grenze festgestellt, die über Artlenburg, Echem, Lüdersburg, Rosenthal,
Garlstorf und Radegast läuft. Diese Dörfer und die zwischen ihnen und
der Elbe liegenden weisen in ihrer Mundart auf einen sprachlichen Ein-
fluß von der gegenüberliegenden Geest hin, also dem südlichen Herzogtum
Lauenburg. Reinstorf schließt daher auf eine Mitbesiedlung der Elb-
marsch vom Herzogtum Lauenburg. Danach wäre es möglich, daß bei der
Besiedlung der Elbmarsch von den Geestbewohnern Lauenburgs auch das
Durchfahrtshaus mit herübergebracht worden ist. Durch die dauernde Be-
einflussung von Süden und Westen her wäre dann das Durchfahrtshaus
in der Elbmarsch vom Flettdielenhaus verdrängt worden.
Oas „Zweite Gesicht" unö öie Eiöetik.
Von Dr. Karl Schmeing.
Gibt es das „Zweite Gesicht" überhaupt? Gibt es heute noch
Menschen, die mehr sehen als andere? Was soll man von den zahl-
reichen Erzählungen halten, die von Vorschau und Erfüllung der
Vorschau oder von Spuk und Geistern und anderen visionären Erlebnissen
berichten? Wahrheit oder Irrtum, Wirklichkeit oder Phantasie? Was ist
daran?
Eine Fülle von Fragen, die wir heute weitgehend beantworten können.
Die eigenartige und viel umstrittene Erscheinung des Zweiten Gesichts ist
auch heute noch lebendig. Sie beruht auf der sog. eidetischen Anlage,
die erst in den letzten Jahrzehnten wissenschaftlich erforscht ist und in
erster Linie bei Kindern vorkommt, aber auch bei Erwachsenen sehr
ausgeprägte Formen annehmen kann. Es handelt sich dabei um eine Art
„gesunder Halluzinationen", die in hochgradigen Fällen mit voller Wirk-
lichkeitstreue auftreten. Es gibt Kinder, deren gesamtes Vorstellungsleben,
Erinnerungen, Phantasien usw. in leibhaftig sichtbaren bewegten Bildern
abläuft. Berühmte Dichter wie Goethe, Theodor Storm, Hermann
Stehr waren Eidetiker, ebenso ist es in hohem Grade Gustav Frenßen. Er
sah die Gestalten seiner Romane vielfach so vollkommen lebensdeutlich bei
sich im Arbeitszimmer, daß er einen Bogen um die Stelle machte, wo
sie standen. Er hörte sie sprechen, lachen und weinen und konnte „wie ein
stummer Protokollführer" aufschreiben, was sie sagten. Aber Frenßen ist
kein Vorschauer, seine visionären Erlebnisse bleiben innerhalb seines
künstlerischen Schaffens. Es ist auch nicht so, daß nun die eidetische An-
lage besonders häufig bei phantasievollen und geistig sehr lebendigen
Personen auftritt, sie findet sich in hochgradiger Form auch bei Schwach-
38
Garlstorf und Radegast läuft. Diese Dörfer und die zwischen ihnen und
der Elbe liegenden weisen in ihrer Mundart auf einen sprachlichen Ein-
fluß von der gegenüberliegenden Geest hin, also dem südlichen Herzogtum
Lauenburg. Reinstorf schließt daher auf eine Mitbesiedlung der Elb-
marsch vom Herzogtum Lauenburg. Danach wäre es möglich, daß bei der
Besiedlung der Elbmarsch von den Geestbewohnern Lauenburgs auch das
Durchfahrtshaus mit herübergebracht worden ist. Durch die dauernde Be-
einflussung von Süden und Westen her wäre dann das Durchfahrtshaus
in der Elbmarsch vom Flettdielenhaus verdrängt worden.
Oas „Zweite Gesicht" unö öie Eiöetik.
Von Dr. Karl Schmeing.
Gibt es das „Zweite Gesicht" überhaupt? Gibt es heute noch
Menschen, die mehr sehen als andere? Was soll man von den zahl-
reichen Erzählungen halten, die von Vorschau und Erfüllung der
Vorschau oder von Spuk und Geistern und anderen visionären Erlebnissen
berichten? Wahrheit oder Irrtum, Wirklichkeit oder Phantasie? Was ist
daran?
Eine Fülle von Fragen, die wir heute weitgehend beantworten können.
Die eigenartige und viel umstrittene Erscheinung des Zweiten Gesichts ist
auch heute noch lebendig. Sie beruht auf der sog. eidetischen Anlage,
die erst in den letzten Jahrzehnten wissenschaftlich erforscht ist und in
erster Linie bei Kindern vorkommt, aber auch bei Erwachsenen sehr
ausgeprägte Formen annehmen kann. Es handelt sich dabei um eine Art
„gesunder Halluzinationen", die in hochgradigen Fällen mit voller Wirk-
lichkeitstreue auftreten. Es gibt Kinder, deren gesamtes Vorstellungsleben,
Erinnerungen, Phantasien usw. in leibhaftig sichtbaren bewegten Bildern
abläuft. Berühmte Dichter wie Goethe, Theodor Storm, Hermann
Stehr waren Eidetiker, ebenso ist es in hohem Grade Gustav Frenßen. Er
sah die Gestalten seiner Romane vielfach so vollkommen lebensdeutlich bei
sich im Arbeitszimmer, daß er einen Bogen um die Stelle machte, wo
sie standen. Er hörte sie sprechen, lachen und weinen und konnte „wie ein
stummer Protokollführer" aufschreiben, was sie sagten. Aber Frenßen ist
kein Vorschauer, seine visionären Erlebnisse bleiben innerhalb seines
künstlerischen Schaffens. Es ist auch nicht so, daß nun die eidetische An-
lage besonders häufig bei phantasievollen und geistig sehr lebendigen
Personen auftritt, sie findet sich in hochgradiger Form auch bei Schwach-
38