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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 11
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Y., X.: Neues von der Lithographie
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Gensel, Otto Walther: Zwei Marine-Maler, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0194

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(66

Die A u n st - H a l l e

Nr. ((

scheinen, so ergeben die übereinanderfallenden Farben
sehr reiche Effekte. — So bekannt diese Eigenschaften
des lith. Druckes sind, so wichtig ist die Verwendung
derselben für die Wohnungsdekoration. Anstatt aus
8 Meter langen, 4? Zentimeter breiten Bahnen, die un-
endlich oft sich wiederholenden Musterzu schneiden, bietet
F. Fischbach Dekors, die sich aus verschiedenen großen
Bogen zusammensetzen. Dadurch erreicht er den
Eindruck des organischen Aufbaues und der
architektonischen Gliederung und kommt somit
der freien Handmalerei am nächsten. -— wo Licht, ist
auch Schatten, wie findet sich, lauten die Bedenken,
ein Tapezirer als einfacher Handwerker zurecht,
wenn es gilt, einen großen Saal architektonisch zu
tapeziren? Genügt ohne Instruktion die Numme-
rirung? wie umständlich ist es ferner, dem Käufer
alle diese unhandlichen Bogen zu zeigen? Der Aus-
weg ist durch das Beispiel von der Firma villeroy
u. Boch gegeben, welche die Lithographien der Mosaik-
platten auf im Vio Maßstab gezeichnete Pläne vorbild-
lich kleben läßt, wer also reichere Lithographie-
Dekors verlangt, sende die genauen Wandpläne an
F. Fischbach in Wiesbaden ein; sie folgen beklebt
nebst waarenproben und Rostenüberschlag (p. qm)
zur definitiven Bestellung zurück. Das ist zudem eine
große Erleichterung, da der jetzige moclus dem Käufer
eine verwirrende Auswahl aus unendlich großem
Material zumuthet. Schließlich niuß doch das Meiste
dem Tapetenhändler überlassen bleiben. Aber nicht
nur für den Käufer, auch für den Tapetenhändler
bietet das neue System große Vortheile, da es ihm
erspart, großes Lager mit Resten rc. zu führen. Er
hat auch selten Zeit und Studien, komplizirte Deko-
rationen, wie der Architekt sie verlangt, zusammen-
zustellen.
Da nicht mehr von einem Problein die Rede
ist, sondern schon viele Villen mit der Lith. Tapete
ausgestattet wurden, so dürfen wir in ihr auch eine
Errungenschaft nationaler Art begrüßen. Es ist
älteren Tapetenhändlern bestens in Erinnerung, daß
von (868 bis (885 das Atelier von Fr. Fischbach
das maßgebendste für Stil-Muster war. Nunmehr
stellt H. F. seine neuen Dekors in Konkurrenz mit den
englischen. Der Ornamentist soll zwar die Mode
beachten, aber sie zur Kunst zurückführen, wenn sie
auf Abwegen. Im ersten Anlauf finden wir zwei
Richtungen vertreten. Erstens reiche Borten mit
neutralen Hintergrund-Mustern, und zweitens reichere
Pilaster und bildartige Ornamente, die dort wirken,
wo sie nicht verdeckt werden. So sind z. B. 2 ver-
schiedene Pilaster mit den ansprechendsten Motiven
aus den Loggien Raphaels in der Breite von 50
Zentimetern (mit den Begleitborten (50 Zentimeter)
erschienen. Als Tapetenbild, das nur einmal in einem
wohnraume geklebt wird, ist aus der Edda die
Weltesche Hggdrasil dargestellt. Eine kurze Schilde-
rung ist wohl willkommen, denn keine Poesie anderer
Völker schuf ein gewaltigeres Bild des Kosmos, als
die Edda, welche, nebenbei bemerkt am Rhein entstand
und nach Island flüchtete. Die untere Borte zeigt
die Nibel-Drachen, die an den Wurzeln des Welten-
baumes nagen, der sich auf Speeresspitze inmitten
der Erde jährlich dreht, von dem Stamme entfließen
die 4 Gewässer des Heils (aus cklrnen in Grotten).
Die Nornen Urd, werdandi und Skuld (Vergangenheit
nämlich das, was wurde, Gegenwart das stetig
Werdende, und die Zukunft, was die Zeit schuldet)
spinnen und weifen und schneiden die Schicksalsfäden.
Die Sonnenhirsche und Wolkenziegen weiden in den

Aesten. Oben sitzen die Eichhörnchen, die Kunde
vermitteln, und in der Spitze der Eberesche thront
der Goldkamm Fiallar, welcher den Morgen ansagt
und den Weckruf ertönen läßt, wenn Gefahr dem
Weltenbaume droht, der im Nordstern wipfelt. Die
Wodansraben sitzen auf dem ihn abschließenden
Bogen. In Fries jagen die Fenris- (Finsterniß)
Wölfe Geri und Freki Sonne und Mond nach, um
sie zu verschlingen. Rechts und links rahmt der
Zodiakus das Symbolbild des Weltenbaumes ein.
wer die assyrischen Lebensbäume kennt, wird zugeben,
daß dieser germanische unendlich viel reicher ist. Die
allgemeine zu diesem Dekor gehörige Wandfüllungs-
Tapete zeigt nur die Zweige der Eberesche und die
heilg. Vögel. Die Technik des Druckes erreicht den
Schimmer des Goldbrokates. Trotzdem ist der Preis
viel billiger als der der englischen Tapeten, denn der
(Quadratmeter stellt sich auf oa. (—2 M. — Selbst-
verständlich kann man die lith. Borten auch mit
anderen Tapeten verbinden. Jede neue Technik soll
neue Effekte uud uicht die blinde Nachahmung der
bisherigen bringen. — Diese neuen deutschen
Tapeten gelangen wohl bald im Berliner Gewerbe-
Museum und in den Tapeten-Schaufenstern zur Aus-
stellung. v

Lwel Ndarine-tDaler.
Von Walther Gensel, Paris.

II. I). Ä. Mesaag.
,7^0^ksanz anders ist der Eindruck, den wir von
Hendrik Willem Mesdag'sBildern empfangen.
Scheinen Boudin's Seestücke bestimmt, im
Arbeitszimmer eines Liebhabers oder über
dem Sopha eines Damensalons zu hängen, so die
Mesdag's, die wände fürstlicher Paläste zu schmücken.
Ls ist mir mit dem Groninger Meister, der jetzt fast
ausschließlich im Haag und dem nahe gelegenen
Scheveningen lebt und arbeitet, eigenthümlich er-
gangen. Die Bilder, die er in den letzten Jahren
zum Marsfeldsalon schickte, ließen einen ungewöhnlich
kräftigen, scharf beobachtenden und sein Handwerk
meisterlich beherrschenden Maler erkennen, der aber
etwas der Routine verfallen zu sein, fast immer das-
selbe zu malen schien. Ein lebhaftes Interesse für
ihn erwachte in mir erst, als ich in: vorigen Jahre
ihn in seinem Atelier bei der Arbeit sehen und seine
herrliche Sammlung bewundern durfte. Daubigny
lernt man in diesem Museum — es sind acht oder
neun größere und kleinere Zimmer — überhaupt erst
richtig kennen, von Rousseau und Torot, von Millet
und Tourbet enthält es Werke allerersten Ranges.
Von allen diesen Meistern finden wir in seinen
Werken etwas wieder, ohne daß jemals uns der
Gedanke einer Nachahmung käme. Die jetzige Aus-
stellung, die siebenundzwanzig fast ausnahmlos große
Gemälde und vier Aquarelle umfaßt, hat mich zu
einem rückhaltlosen Bewunderer Mesdag's gemacht.
welch männlicher Geist, welch sichere Hand,
welch vornehmer Geschmack und welch intime Kenntnis
der Natur spricht aus diesen Werken! Mesdag ist
kein schüchterner Liebhaber der Natur, der ihre Laute
nachzustammeln versucht, sondern der starke Mann,
der sie sich unterthan macht. Seine Gemälde sind
weder freie Variationen über in dex Natur gegebene
 
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