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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 2
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Schmidkunz, Hans: Kunstpädagogik, [1]
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Fuchs, Georg: Darmstädter Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0031
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Nr. 2

Die Aun st-Halle

2l

Abgesehen davon hat eine spezielle moderne
Kunstbewegung, nämlich die nach einer Reform
unseres Städtebaues, die Erwägung nahegelegt, ob
nicht im Ganzen die gegenwärtige Ausbildung des
Architekten zu sehr mathematisch und technisch und
zu wenig künstlerisch sei. Zu entscheiden haben
darüber natürlich nicht wir; aber beim Anblick unserer
so öde schachbrettartigen Neustädte darf wohl auch
uns die Vermuthung auftauchen, daß der Unterricht
in der Architektur noch einer Verstärkung nach der
ästhetischen Seite bedarf. (Schluß folgt.)

varmlättter Auim- unö
IWstgewerbe - Ausstellung
Von Georg Luchs.
b^Nie erste Darmstädter Kunst.Ausstellung wurde am
20. September von ihrem Protektor, dem Groß-
Herzoge von Hessen, eröffnet. Sie umfaßt etwa
350 Nummern in fämmtlichen neuhergerichteten Räumen
der vom hessischen Kunstvereine zur Verfügung gestellten
Kunsthalle, und zerfällt in zwei selbständige Abteilungen:
g.. Gemälde-Ausstellung der „Freien Vereinigung
Darm ft ädter Kunst le r", b. Moder nesKun st gewerbe,
Kleinkunst- und Zimmer-Ausstattung."
Die „Freie Vereinigung" hat sich ungefähr nach den
gleichen Grundsätzen gebildet, wie die für die Aussteller-
Gruppen Deutschlands vorbildlich gewordene Sezession in
München. Sie besteht aus 8 Künstlern, die als das
einigende Prinzip nicht das zufällige Zusammenwohnen
an einem Vrte, sondern die innere künstlerische Zusammen-
gehörigkeit aufstellten. So kam es, daß die „Freie Ver-
einigung" eben nur diese 8 Künstler umfaßt, und diese
ihrerseits nur solche Maler hessischer Abstammung zur
Betheiligung geladen haben, die ihnen vorbildlich oder
gleichstrebend erschienen. Das ist allerdings in einer
merkwürdig einseitigen Weise geschehen. Hessische Künstler
wie Peter Halm in München, Altheim in Frankfurt,
Leo Kayser, H. Zernin, D. Engel in Berlin hätten
nicht fehlen dürfen.
An der Spitze der Vereinigung steht Wilhelm
Bader, eine echte, aufrichtige Künstlernatur, ein Maler,
dem zwar nicht jene zweideutigen Gaben verliehen
wurden, durch die man die große Masse zu rasch-
verbrausenden Beifallstürmen hinreißt, dem aber zweierlei
zum Lrbtheil wurde, das man stets hoch zu schätzen bereit
sein solü eine unverfälschte, eigenartige poetische Natur-
Auffassung und jene, selbst bei Malern von viel größerer
technischer Veranlagung äußerst seltene Fähigkeit, ge-
schloffene Wirkung, stilistisch besonderen Charakter zu er-
zielen. Werke, wie der edel durchgebildete Männerkopf
„Das Alter", wie die drei kleinen Aquarelle „Windig
Wetter", „Abend am Bach", „Zn der Dämmerung", und
das größere Gelgemälde „Melancholie" können nicht
veralten. Sie werden ihren schmückenden Werth auch
dann nicht verlieren, wenn moderne Bilder, die sie
technisch bedeutend überragen, „ungenießbar" geworden

sein werden. Bader ist eben nicht nur ein Maler, er
ist auch Künstler und das Zusammentreffen dieser beiden
Gualitäten ist in der Gegenwart, da die technischen
virtuosen und Jongleure oben auf sind, viel, viel seltener
als man glaubt. — Bader ist von allen Mitgliedern der
Vereinigung, die alle noch jung an Jahren sind, bei weitem
die reifste, charakteristischste Persönlichkeit. Er hat es
bereits zu einer gewissen Uebereinstimmung gebracht
zwischen seinem Wollen und Können. Nur selten ver-
sagen ihm die Ausdrucksmittel, die Poesie seiner inner-
lichen Vorstellungen kommt zwar mit einfachen Mitteln,
aber ergreifend zur Erscheinung. Melancholisch, träumerisch
und oft wehmüthig ist die Grundstimmung seiner Werke.
Sie haben etwas Musikalisches, voll und stark Empfundenes.
Er giebt sein Bestes aus lebhaft und warm empfindendem
Gemüthe: daher das Sympathische seiner Schöpfungen.
Bader zeigt auch den heimathlichen Zug sehr stark,
der sich so erfreulich in der ganzen Ausstellung bekundet,
und den immer kräftiger zu entwickeln das eifrig erstrebte
Ziel all dieser Maler bilden sollte. Denn in der Heimath
ruhen die Wurzeln ihrer Kraft. Der nervöse und in
seinen letzten Wirkungen durchaus schädliche Wettkampf
der Techniker auf den großen internationalen Ausstellungen
scheint mir zu Ende zu gehen, wenigstens hoste ich es!
Die besten Künstler aller Völker beginnen zu ahnen, daß
nichts dabei herauskommt, wenn man nur darauf aus ist,
die Rivalen mit technischen Raffinements zu übertrumpfen.
Man beginnt Einkehr zu halten und in der Erschöpfung
der Poesie der Heimath das Heil zu suchen, und hier wird
man es finden, wie es dereinst die großen Meister der
Vorzeit fanden. Ich erinnere nur an den Dachauer,
Worpsweder, Karlsruher Künstlerbund rc. Ein hessischer
Künstler war es, der unter den Modernen neben Hans
Thoma diese Rückkehr in die Heimath und ihre Schönheit
am vollgültigsten zum Ausdruck brachte: Heinz Heim.
Man hat zum Lhrengedächtnisse des großen Toten, das
die Erinnerung an unsere Modegrößen unendlich über-
dauern wird, 2 Delgemälde („Schnitterin", „Damen-
bildniß"), und eine Zeichnung, den berühmten „Apfeldieb"
aus Privatbesitz und 2 Delgemälde („Meditation",
„Lesendes Mädchen", aus dem Nachlasse aufgestellt. Die
beiden letztgenannten Werke sind die einzigen größeren
Arbeiten Heim's, die noch nicht in festen Händen sind.
Es ist ehrenvoll für die jungen, hessischen Künstler,
daß sie dem Beispiele Heim's Folge geleistet haben, und
der schöne Erfolg ihrer Ausstellung wird sie gewiß in
dieser heimathlichen Richtung bestärken. Richard Hölscher
vertritt sie wohl am entschiedensten, sowohl in seinen klaren,
scharf aufgefaßten Landschaften („Sommerabend" auf der
Schwalm", „Im Abendlicht") wie in seinen figuralen
Versuchen. Namentlich zeigt sein „Bürgermeister" einen
kräftigen, genialen Ton und eine Charakteristik, die sehr
sympathisch auställt. — Paul Rippert liebt dagegen
glühende, romantische Akkorde, die am Glücklichsten in
der Delskizze „Bei Sonnen-Aufgang" zu Tage treten,
nächst dem in dem düsteren „Waldbrande". Sein reifstes
Bild ist aber wohl der „Sturm". — Melchior Kern
zeigt in seiner weichen Technik Anregungen der Schotten
und der Dachauer, die er aber zu ganz anderen Stimmungen
hinzuführen bemüht ist. Das ergiebt sich aus den heimath-
lichen Motiven. Sein „Feierabend" ist ein überraschend
gutes Bild. Adolf Beyer ist ein tüchtiger Zeichner und
auch im koloristischen vortrage von Landpartien und
 
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