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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 2
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St., L.: Aus Kassel
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Norden, J.: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0035

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Nr. 2

Die Aun st-Halle

25

Reihe von mythologischen Gruppen und Linzelfiguren in
kleinerem Naßstab modellirt. Die reizenden, in wirklich
antikem Geist geschaffenen Figuren sind denn auch von
unserem Publikum, dem ja bekanntlich nichts so sehr am
Perzen liegt wie seine wilhelmshöhe, mit wahrer Be-
geisterung ausgenommen worden. Wie man hört, soll auch
an maßgebender Stelle dem Künstler Aussicht aus Aus-
führung seiner gelungenen Nodelle schon eröffnet sein.
L. St.

Hei-Iiyei- Wuyskscliaa.

in wenigen Sätzen soll hier noch ein Bild des
Künstlerhauses an der Bellevuestraße gegeben
werden, das durch Umbau und Erweiterung
eines villenartigeu Grundstücks das volle Gepräge eines
Vereins- und Ausstellungsgebäudes empfing. Prof. Hoff-
acker hat in technischer und baukünstlerischer Beziehung
mannigfache Schwierigkeiten zu überwinden gehabt, wenn
man nur die geschickte Gruxxirung der vielartigen Räume,
die imposante Trexpenanlage im Zentrum des Ganzen, die
für den Ausstellungszweck mit Ober- oder Seitenlicht durch-
weg vortrefflich beleuchteten Säle und Kabinette, die gründ-
lichste Ausnutzung aller gegebenen und geschaffenen Be-
dingungen ins Auge faßt. Noch stets hat das Wort Sinn
gehabt, daß sich in der Beschränkung der wahre Meister
zeige; aber selten hat sich die Kunst der räumlichen
Beschränkung in so angenehmen Formen offenbart.
Gleich bei der Gestaltung der zweigeschossigen Sand-
steinfassade, die dem früheren Privatbau angehörte, lagen
Schwierigkeiten vor. Nur unterhalb ließ Hoffacker die
viereckigen Fenster bestehen, oberhalb blos die beiden
seitlichen, während er die mittleren vermauerte, um durch
die Wucht einer glatten Steinfläche die dem Ganzen sonst
fehlende Monumentalität zu ersetzen. Die Monotonie der
Architektur hebt, inmitten der Front, ein prachtvolles
musivisches Gemälde mit dem portrait Dürers und den
allegorischen Gestalten der Malerei und Plastik freilich
nicht völlig auf. Das Rahmenwerk der Mosaik und des
flachbogigen Portals darunter hat Mtto Lessing mit
figürlicher und ornamentaler Plastik geschmückt. Line
Freitreppe führt den Besucher durch das Portal und ein
ebenso flach gewölbtes niedriges Vestibül nach dem Treppen-
haus. Links und rechts vom Vestibül münden die Räume
des vorderen Erdgeschosses. Darüber liegen im Haupt-
geschosse die meisten Ausstellungssäle mit niedrigen
mahagonifarbigen Panneaux und röthlich, grünlich u. s. w.
gefärbten Stoffbekleidungen der wände.
Im Trepxenhause inmitten fallen die von Max Koch
gemalten figürlichen Füllungen der lichten flachgewölbten
Decke und das zierliche geschmiedete Eisenwerk der Trepxen-
brüstungen auf. Hinterwärts steigt man hier herunter zu
den Spiel- und Kneipräumen, der Bibliothek u. s. w.,
während sich oben das Portal zu dem großen Festsaal
öffnet, den ein dreigetheiltes, gewölbtes Glasdach krönt.
Zur Rechten liegt die kleine Bühne, der links eine Empore
entspricht, die weder das riesige Baldurbild der linken wand
verbirgt, noch den für einige hundert Gäste ausreichenden
Raum beengt, wirksam hebt sich der bräunliche Ton des

holzgeschnitzten Deckengerähms von den lichten farbigen
Tönen der unteren blanken Wandflächen ab. Mit besonderer
Gestaltungsfreude hat sich der Architekt des untern tunnel-
artigen Versammlungsraumes angenommen; die eigenartig
gegliederte Decke, die bizzare grüne Friesornamentik mit
den Namen aller bisherigen vereinspräsideuten, die dunklen
Holzpanneaux, die sich von weißgetünchten wänden effekt-
voll absetzen — Alles verbindet sich hier zu einem behag-
lichen, höchst geschmackvollen Interieur, dem das Exterieur
des Hauses an dem Hintergärtchen des Grundstücks, in
seinem alterthümlichen Charakter stilistisch verwandt erscheint.
Die Herbstausstellung im Salon Gurlitt bietet sehr
beachtenswerthe Bilder von zum Theil hervorragenden
deutschen Künstlern. Zunächst im vorderen Kabinet ein
neues größeres Bild von Ludwig v- Hosmann. Mit
dem Spiel der Farben klingt der innere Gehalt dieses
„Frühlingssturms" gut zusammen. Lin Stück felsiger, aber
flacher Meeresküste. Reber der violetten Fluth, die nach
vorn lichtere Töne zeigt, wölbt sich ein hell türkisfarbener
Himmel, an dem vom winde getragen rosige Wolken-
ballen hinstiegen. Reber die Felsplatten, dem winde ent-
gegen, hasten im Sonnenschein drei jugendstrotzende
Menschenkinder, ein nackter Jüngling, an jedem Arm eine
blühende Jungfrau. Ls liegt in der Gruppe etwas von
der Kraft und dem Muthe jugendlichen Hoffens und
Glaubens, etwas Sieggewisses, das keine Hindernisse und
kein Mißlingen kennt — das Vorwärtsstürmen des
Menschenfrühlings.
Daneben nimmt sich selbst eines Max Klingers
„Sommerglück" etwas trocken und herb aus. Auch ist das Bild
so heruntergehaspelt, daß es in dem kleinen Raum hier
kaum zur Geltung kommt: man kann nicht genügend
zurücktreten und die übermäßig flüchtige Zeichnung wirkt
daher aufdringlich, während andererseits die Farben nicht
recht zu einem harmonischen Ganzen zusammenstimmen.
Aber eine gewisse Stimmung weht doch aus dem Bild
heraus, wo unter stilisirtem mächtigem Baum Menschen
beschaulich sich ihres Daseins freuen. Eigentlich ein
Thoma'sches Motiv. Der Frankfurter Meister ist hier
übrigens selbst vertreten mit einem kräftigen Porträt, einer
deutschen Sommerlandschaft und einem Aquarell: „Wasser-
mann". Die mythische Gestalt steht auf dem Rücken eines
märchenhaften Fisches und schwimmt so eine deutsche
Stromlandschaft hinunter. Der Rahmen, gemalt, zeigt
allerlei wassergethier in Grün und Blau- Auch einige
Thoma'sche Radirungen, ganz im Charakter seiner Stein-
zeichnungen gehalten, sind zu sehen. Mehrere Leibl's,
darunter ein älteres vortreffliches Fürstenbildniß und ein
Studienkopf in tiefen Roth und Braun von hervor-
ragender Schönheit vervollständigen die Gruppe dieser
echt deutschen Werke.
Verehrer der Liebermann'schen Kunst finden drei
Bilder von ihm, die zeitlich weit auseinanderliegen
(l876—l88H-l895) und somit verschiedene Etappen seines
Werdegangs kennzeichnen. Ich möchte dem jüngsten
Bilde, einer schlichten „Kuhweide", den Preis zuerkennen.
Schade nur, daß da zwischen zwei Kühen ein Baumstamm
so häßlich und schwer aufragt.
Im Hauptraume haben zwei der Gemälde von
Fr. Ernst Wolfrom einen trefflichen Platz erhalten;
zwei kleinere sieht man in der Nähe. Ganz abgesehen
 
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