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Die Kunde — N.F.21.1970

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Schünemann, Detlef: Tagung des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung vom 23.-26. September 1970 in Göttingen: Besichtigungen und Exkursionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.73397#0165
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die Spuren einer karolingischen Kirche erkannt. Einzelne offene Fragen sollen
durch kleinere Grabungen im Burggebiet noch geklärt werden.
Bei Rosdorf, 3 km südwestlich von Göttingen, erklärte Fräulein B.Grodde-
Braun Teilergebnisse der mehrjährigen Grabungen an der bandkera-
mischen Siedlung, an denen eine Reihe von Doktoranden des Göttinger
Seminars für Vor- und Frühgeschichte mitgewirkt haben. In Bereich dieser
Siedlung sind allerdings auch Gruben der Bronzezeit, der Hallstattzeit und
der vorrömischen Eisenzeit angetroffen worden. Klare Pfostenverfärbungen
erlaubten das Aussortieren von etwa 36 Hausgrundrissen bzw. Hausresten.
Bei der Diskussion im Gelände ergab sich, daß für den seinerzeit von
E. Sangmeister beobachteten geringfügigen Wechsel der Hausorientierung
bei erforderlicher Neuanlage des Dorfes noch keine Anhaltspunkte vorlagen. -
Prof. Dr. B. Meyer erläuterte eigentümliche Gruben, die zur Hälfte mit
hellem Löß, zur andern Hälfte mit Schwarzerde gefüllt waren. Im Göttinger
Raum bringt gerade die Zusammenarbeit zwischen Vorgeschichtlern und
Bodenkundlern reiche Ergebnisse; ehemalige Abtragungen, Abschwemmungen
oder Auflagerungen im Bereich von urgeschichtlichen Siedlungen wären ohne
Bodenkundler kaum zu deuten. - Die Grabung bei Rosdorf wird übrigens
1970 enden.
Am Spätnachmittag erreichten wir die erstmals 1289 erwähnte Fried-
landburg unweit des bekannten Durchgangslagers. Im Mittelalter bildete
die Burg einen Bestandteil der Grenzsicherung zwischen den welfischen
Ländern und der Landgrafschaft Hessen. Bemerkenswerterweise liegt das
mittelalterliche Kernwerk, an dem schon C. Schuchhardt grub, unten am Hang
(über der Eisenbahn), während die Vorburg sich am Hang hinaufzieht. Im
höchstgelegenen Teil hatte man den Wall der Vorburg geschnitten; Dr. M. Last
und Dr. H. Roth erklärten eine ältere Trockenmauer, eine darüber angelegte
jüngere Mörtelmauer und führten die auf einem Tisch ausgebreitete mittel-
alterliche Keramik vor.
Nach Einbruch der Dunkelheit gelangten die Tagungsteilnehmer zum Gut
in Wolbrechtshausen und folgten damit einer Einladung der Familie
des Grafen von Hardenberg-Wolbrechtshausen. Das Gutshaus füllte sich mit
erwartungsfrohen Vorgeschichtlern, die wie selbstverständlich von allen zur
Verfügung gestellten Räumen „zwanglos" Besitz ergriffen. Zunächst nur
zögernd einen der angebotenen Appetit-Happen ergreifend, langte man bald
kräftiger zu, nachdem Spürnasen erkundet hatten, daß ausreichende Mengen
- sozusagen ein komplettes Abendessen - sowie Stapel von Bierkisten be-
reitstanden. Die herzliche Art, in der serviert wurde, ließ etwas von echter
altdeutscher Gastfreundschaft spürbar werden; der etwa 12jährige Sohn des
Grafen löste seine Aufgabe als Servierer ebenso spielerisch wie charmant
und steckte manchen mit seiner Heiterkeit an. Der Senior des Hauses, Herr
von Lente, erläuterte bei einem echten „Hardenberger Korn" die Grund-
lagen, auf denen die Führung eines derart großen Gutes heutzutage möglich
ist. In einem anderen Raum widmete sich Gräfin von Hardenberg in
liebenswerter Weise der unübersehbaren Gästeschar. Ich glaube feststellen
zu dürfen, daß der Begrüßungsabend im Hause von Hardenberg ein wohl
gelungener Höhepunkt war, besonders auch deswegen, weil man im Rahmen
dieser „Stehparty" den Kontakt zum Fachgenossen besonders gut und viel-
fältig pflegen konnte. Der herzliche Dank aller Teilnehmer für diesen Abend

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