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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 20
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Gustav, Leopold: München: Aussteller-Verband Münchener Künstler
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0360

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4- Die Aun st-Halle

Nr. 20

Defregger bringt einen seiner feinen Tiroler Köpfe, Olga
weiß recht gnt gezeichnete Blnmen; desgleichen Ld.
Grützner, der rothen Mohn rnalte. von Petersen eine
flotte Marine. Die Ausstellnng wird während des Sommers
ergänzt nnd bietet so vielleicht noch einmal Anlaß zu einigen
Bemerkungen. Leopold Gustav.
X
Nekliyei- T"vskscl>9u.
ie für die Kunstsalons ist jetzt auch im Künstler-
hause in der Bellevuestraße eine Ruhepause
eingetreten. Die Ruhe erstreckt sich zur Zeit auch aus die
Mitglieder der Jury, die natürlich hier wie bei öffentlichen
Ausstellungen besteht; und diesen glücklichen Zustand im
Pochsommer pflegen die clii luinorum Asntinrn zu benutzen,
um auch einmal nach perzenslust auszustellen. Den-
noch bieten die Räume des Vereins Berliner Künstler
manches werthvolle Stück, zumal älteren Datums, wie jeuen
schou letztens erwähnten „Gebirgsbach" von Gtto von
Kameke, meisterhaft in seiner tonigen Schönheit und kräftigen
Realistik, ferner treffliche Werke von Ld. Schleich (ff ;87H)
und aus der Weimarer Zeit Trust penselers. Zwei
größere Schöpfungen des zuletzt in Berlin thätig ge-
wesenen, vor einigen Jahren in der Schweiz verstorbenen
Landschafters August Leu, die gleich am Eingang hängen,
eine „parzlandschast" und eine italienische Szenerie mit
dem Vesuv im Hintergründe, die letztere, erst f8s>6 gemalt,
durch goldigen Ton ausgezeichnet, nöthigen dem Beschauer
die größte Bewunderung ab. Angesichts solcher kraft-
strotzenden Leistungen eines im Greisenalter gestorbenen
Meisters der nnmittelbaren Vergangenheit hätte die Mehr-
zahl unserer heutigen „Jungen" wohl alle Ursache be-
scheiden die Augen zu Boden zu schlagen, welche Größe
nnd Poesie der Naturanffassung beherrscht jene parzland-
schast (f89f), aus der noch ein Abglanz Schirmerscher
Romantik ruht und die sich doch durch die breite pastose
Behandlung als ein Werk der Reuzeit dokumentirt. Lohnt
schon die Anwesenheit dieser beiden Stücke den Besuch der
gegenwärtigen Sammlung, so kommt auch die Neugier,
durch die Vorführung der zweiten pälste der Stuckschen
Deckenmalerei für einen Saal des Reichshauses, aus ihre
Rechnung. Diese Fortsetzung der „Jagd nach dem
Glücke" rechtfertigt gleichfalls das absprechende Urtheil,
das in Nr. fZ unser Mitarbeiter Zeno über das Ganze
leider fällen mußte. Da sieht man außer den bunten
Städtewappen und -namen innerhalb der gothischen Ranken
zuerst einen Pan, der ein porn an den Mund setzt, nebst
zwei an Trauben naschenden panisken, weiterhin ein
stilisirtes Liebespaar, eine Mutter mit fünf Kinderchen und
endlich Schlemmerei und Geiz durch zwei übertrieben
karrikirte Figuren ausgedrückt, warum so etwas von
einem Stuck gemalt werden mußte, bleibt irr der That
unerfindlich; weder der Geist der Gestalten noch ihre grobe
dekorative Mache gereichen dem Meister zur Thre. wäre
aber ein Anderer, selbst ein Geringer, geschweige gar ein
„Alter", der Urheber eines solchen Machwerkes — wie
würde da das Urtheil der Kritik schroff gelautet haben.
Ich fürchte sogar, einem der bestgehaßten „Alten" gegen-
über würde sogar die verletzende Sprache des Reichstags
von derselben Kritik, die Respekt ja nur für gewisse
Moderne begehrt und sich niemals um das verletzte Recht

eines Andern bekümmert, als die allein richtige empfunden
worden sein.
Bei Ld. Schulte, Unter den Linden, hat die Samm-
lung der Gemälde kürzlich eine Bereicherung durch zehn
Landschaften von Pros. Werner Schuch ersahreu, die,
laut Inschriften, sämmtlich in Paris entstanden sind, wer
diesen Künstler aus seinen früheren bravourartigen Dar-
stellungen militärischer Begebenheiten und Gestalten kennt,
wird nicht wenig erstaunt sein über die neue Kunstgattung
Schuchs und den Erfolg seiner letzten Wandlung. Anderer-
seits beweist dieser Erfolg, daß ein technisch so eminent
veranlagter pinselsührer Schwierigkeiten auf keinen: der
Kunstgebiete kennt; und woran sich die Andern herum-
quälen, um schließlich uur Kümmerliches zu xroduziren,
bewältigt er spielend. Freilich, der Kritiker, der heute
eine Ausstellung betritt, nicht etwa um reifer Kunst sich
zu freuen und dem reisen Meister Anerkennung zu zollen,
sondern der lediglich nach Merkmalen irgend welcher
Modernität herumschnüffelt und entzückt ist, wenn er der-
gleichen selbst bei einem talentlos nachahmenden Lehrling
entdeckt, dieser Bilderbeurtheiler wird zweifellos kaltlächelnd
über Werner Schuch's Szenerien ans der Bretagne, Italien,
der Schweiz u. s. w. „zur Tagesordnung übergehen". So
heißt ja wohl der Ausdruck der perren. Gewiß, unser
Landschafter zeigt hier so gut wie nichts von den eigen-
thümlichen Prinzipien der Intimisten und Impressionisten,
er sieht die Natur mit klarem Auge, so etwa wie die
ältern Münchener Realisten Schleich und willroider sie
ersaßt haben. Seine Nerven sind völlig unbetheiligt bei
der Arbeit, das Naturbild ist ihm kein „Seelenzustand",
sondern mit keckem Griffe nnd malerischem Geschick bringt
er einen geeigneten Naturausschnitt aus die Leinwand,
bald die fast nackte Felsenküste der Bretagne, an der
spärliche Gräser und trockenes Moos die einzige Vegetation
bilden, bald die mächtige Schneespitze des Matterhornes,
bald das blaue glatte Meer bei Sizilien. Aus einer Lein-
wand sieht man sogar die Gase Bou-Saada, die am
wenigsten echt wirkende Landschaft dieser Gruppe. Am
glücklichsten und frischesten erscheint er aus den Bildern
aus der Bretagne, wo er über melancholische pügel- und
paidestrecken einen schwerbewölkten, durch die untergehende
Sonne theilweise glühend roth beleuchteten Pimmel aus-
dehnt.
Die Sammlung im Salon Schulte enthält zur Zeit
noch u. a. eine schon bekannte „Mainlandschast" Pans
Thomas von t89l und einen neuen Oswald Achenbach
„Messe in der Lampagna" von starker koloristischer Wirkung,
neben mehreren Porträts von Lenbach.
Franz Imhof.


Aunstchronik.

* Berlin. lieber den wechsel der Ausstellungsgegen-
stände im Salon Ld. Schulte verweisen wir aus unseren
besonderen Bericht. — Bei Keller äc Reiner sind z. A. die
Werke einer Anzahl bedeutender vlämischer Künstler zu
sehen, unter denen Eourtens, Beernaert, Leempoels, Leem-
putten genannt seien. Auch die vlämische Skulptur ist mit
hervorragenden Kunstwerken vertreten. — perr Professor
Peter Breuer legt Werth daraus, zur öffentlichen Kenntniß
 
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