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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 23
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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Nr. 23

Die Aunst-Halle

36(

Daß Schram als Bildnißmaler, selbst wenn er das
pocharistokratische seiner Modelle (Prinzessin Ehr. zn
Windisch-Graetz, Gräfin vrints Althan, Gräfin zn Solms-
pochberg) vollendet trifft und in der Akkuratesse der Durch-
führung zumal der reichen kostiimlichen Details nur Wenige
seines Gleichen hat, dem norddeutschen Geschmack, den in
seiner Dorliebe sür das Seelische das Konventionell-
Distinguirte kalt läßt, nicht zusagt, bedarf wohl keiner
weiteren Erläuterung; in jenen wiener Kreisen empfiehlt
sich die Schramsche Art vielleicht grade ihrer kühlen Vor-
nehmheit wegen ... So erfolgreich der Künstler im
Uebrigen mit seiner Vielseitigkeit, der auch die technische
Gewandtheit in Del, Tempera, Gouache, Pastell durchaus
entspricht, hier auftritt, nicht nur in jenen besprochenen
eleganten und subtilen Figurenbildern, sondern u. a. auch
in flott hingestrichenen Baum- und Strandlandschasten,
Straßenperspektiven (Avenue de l'Gpera, Paris) (und
Blumenstücken, an einer Ausgabe wenigstens ist er gründ-
lich gescheitert, als es ihm nämlich einfiel, auch äußerlich
über die der Eigenart seines liebenswürdiger! Talents ge-
steckten Grenzen hinauszugehen, um sich über das Problem
der Menschheit aus einem riesigen Triptychon in tiefsinnig
erscheinender Geberdensprache zu ergehen. Diese gedank-
lich leider banale, koloristisch durch den dunkelvioletten Ton
unerfreuliche, in jeder Beziehung wohl verfehlte Malerei
„Vita", links mit einem frohlockenden Jüngling, dem
einige Genien Glück, wie dem zur Rechten zusammenge-
brochenen Greis Trost und Erlösung verheißen, während
aus der Mittelfläche ein Mann im schwanken Nachen gegen
Wind und Wellen ankämxst — diese ganze, so überaus
dürftige Behandlung eines Problems, dem längst schon die
größten Dichter und Denker die höchste Kraft ihrer Phan-
tasie gewidmet, beweist angesichts des stolzen Rahmens des
dreigetheilten Tableaus nur, daß die Größe der Einbildung
eines Künstlers manchmal im umgekehrten verhältniß zur
Leistung steht . . . Zum Glück aber steht dieses Werk in
der imposanten Fülle der andern, fast durchweg respektablen
Arbeiten so vereinzelt da, daß es den durch sie gewonnenen
Eindruck nicht schmälert. Ilm Schram völlig gerecht zu
werden, muß man ihn lediglich als den wiener Maler
mit dem dortigen Maßstab messen; ein Künstler kann nur
das geben, was er und die Seinen für die Mission seines
Talents halten. Eine Kritik, die mit vorgefaßten Ansichten
an ihn herantritt, um gar bestimmte moderne Merkmale
in diesen Bildern zu suchen, wird ihn natürlich schnell
verurtheilen. . .
was der Salon sonst darbietet, möchte ich dieses Mal
nur mit wenigen Worten streifen. Die Wüstenszenerien
des Engländers w. L. porsley, selbst das figurenreiche
Bild „Napoleon und seine Gelehrten in Aegypten Z7H8"
gehen nicht über die Illustration hinaus. Fein sind ein
Paar Landschaften von Pans Gude (Strandszene), Keller-
Reutlingen (weidenbäume) und Karl Scherres. Mit inniger
Versenkung in seine Ausgabe hat Pros. Scherres eine
melancholische pavellandschaft bei hereinbrechendem Abend
meisterhaft dargestellt: vorn liegt die schilsbestandene
Wasserfläche in sanfter Ruhe, hinter dunklen Bäumen
glühen die letzten Sonnenstrahlen.


Hehn Zitate.

Ott wercien wir unter ciem Scheine cles flechten gelauscht.
kine ernste Sache ist eine wahre Treuäe. (Seneca.)
TIenn auch unter äem klasser, versuchen sie auch clort
nur ru schimpfen. (Oie Irösche) (Ovia.>
Malern unci vichtern war stets erlaubt jegliche; klagstück.
(florsr.)
Oer heisst Meister im ?ach, wer Nützliche; eint mit äem
Schönen. (yorsr.)
ks hat keinen grossen Seist ohne eine Beimischung von
MahNSinN gegeben. (Seneca.)
Nicht immer blühen cler Frühlings fllumen ciir in gleichem
Schmuck! (horsx).
Nicht Poesie ist'; — toll geworclene Prosa. (pope.)
filu; Spöttern werclen oft Propheten. (Shakespeare.)
Sei nicht cler krste, Neuem nachrujagen,
Noch auch cler Letzte, Mtem ru entsagen. (pope.)
X
Aunstchromk.
* Die Große Berliner Kunstausstellung (899
wird am September zum letzten Male ihre Pforten
öffnen. Der Besuch und die Theilnahme des Publikums
waren andauernd sehr zufriedenstellend, und das herrliche
Sommerwetter dieses Jahres begünstigte ein reges Leben
auch im Parke. Pervorragende Künstler und Kunstkenner
von auswärts hielten nach dem Besuch der Ausstellung mit
ihrem Lobe nicht zurück und drückten, gleichzeitig mit ihrem
Befremden über die abfällige Kritik gewisser Berliner
Blätter, die gewohnheitsmäßig Alles herunterreißen, was
von der hiesigen berufenen Seite künstlerisch unternommen
wird, ihre freudige Genugthuung darüber aus, daß das
Publikum offenbar kein Gewicht mehr aus solche tendenziöse
und böswillige Kritik legt, sondern sich selbst ein Ilrtheil
über diese Ausstellungen zu verschaffen sucht, wie man auch
in diesem Jahre aus Hunderten von lauten Zustimmungen
und den angeregten Mienen vieler Besucher deutlich genug
entnehmen konnte. Anter diesen Umständen wird es wohl
den geschäftigen Gegnern der Sache trotz ihres starken
Einflusses aus einen Theil der Presse nicht lange mehr ge-
lingen, sür ihr entstelltes Bild der hiesigen Kunstverhältnisse
Gläubige zu finden, die Wahrheit zu vergewaltigen.
* Berlin. lieber die innere Ausschmückung des
neuen Domes am Lustgarten erfahren wir Folgendes:
Die Wahl der Persönlichkeiten, denen die Ausführung der
Malereien bezw. Entwürfe hierfür anzuvertrauen wäre, ist
noch nicht getroffen. Pros. Permann Prell, der gegenwärtig
an den Entwürfen sür die malerisch-plastischen Treppenhaus-
dekorationen des Dresdner Albertinums arbeitet und an
den man wohl in erster Linie gedacht hat, soll abgelehnt
haben, weil ihm das Religiöse nicht liege. Die Kaiserin
Friedrich hat biblisch-staffirte Landschaften im heroischen
Styl und Pros. Albert pertel als den am besten geeigneten
Künstler hierfür in Vorschlag gebracht, von maßgebender
Seite ist der Wunsch ausgedrückt worden, die Schmuckflächen
 
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