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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 2
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Fuchs, Georg: Darmstädter Kunst- und Kunstgewerbe-Ausstellung
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Haller, Armin: Ein Brief Friedrich Geselschap's
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0032

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22

Die Aun st-Halle

Nr. 2

blühenden Miesen sehr geschickt, jedoch noch ohne besondere
Eigenart. PH. M. Schäfer endlich fällt ganz aus dem
Rahmen der Vereinigung. Irr seinem Kolossalbilde
„Zentaurenkampf" steht er, bei unzureichender Technik
und Komposition, unter dem Einflüsse des Rubens. Die
Heimathlichkeit fehlt, das, was den andern, die gewiß keine
weltbewegende Genies sind, das Besondere, Feine, Künst-
lerische verleiht.
Nur ein Bildhauer gehört der Vereinigung an:
Ludwig Habich, ein glänzend veranlagter Kleinplastiker.
Von einigen Arbeiten Stuck's, Geigers und Hermann
Hahn's abgesehen, hat Habich keinen deutschen Rivalen
in der Klein-Bronze zu fürchten; er ist auch Th. von
Gosen, der hier mit einer hübschen Schmuckschale ver-
treten ist, überlegen. Ein echter Klein-Plastiker „wird
geboren", wie ein genialer Malzerkomponist oder Minia-
turenmaler geboren wird, er ist keine „Unterart" des
Nonumental-Künstlers. Die Modelleure der höfischen
Porzellan-Manufakturen des vorigen Jahrhunderts schufen
Klassisches auf diesem Gebiete. Dann verlor sich die
Tradition, und erst die genannten Künstler haben sie
wieder ausgenommen. Freilich im Charakter der Bronze,
nachdem französische und englische Meister wie Fremiet,
Tarier, Meunier, Valgren, Tarabin, Frampton u. a. an-
regend gewirkt hatten. Habich's „Narziß", nach der Natur
in Kalkstein gehauen, zeigt ihn noch schwankend zwischen
den Bedingungen der Groß-Skulptur und der Klein-
plastik, ebenso noch der „Flötenspieler" in Bronze, obwohl
beide Merke schon in der Behandlung ephebenhafter
Formen äußerst reizvoll wirken und nur von ganz wenigen
neueren deutschen Skulpturen erreicht wurden. Aber man
vergleiche die zum „Flötenspieler" als Pendant aufgestellte
weibliche Statuette, um sofort den Mesensunterschied
zwischen beiden Skulpturarten zu erfassen. Dort, im
„Flötenspieler" noch ruhige, strenge Linien, hier kalte Pose,
pikante Aebergänge, lustige kapriziöse Linien, namentlich
in der Rücken- und Seitenansicht. Mie spielend leicht
und lebendig der liegende Hund (Briefbeschwerer), wie
niedlich und launig die „Nixe mit Muschel", wie bedeutend
endlich das Prachtstück der Kollektion, das als Buchauflage
gedachte „Knieende MädchenI" Ganz in den Dienst der
angewandten Kunst stellt sich Habich mit seinem „Zier-
schlüssel" und in dem pikanten Deckel zu einem Glaskruge
von Galle, sie, wie die Bronzen von den „Vereinigten
Werkstätten für Kunst im Handwerk" in München gegossen
wurden. Die höchst charakteristische Büste des Großherzogs
von Hessen in Marmor giebt ihn auch in der großen
Skulptur sehr vortheilhaft, aber in der Klein-Skulptur
scheint er mir in Deutschland nicht erreicht!
Die geladenen Künstler sind natürlich auch alle ge-
borene Hessen: Ludwig von Löfftz („Marathon"), Eugen
Bracht („Kastellaner in den Seealpen"),LduardSelzam,
der ausgezeichnete Mald- und Iagdmaler der Münchener
Sezession, und Ludwig von Hofmann („Frauen am
Meere", „Badende Mädchen", „Abendwolken", „Sonnen-
strahl").
Die Abtheilung für modernes Kunstgewerbe,
Kleinkunst und Zimmer-Ausstattung ist von dem
Kunstverleger Alexander Koch vollständig veranstaltet
worden. Sie zeichnet sich vor den Münchener und Berliner
Ausstellungen dieser Art dadurch aus, daß es Herrn Koch
hier gelungen ist, in H Räumen wirkliche Zimmer zu

charakterisiren, aus denen sich entnehmen läßt, wie die
Erzeugnisse der modernen Richtung ungefähr in der
praktischen Anwendung wirken. Ueberdies enthält die
Ausstellung eine beträchtliche Anzahl neuester Erzeugnisse
der führenden Künstler, welche hier zum ersten Male vor
ein größeres Publikum gebracht wurden. In der That ist
diese Ausstellung sehr wohl geeignet, im gebildeten
Publikum das Gefühl für die neue deutsche Kunst des
wohnens zu erwecken. Sehr interessant ist namentlich
das von Milhelm Michael in München eingerichtete
„Blaue Zimmer", sogenannte „Verwandlungs-Möbel" nach
einem von Alex. Koch angegebenen System, welches
denjenigen gebildeten Kreisen, die auf Miethwohnungen
angewiesen sind, gleichwohl aber auf eine originelle
und künstlerische Innen-Ausstattung nicht verzichten
wollen, ermöglichen soll nach verschiedenen Grundrissen
hübsche Plauderwinkel und ähnliche Einbauten unmittelbar
durch die Stellung der Möbel zu bilden. Das „rothe
Zimmer" enthielt die bekannten Möbel von B e rlepsch mit
Reliefmaserfüllungen. Im Kebrigen sind fast alle her-
vorragenden Künstler und kunstgewerblichen Anstalten, die
den neuen Stil pflegen, in vortrefflicher Auswahl ver-
treten, namentlich Eckmann, dessen prächtige neuen
Tapeten und Stühle zu seinen besten Arbeiten gehören,
ferner Hans LH r istiansen, die Familie von Heider,
Schmuz-Baudiß, Läuger, Karl Groß, Riemer-
schmid, Lndell, Halbe, Engelbrecht, Kellner und
Min hart, Köpping, Momme Nissen, Mohrbutter
(Scherrebeker-Mebereien), Stolz, Wilhelm und Lind
in München, Bildhauer Hans Zeißig in Berlin (Wäsche-
schrank! etc. — Von G. Niscini in Rom ist eine größere
Gruppe von über Natur geformten und in Bronze gegosse-
nen Amphibien mit Blättern und Insekten zu sehen.
Treffliche Arbeiten sind auch die Plaketten von Varnesi-
Frankfurt. — Emil Galle (Nancy) hat hier seine erste
große Kollektion, die nach Deutschland kam, zum ersten
Male gezeigt. Sie umfaßt feine bekannten Kunstgläser und
Fayencen und eine große Gruppe von Möbeln mit wunder-
baren Intarsien, deren konstruktive Ausgestaltung aber zu
schrullenhaft ist. Ls sind mehr „Phantasien über Möbel." —
Man kann die Veranstalter dieser ersten Darinstädter
Ausstellung zu ihrem Erfolge nur lebhaft beglückwünschen.
Sie haben sich klug von der Rivalität mit München, Berlin
und Dresden fern gehalten und so etwas Eigenes und
Schönes geboten. Der Besuch ist sehr rege und zahlreiche
Ankäufe zeugen davon, daß es oft nur nöthig, die Initia-
tive zu ergreifen, um die gebildeten Kreise für die
moderne Kunst einzunehmen. Mir hoffen, daß die ge-
plante alljährliche Wiederkehr der Darmstädter Ausstellungen
zur Durchführung kommen möge!

kin Vries frietMcb Seselscbap's.
veröffentlicht von Armin Haller.


nter den Jugendfreunden des so unerwartet
verstorbenen Berliner Meisters hat der aus
Düsseldorf stammende Kupferstecher Rudolf

^tang, der seit Zähren an der Rijksakademie in
 
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