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Die Kunde — 5.1937

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Nr. 12
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Meier, H.: Sinnbilder und Bauweise der alten Häuser in Dorf und Bauernschaft Lengerich
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https://doi.org/10.11588/diglit.61685#0274

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Lengerich ist ein Zweiständerhaus aus dem Jahre 1713. Ihm fehlt
noch Keller und Upkammer; der Giebel ist dreimal vorgekragt und
zeigt in den Ausfachungen das Zeichen der Mühle; der große Haus-
balken über dem Einfahrtstor ist unverziert. Reichen Giebelschmuck
weist das Böckmannsche Haus von 1776 auf. Außer sinnigen Sprüchen
finden wir an zwei Balken je einen Lebensbaum eingeschnitten, der
nach zwei Seiten rankt, und im Giebelfelde eine Holzkonstruktion, die
einem Baum mit schützend herabhängenden Zweigen ähnlich ist.
In den Bauernschaften kommt sowohl bei Bauern- wie
Heuerhäusern nur das Zweiständerhaus vor. In der älteren Form liegt
hinter der Diele die große Querküche, welche die volle Breite des Hauses
einnimmt. An diese schließen nach rückwärts sich gewöhnlich drei Räume
an. Keller nebst Upkamer liegen entweder in der Mitte, oder an einer
Ecke des Hauses; von ihr führt die Treppe zu dem über den drei Wohn-
räumen liegenden Kornboden. Die Ständer rechts und links der Diele,
die das ganze Gewicht des Daches tragen, heißen „Eeweichstänner".
Bei einzelnen Bauern-, jedoch öfter bei Heuerhäusern sind zu beiden
Seiten der großen Tür noch Vorbauten vorhanden, „Vörschott" ge-
nannt. Diese sind meistens im vorigen Jahrhundert durch Vorziehen
des Giebels beseitigt, so daß bei ihnen die große Tür nicht mehr in
einer Ebene mit der Eiebelwand, sondern weiter zurück im Hause liegt.
Heißt sie sonst „Niendör", so wird sie jetzt „Mitfangsdör" genannt.
Bei den Fachwerkgiebeln großer Bauernhäuser ist in der Zeit bis
1800 eine dreifache Vorkragung üblich, bei kleineren eine doppelte. Seit
diesem Zeitpunkt verschwindet diese Vorkragung immer mehr, und die
Giebel weisen nun eine glatte Fläche auf, aus der nur die Balken noch
etwas hervortreten. Die Sprüche, die in die Balken eingeschnitten sind,
sind in der Bauernschaft meistens der Bibel entnommen. Außer an dem
Tragbalken, der immer besonders reich geschmückt ist, findet sich mehr-
fach auch ein Spruch am Hahnenbalken. Wie uns die alten Giebel
zeigen, wurden im 18. Jahrhundert von den Bauern und Zimmer-
leuten unserer Bauernschaften folgende alte Sinnbilder als Haus-
schmuck verwandt:
Der Mittelständer des Giebels ist oft deutlich als Lebensbaum
gekennzeichnet, entweder durch Verbreiterung des unteren Endes oder
durch das Einzeichnen einer Vase mit dem Lebensbaum. Wir finden
ihn außerdem noch als Ranke auf dem unteren tragenden Giebelbalken
oder als Dreisproß aus eine Vase kommend in dem oberen Mäkelklotz.
In den ausgefachten Feldern des Giebels finden wir häufig die Mühle,
und in der Giebelspitze das Rautenmuster, letzteres entsteht gewöhnlich
durch die Schrägstellung der Balken; zeigt der Giebel aber eine Bretter-
wand, so werden in der Eiebelspitze auch Latten in Rautenform auf-
genagelt. Vor 1780 kommen diese drei Sinnbilder im allgemeinen
immer zusammen vor, nach 1780 fehlt oft die Mühle, immerhin kommt
diese in Verbindung mit den beiden andern Sinnbildern in den
Bauernschaften sechzehnmal vor. Bei vier Bauernhäusern sind an den

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