zusammengeschlossen und aus der Kette der übrigen Ereignisse herausgelöst; denn
für alle späteren Phasen der Bathsebageschichte ist die typologische Auslegung der
im 13. Jahrhundert entstandenen Handschrift beibehalten.
Bezeichnend für die neue Rolle, die der Frau des Urias im späten Mittelalter zu-
erkannt wird, ist die Aufnahme der Bathsebageschichte in das Buch, das der Che-
valier de la Tour Landry 1371 zur Belehrung seiner Töchter verfaßte41. In dem
Kapitel mit dem Titel „Von dem Kämmen vor den Leuten“ wird hier von Bathseba
berichtet, die durch den gefallsüchtig gewährten Anblick ihres schönen Haares den
König zu Ehebruch und Mord verleitet habe. In der Eitelkeit Bathsebas wird somit
die Ursache allen Übels gesehen, und zugleich erfährt man, durch welchen ihrer
weiblichen Reize sich der König blenden ließ. — Es sind ganz praktische, prosaische
Erwägungen, die in diesem Buche zur Erzählung der Bathsebageschichte führen:
Erfahrungen der eigenen Jugend machen den Ritter um die Zukunft seiner Töchter
besorgt. So gibt er ihnen Ratschläge, um sie vor Gefahren zu warnen, die ihrer Tu-
gend allenthalben drohen. Die Beispiele, die er zu ihrer Belehrung mit Hilfe eines
Geistlichen zusammengestellt hat, beziehen sich vor allem auf Liebe und Ehe. Ob-
wohl der Ritter de la Tour Landry sein Buch mit einer poetischen Traumerzählung
beginnt, unterscheidet es sich in seiner nüchternen Tendenz von jener Liebes-
literatur, in der das Leben und die Liebe als galantes Spiel erscheinen. Solche Ideen
spiegeln sich in einem zweiten Teil spätmittelalterlicher Bathsebadarstellungen, ohne
daß der biblischen Geschichte in diesen Büchern direkt Erwähnung getan wird42.
Noch anderen Geistes als alle bisher erwähnten Texte des ausgehenden Mittel-
alters ist die Erwähnung der Bathsebageschichte in den „Trionfi“ Petrarcas43. Hier
folgt David dem Triumphwagen Amors in der Schar all derer, die der Macht des
Gottes unterlagen. Die Liebe erscheint in dieser Dichtung als das zentrale Erlebnis
des menschlichen Lebens, durch welches der Geist zu höheren, geläuterten Erkennt-
nissen geführt wird. Noch einmal wird der Bogen von diesseitigem Geschehen zu
überzeitlichen Gültigkeiten gespannt. Der Erkenntnisweg aber ist genau umgekehrt
wie im Mittelalter. Dort ging das Wissen um einen heilsgeschichtlichen Sinn aller
irdischen Vorgänge ihrer Deutung voraus, bei Petrarca jedoch erfolgt die Einsicht
in rein geistige Zusammenhänge aus der Erfahrung irdischer Unzulänglichkeiten.
Dieser Aufstieg tritt uns in den „Trionfi“ als ein Erlebnis von elementarer Un-
mittelbarkeit entgegen, die Liebe aber, durch die auch David zu Fall kam, erscheint
als ein über allen Menschen waltendes Verhängnis von tragischer Größe.
2. Die Bathsebadarstellungen des späten Mittelalters
a) Der höfische Typus
An den Anfang der Betrachtung der Bathsebadarstellungen des späten Mittelalters
gehören die Miniaturen der Bible Moralisee. Denn hier erscheint die Badeszene als
Illustration eines Textes, in dem die neue Auffassung von der Bathsebageschichte
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für alle späteren Phasen der Bathsebageschichte ist die typologische Auslegung der
im 13. Jahrhundert entstandenen Handschrift beibehalten.
Bezeichnend für die neue Rolle, die der Frau des Urias im späten Mittelalter zu-
erkannt wird, ist die Aufnahme der Bathsebageschichte in das Buch, das der Che-
valier de la Tour Landry 1371 zur Belehrung seiner Töchter verfaßte41. In dem
Kapitel mit dem Titel „Von dem Kämmen vor den Leuten“ wird hier von Bathseba
berichtet, die durch den gefallsüchtig gewährten Anblick ihres schönen Haares den
König zu Ehebruch und Mord verleitet habe. In der Eitelkeit Bathsebas wird somit
die Ursache allen Übels gesehen, und zugleich erfährt man, durch welchen ihrer
weiblichen Reize sich der König blenden ließ. — Es sind ganz praktische, prosaische
Erwägungen, die in diesem Buche zur Erzählung der Bathsebageschichte führen:
Erfahrungen der eigenen Jugend machen den Ritter um die Zukunft seiner Töchter
besorgt. So gibt er ihnen Ratschläge, um sie vor Gefahren zu warnen, die ihrer Tu-
gend allenthalben drohen. Die Beispiele, die er zu ihrer Belehrung mit Hilfe eines
Geistlichen zusammengestellt hat, beziehen sich vor allem auf Liebe und Ehe. Ob-
wohl der Ritter de la Tour Landry sein Buch mit einer poetischen Traumerzählung
beginnt, unterscheidet es sich in seiner nüchternen Tendenz von jener Liebes-
literatur, in der das Leben und die Liebe als galantes Spiel erscheinen. Solche Ideen
spiegeln sich in einem zweiten Teil spätmittelalterlicher Bathsebadarstellungen, ohne
daß der biblischen Geschichte in diesen Büchern direkt Erwähnung getan wird42.
Noch anderen Geistes als alle bisher erwähnten Texte des ausgehenden Mittel-
alters ist die Erwähnung der Bathsebageschichte in den „Trionfi“ Petrarcas43. Hier
folgt David dem Triumphwagen Amors in der Schar all derer, die der Macht des
Gottes unterlagen. Die Liebe erscheint in dieser Dichtung als das zentrale Erlebnis
des menschlichen Lebens, durch welches der Geist zu höheren, geläuterten Erkennt-
nissen geführt wird. Noch einmal wird der Bogen von diesseitigem Geschehen zu
überzeitlichen Gültigkeiten gespannt. Der Erkenntnisweg aber ist genau umgekehrt
wie im Mittelalter. Dort ging das Wissen um einen heilsgeschichtlichen Sinn aller
irdischen Vorgänge ihrer Deutung voraus, bei Petrarca jedoch erfolgt die Einsicht
in rein geistige Zusammenhänge aus der Erfahrung irdischer Unzulänglichkeiten.
Dieser Aufstieg tritt uns in den „Trionfi“ als ein Erlebnis von elementarer Un-
mittelbarkeit entgegen, die Liebe aber, durch die auch David zu Fall kam, erscheint
als ein über allen Menschen waltendes Verhängnis von tragischer Größe.
2. Die Bathsebadarstellungen des späten Mittelalters
a) Der höfische Typus
An den Anfang der Betrachtung der Bathsebadarstellungen des späten Mittelalters
gehören die Miniaturen der Bible Moralisee. Denn hier erscheint die Badeszene als
Illustration eines Textes, in dem die neue Auffassung von der Bathsebageschichte
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