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Die Kunde — N.F.21.1970

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Schünemann, Detlef: Tagung des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung vom 23.-26. September 1970 in Göttingen: Besichtigungen und Exkursionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.73397#0167
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Während die Pfalz Grona bei Göttingen mehr dem „politischen Alltag"
diente, trat Pöhlde - 927 königlicher Hof „Palithi" - als „Festtagspfalz" her-
vor; Königsbesuche sind häufig beurkundet. Das mag damit zusammenhängen,
daß in Pöhlde Pfalz und Kloster miteinander verbunden waren. Besonders
häufig feierten die deutschen Könige hier das Weihnachtsfest; das bekannte
Lied „Es ist ein Ros' entsprungen" wurde hier gedichtet. An die große Ge-
schichte Pöhldes erinnert der Teil eines Chorgestühls von 1248, der König
Heinrich I. darstellt.
Die Geschichte Pöhldes ist eng verbunden mit der zum Hofe gehörenden
civitas, der Burg. Diese liegt als „König Heinrichs Vogelherd" ober-
halb von Pöhlde auf dem Rotenberg am „Fastweg", jener uralten Ost-West-
Verbindung am Südrand des Harzes. Wegespuren im Gelände führen von
der Burg zum Gebiet der Kirche (= Pfalzgelände) in Pöhlde hinab.
Wegen der nassen Witterung, die die erste Gruppe der Teilnehmer hatte
völlig durchnässen lassen, war von Dr. M. Claus für „Gehbehinderte" ein
Pendeldienst zur Burg auf dem Rotenberg eingerichtet worden. Das Selbst-
zeugnis einer - wenn auch nur Geh- Behinderung mochte sich indes in unserer
Gruppe kaum ein Vorgeschichtler ausstellen, so daß die vier Fahrzeuge
eigentlich nur mit dem Fahrer besetzt nach oben fuhren; die Masse spurtete
hinterdrein.
Dr. M. Claus erläuterte dann auf „König Heinrichs Vogelherd" diesen
geschichtsträchtigen Ort aus der Gründungszeit des Reiches und vor allem die
Ergebnisse seiner langjährigen Grabungen vor einer jener neu aufgestellten
Besucher-Erläuterungstafeln („wisch- und kratzfest, nur hin und wieder mit
Auto-polish polieren"). In ein nach neuerer Ansicht ebenfalls erst früh-
geschichtliches Burgoval von 220:120 m Ausdehnung (Holz-Erde-Kastenkon-
struktion mit vorgelegter Blendmauer) wurde etwas später das runde Kern-
werk (100 m 0; 2 m starke Mauer mit Gips gemörtelt) eingesetzt unter teil-
weiser Schleifung der älteren Anlage. Die beiden ins Kernwerk hinein-
führenden Zangentoranlagen, zwecks besserer Erhaltung des Befundes sonst
mit Erde abgedeckt, waren für die Besucher erneut freigelegt worden. Die
Keramik der Burg entspricht der des Pfalzgeländes (8.-10. Jh.); C14-Daten der
Vorburgwälle beweisen deren frühgeschichtlichen Ursprung. Spuren längerer
Benutzung oder fester Bebauung des Burginnenraumes sind nicht nach-
gewiesen, wodurch der Fluchtburgcharakter hervorgehoben ist.
Um die Mittagszeit ließ der Regen gänzlich nach, und man gelangte zum
verdienten Mittagessen im Restaurant „Dammkrone" an der Sösetalsperre,
wo frische Harzer Forellen besonders gefragt waren.
Anschließend ging es zur Pipinsburg bei Osterode, wo Dr. M. Claus
den im frischen Ostwind standhaft vor sich hin frierenden Tagungsteilnehmern
(Abb. 2) einen weiteren Schwerpunkt langjähriger niedersächischer Burgen-
forschung erläuterte. Der Übersicht halber besuchte man nicht selbst die
einzelnen Wallabschnitte, sondern betrachtete sie aus gebührender Distanz.
Auf mittels Sprechfunk gegebene Kommandos - „Gerhard laufen" - tönte es
zurück - „ich laufe" - und dann lief „Gerhard" den jeweils erklärten Wall-
abschnitt entlang.
Nach den Worten von Dr. M. Claus sind hier drei Kulturschichten und
Befestigungsperioden zu unterscheiden; der hohe Innenwall selbst ist ebenfalls

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