte, um dem Jubilar
die freudige Begeisterung der Künstler und Kunst»
handwerker zum Ausdruck zu bringen.

Was die Söhne Ferdinand von Millers, was ins»
besondete Fritz von Miller für den Bayerischen Kunst»
gewerbeverein und für die Wiedererstehung der

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