Nr. 7
Die Aun st-Halle.
einrichtung von Link ist uns besonders ausgefallen.
Ganz in grün gehalten, weisen die Möbel eine wohl-
thuende Einfachheit der Formen auf; die Bettlade ziert
ein Gewinde stilisirter Pflanzen. Viel weniger gefiel uns
ein ebenfalls in grün gehaltenes Buffet. Die Platte ist
aus unlackirtem rohen Holze, was sicherlich weder praktisch
noch schön ist. Bemalt sind die grünen Flächen mit
Rosenbouquets; so manierirt altmodisch, daß wir den Kopf
schütteln. Sehr hübsch ist ein Bücherregal von Otto
Fritzsche, welches am Fuße in eine Bank zum Sitzen
ausmündet. Dürfte der Sitz auch nicht sonderlich bequem
sein, so ist doch der Totaleindruck ein harmonischer. Er-
wähnenswerth ist noch das Boudoir in freiem Empirestil
von Peter Bauer. Die Möbel sind in weiß und blau
gehalten; und in ihren Formen, das gilt besonders vom
Damenschreibtisch, sehr anmuthig und graziös. — was
das moderne Kunstgewerbe an kühneren, neuen Formen
besitzt, ist in dieser Weihnachtsausstellung, die ja vor-
zugsweise für breitere Schichten des Publikums bestimmt
ist, w-mz-r °°-hand-n. x-«xold S » st a
Aei-Iiyei- Muyskscchati.
ie Ausstellung Michettischer Bilder und Studien,
die jetzt die Kgl. Akademie der Künste veranstaltet
hat, ist gewiß berufen, uns diesen typischen süditalienischen
Künstler noch näher zu rücken, als er es selbst durch seine
Betheiligung an Münchener und Berliner Ausstellungen
in den letzten zehn Jahren gethan hat, in besonders
hervorragender weise i. I. 489; auf der Internationalen
Ausstellung zu Berlin, wo sechs vollendete Gemälde von
ihm zu sehen waren, die ihm die große goldene Medaille
eintrugen und den weg zur Mitgliedschaft der Akademie
ebensten, welche ihm im Jahre darauf verliehen wurde.
Man braucht es nicht gelesen zu haben, daß Michetti,
der ;85; in Ehieti geboren wurde, gleich Morelli, gleich
Favretto und Segantini und Anderen, ärmster Leute Kind
ist. Seine Bilder zeugen davon, daß er aus dem niederen
Volke hervorgegangen, mit seinem Thun und Denken,
seinen Leiden und Freuden von Kindheit an aufs innigste
vertraut ist. Freilich von den Leiden bekommen wir herz-
lich wenig zu sehen. Nicht bei Michetti allein. Die
meisten seiner Landsleute verschweigen, oder aber sehen
vielleicht in ihrem südländischen sanguinischen Optimis-
mus gar nicht die Schattenseiten ihres Volkslebens: da
ist lauter Freude und Jubel, Farbenglanz und Lustbe-
wegung, ein selbstzufriedenes, frohbewegtes oder genuß-
sattes Behagen . . .
Ein Schüler des Hauptes der Neapolitanischen Schule,
Domenico Morelli's, bewegte sich Michetti zunächst ganz
in den Bahnen dieses so seltsamen und so reichen Farben-
schwelgers. Die meisten der Gemälde, die früher hier
und in München zu sehen gewesen sind, nehmen sich für
diese Richtung äußerst typisch aus, wie auch das jetzt in
der Akademie ausgestellte farbensunkelnde, lebenjauchzende
Gemälde „Lorpus domini", eine Frohnleichnamsprozession
aus Apulien, oder wie der „Frühling" aus dem Jahre
;878 — zu dem hier nur eine große Skizze zu sehen ist —
diese Symphonie von Lebenslust und Farbenfreudigkeit,
wie sie nur unter italienischem Himmel, in italienischer
Küstenlandschaft möglich wird. Und derselbe Künstler
malte dann ;8 Jahre später die herbe, düstere Episode
„die Tochter des Iorio", ein riesiges Gemälde, das
durch die Kraft der Menschenschilderung und das
Zusammenwachsen von landschaftlicher Szenerie und
Menschen von zwingender Gewalt ist. wie wenn Jemand
in einem fremden Lande einer Volksszene beiwohnt, deren
Bedeutung und Veranlassung ihm unbekannt ist, deren
Akteurs ihm aber mit ihrer unverfälschten Echtheit in
der Art sich zu geben, mächtig interessirt. wie das ver-
hüllte, offenbar irgendwie entehrte Weib auf der Berges-
Halde hinschreitet, wie die fünf Männer und Knaben, alle
mit verschiedenen Gefühlen und Gedanken jener nach-
schauen, rufen, lachen, wie das Mädchen rechts jener nach-
blickt. Line tolle Laune hat Michetti veranlaßt, einer
siebenten Figur durch den Rahmen den Kopf abzu-
schneiden. Als Farbenfleck gegen den lichtgrauen Himmel
wirkt sie doch malerisch, weich' ein Entwickelungsgang
liegt aber zwischen diesen beiden Bildern in Auffassung
und Technik. In ihm spiegelt sich theilweise auch die
Evolution moderner Nalkunst überhaupt wieder.
Es sind das die beiden Hauptbilder der Ausstellung,
die an fertigen Gemälden sonst wenig bietet. Die merk-
würdig konventionellen Bildnisse des Königspaares, die
paar landschaftlichen Ausschnitte tragen zur wesenser-
gründung des Künstlers nur wenig bei. Desto mehr aber
thun das die nahezu ZOO Studien und Skizzen, die außer
den Gemälden zu sehen sind. Wie der Künstler seine
abruzzische Heimath, mit den sagenumwobenen, lieder-
durchtönten, Hirten-, bauer- und — räuberbevölkerten
Bergen und Schluchten, den von der Adria tiefblauen
Wellen umspülten Küstengeländen, dem farbensprühenden
Volks- und Kirchenleben, den freiwaltenden Leidenschaften,
den willigen Arbeitsleistungen und den selbstvergessenen
Festesslimmungen kennt und liebt und wie er Alles —
Natur und Menschen und Thiere, die ganze Lebewelt
und alles Gegenständliche im innersten Wesen erfaßt,
um es mit oft nur wenigen, immer das Charakteristische
treffenden Strichen und Zügen und Farbenflecken festzu-
halten und wiederzugeben: das ist's, was uns die Be-
trachtung dieser Pastelle, Aquarelle, Kreide- und Kohle-
zeichnungen, Gelskizzen lehrt. Ein Leben und ein Können
strömt hier aus, das berückt. Und noch etwas Anderes:
sehen wir uns diese Blätter an, so erkennen wir all-
mälich, wie der Maler des „Lorpus domini" und der
„Tochter des Joris" doch ganz derselbe ist. vom Kleineren,
Subtileren zum Größeren und Allgemeineren fortschreitend,
ist er in der Vertiefung und Lharakteristik stets der Gleiche
geblieben und die Porträtstudien z. B. aus dem Beginn
der 80er Jahre stehen schon auf der gleichen Höhe, wie
die zur „Tochter des Joris"-
Daß aus der Zwischenzeit sonst gar keine hervor-
ragenden Gemälde zu sehen sind, ist allerdings bedauer-
lich, aber die Fülle der Studien mit ihrem Reiz, daß sie
uns einen Blick in die intimsten Schaffenswege des
Künstlers erschließen, hält uns doch schadlos.
I. Norden.
Im Künstlerhaus in der Bellevue-Straße waren
letzthin außer der üblichen Weihnachts-Ausstellung von
allerlei Gegenständen der Kleinkunst, gemalten Fächern,
Tellern, Kästchen, Mappen u. s. w., die Künstler wie Meyn,
Schlittgen, Normann, possin, Schlichting, Souchay und
andere Mitglieder des Vereins eingesandt, auch einige
neue Bilder zu sehen, darunter manche interessante Lein-
wand. So hatte Ernst Hausmann einen sehr guten
weiblichen Akt mit reizvollem Kopf; von Oskar Kruse-
Lietzenburg rührt eine helltönige Spreelandschaft her,
eigenartig gesehen und flott hingeworfen. Von dort hat
sich auch Georg Schmitgen ein liebevoll behandeltes
Motiv geholt. Willy Feldmann hat u. A. eins seiner
schönen Dämmerungsmotive gesandt und einen leuchtenden
Wolkeneffekt, zwei recht stimmungsvolle Bildchen. Unter
den Bildnissen ragt ein koloristisch stark wirkendes Porträt
des Bildhauers Götz von Meyn hervor, sowie der in
Pastell flott und sicher gezeichnete und vor Allem sehr-
ähnlich getroffene Kopf Max Koners von Em. Grosser
und ein rothhaariger Mädchenstudienkopf von Gussow.
Dann wären ein älteres Stillleben mit allerlei wild und
eine farbenschöne und bewegungsreiche Szene, deren
Akteurs Tauben und Kakadus sind, von Paul Meyerheim
zu nennen, einige intime Kabinetftückchen in bekannter
Manier von Müller-Kurzwelly, Scherres, Hoff-
mann von Fallersleben, Douzette u. A., vor Allem
aber eine dem Stall zustrebende Schafherde des ver-
storbenen Boendel, in Ton, Ausdruck, Bewegung ein
Meisterstück. Unter den Skulpturen sind einge Monumental-
modelle von Luno v. Uechtritz und eine kleine Bronze
Die Aun st-Halle.
einrichtung von Link ist uns besonders ausgefallen.
Ganz in grün gehalten, weisen die Möbel eine wohl-
thuende Einfachheit der Formen auf; die Bettlade ziert
ein Gewinde stilisirter Pflanzen. Viel weniger gefiel uns
ein ebenfalls in grün gehaltenes Buffet. Die Platte ist
aus unlackirtem rohen Holze, was sicherlich weder praktisch
noch schön ist. Bemalt sind die grünen Flächen mit
Rosenbouquets; so manierirt altmodisch, daß wir den Kopf
schütteln. Sehr hübsch ist ein Bücherregal von Otto
Fritzsche, welches am Fuße in eine Bank zum Sitzen
ausmündet. Dürfte der Sitz auch nicht sonderlich bequem
sein, so ist doch der Totaleindruck ein harmonischer. Er-
wähnenswerth ist noch das Boudoir in freiem Empirestil
von Peter Bauer. Die Möbel sind in weiß und blau
gehalten; und in ihren Formen, das gilt besonders vom
Damenschreibtisch, sehr anmuthig und graziös. — was
das moderne Kunstgewerbe an kühneren, neuen Formen
besitzt, ist in dieser Weihnachtsausstellung, die ja vor-
zugsweise für breitere Schichten des Publikums bestimmt
ist, w-mz-r °°-hand-n. x-«xold S » st a
Aei-Iiyei- Muyskscchati.
ie Ausstellung Michettischer Bilder und Studien,
die jetzt die Kgl. Akademie der Künste veranstaltet
hat, ist gewiß berufen, uns diesen typischen süditalienischen
Künstler noch näher zu rücken, als er es selbst durch seine
Betheiligung an Münchener und Berliner Ausstellungen
in den letzten zehn Jahren gethan hat, in besonders
hervorragender weise i. I. 489; auf der Internationalen
Ausstellung zu Berlin, wo sechs vollendete Gemälde von
ihm zu sehen waren, die ihm die große goldene Medaille
eintrugen und den weg zur Mitgliedschaft der Akademie
ebensten, welche ihm im Jahre darauf verliehen wurde.
Man braucht es nicht gelesen zu haben, daß Michetti,
der ;85; in Ehieti geboren wurde, gleich Morelli, gleich
Favretto und Segantini und Anderen, ärmster Leute Kind
ist. Seine Bilder zeugen davon, daß er aus dem niederen
Volke hervorgegangen, mit seinem Thun und Denken,
seinen Leiden und Freuden von Kindheit an aufs innigste
vertraut ist. Freilich von den Leiden bekommen wir herz-
lich wenig zu sehen. Nicht bei Michetti allein. Die
meisten seiner Landsleute verschweigen, oder aber sehen
vielleicht in ihrem südländischen sanguinischen Optimis-
mus gar nicht die Schattenseiten ihres Volkslebens: da
ist lauter Freude und Jubel, Farbenglanz und Lustbe-
wegung, ein selbstzufriedenes, frohbewegtes oder genuß-
sattes Behagen . . .
Ein Schüler des Hauptes der Neapolitanischen Schule,
Domenico Morelli's, bewegte sich Michetti zunächst ganz
in den Bahnen dieses so seltsamen und so reichen Farben-
schwelgers. Die meisten der Gemälde, die früher hier
und in München zu sehen gewesen sind, nehmen sich für
diese Richtung äußerst typisch aus, wie auch das jetzt in
der Akademie ausgestellte farbensunkelnde, lebenjauchzende
Gemälde „Lorpus domini", eine Frohnleichnamsprozession
aus Apulien, oder wie der „Frühling" aus dem Jahre
;878 — zu dem hier nur eine große Skizze zu sehen ist —
diese Symphonie von Lebenslust und Farbenfreudigkeit,
wie sie nur unter italienischem Himmel, in italienischer
Küstenlandschaft möglich wird. Und derselbe Künstler
malte dann ;8 Jahre später die herbe, düstere Episode
„die Tochter des Iorio", ein riesiges Gemälde, das
durch die Kraft der Menschenschilderung und das
Zusammenwachsen von landschaftlicher Szenerie und
Menschen von zwingender Gewalt ist. wie wenn Jemand
in einem fremden Lande einer Volksszene beiwohnt, deren
Bedeutung und Veranlassung ihm unbekannt ist, deren
Akteurs ihm aber mit ihrer unverfälschten Echtheit in
der Art sich zu geben, mächtig interessirt. wie das ver-
hüllte, offenbar irgendwie entehrte Weib auf der Berges-
Halde hinschreitet, wie die fünf Männer und Knaben, alle
mit verschiedenen Gefühlen und Gedanken jener nach-
schauen, rufen, lachen, wie das Mädchen rechts jener nach-
blickt. Line tolle Laune hat Michetti veranlaßt, einer
siebenten Figur durch den Rahmen den Kopf abzu-
schneiden. Als Farbenfleck gegen den lichtgrauen Himmel
wirkt sie doch malerisch, weich' ein Entwickelungsgang
liegt aber zwischen diesen beiden Bildern in Auffassung
und Technik. In ihm spiegelt sich theilweise auch die
Evolution moderner Nalkunst überhaupt wieder.
Es sind das die beiden Hauptbilder der Ausstellung,
die an fertigen Gemälden sonst wenig bietet. Die merk-
würdig konventionellen Bildnisse des Königspaares, die
paar landschaftlichen Ausschnitte tragen zur wesenser-
gründung des Künstlers nur wenig bei. Desto mehr aber
thun das die nahezu ZOO Studien und Skizzen, die außer
den Gemälden zu sehen sind. Wie der Künstler seine
abruzzische Heimath, mit den sagenumwobenen, lieder-
durchtönten, Hirten-, bauer- und — räuberbevölkerten
Bergen und Schluchten, den von der Adria tiefblauen
Wellen umspülten Küstengeländen, dem farbensprühenden
Volks- und Kirchenleben, den freiwaltenden Leidenschaften,
den willigen Arbeitsleistungen und den selbstvergessenen
Festesslimmungen kennt und liebt und wie er Alles —
Natur und Menschen und Thiere, die ganze Lebewelt
und alles Gegenständliche im innersten Wesen erfaßt,
um es mit oft nur wenigen, immer das Charakteristische
treffenden Strichen und Zügen und Farbenflecken festzu-
halten und wiederzugeben: das ist's, was uns die Be-
trachtung dieser Pastelle, Aquarelle, Kreide- und Kohle-
zeichnungen, Gelskizzen lehrt. Ein Leben und ein Können
strömt hier aus, das berückt. Und noch etwas Anderes:
sehen wir uns diese Blätter an, so erkennen wir all-
mälich, wie der Maler des „Lorpus domini" und der
„Tochter des Joris" doch ganz derselbe ist. vom Kleineren,
Subtileren zum Größeren und Allgemeineren fortschreitend,
ist er in der Vertiefung und Lharakteristik stets der Gleiche
geblieben und die Porträtstudien z. B. aus dem Beginn
der 80er Jahre stehen schon auf der gleichen Höhe, wie
die zur „Tochter des Joris"-
Daß aus der Zwischenzeit sonst gar keine hervor-
ragenden Gemälde zu sehen sind, ist allerdings bedauer-
lich, aber die Fülle der Studien mit ihrem Reiz, daß sie
uns einen Blick in die intimsten Schaffenswege des
Künstlers erschließen, hält uns doch schadlos.
I. Norden.
Im Künstlerhaus in der Bellevue-Straße waren
letzthin außer der üblichen Weihnachts-Ausstellung von
allerlei Gegenständen der Kleinkunst, gemalten Fächern,
Tellern, Kästchen, Mappen u. s. w., die Künstler wie Meyn,
Schlittgen, Normann, possin, Schlichting, Souchay und
andere Mitglieder des Vereins eingesandt, auch einige
neue Bilder zu sehen, darunter manche interessante Lein-
wand. So hatte Ernst Hausmann einen sehr guten
weiblichen Akt mit reizvollem Kopf; von Oskar Kruse-
Lietzenburg rührt eine helltönige Spreelandschaft her,
eigenartig gesehen und flott hingeworfen. Von dort hat
sich auch Georg Schmitgen ein liebevoll behandeltes
Motiv geholt. Willy Feldmann hat u. A. eins seiner
schönen Dämmerungsmotive gesandt und einen leuchtenden
Wolkeneffekt, zwei recht stimmungsvolle Bildchen. Unter
den Bildnissen ragt ein koloristisch stark wirkendes Porträt
des Bildhauers Götz von Meyn hervor, sowie der in
Pastell flott und sicher gezeichnete und vor Allem sehr-
ähnlich getroffene Kopf Max Koners von Em. Grosser
und ein rothhaariger Mädchenstudienkopf von Gussow.
Dann wären ein älteres Stillleben mit allerlei wild und
eine farbenschöne und bewegungsreiche Szene, deren
Akteurs Tauben und Kakadus sind, von Paul Meyerheim
zu nennen, einige intime Kabinetftückchen in bekannter
Manier von Müller-Kurzwelly, Scherres, Hoff-
mann von Fallersleben, Douzette u. A., vor Allem
aber eine dem Stall zustrebende Schafherde des ver-
storbenen Boendel, in Ton, Ausdruck, Bewegung ein
Meisterstück. Unter den Skulpturen sind einge Monumental-
modelle von Luno v. Uechtritz und eine kleine Bronze