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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 18
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Kunstchronik
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Neue Denkmäler
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0325

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Nr. s8

4- Die Aunst-Halle -4-

285

* München. 2lus dein Kunstverein. Ls ist
ganz natürlich, daß in den Wochen, da die Kallen
der Ausstellungs-Gebäude ihre Pforten öffnen, wenig
bedeutende Künstler im „Künstlerverein" zu treffen siirtz.
Ls ist die Zeit, in der sich z. B. das „Genre" unge-
bührlich breit macht — und was für ein Genre. Da
kommt es vor, daß Jemand ein Kind von vier Jahren mit
Künden malt, die eher zu einer ausgewachsenen Köchin ge-
hören. Aber wozu von solchen Dingen reden, da es hier
auch recht gute Beispiele dieser Gattung giebt. So brachten
neuerdings Gras Bülow von Dennewitz und F. M. Bredt
recht Ansprechendes zur Schau. Interessirt hat in München
dieses Mal besonders die Kollektion des Berliners Pans
Baluschek. Seine Bilder und Karrikaturen aus dem Berliner
Volksleben sind in ihrem konsequenten Naturalismus stofflich
ganz gewiß unerfreulich; zeugen aber meist von scharfer
Beobachtungsgabe, soweit sie die keineswegs beträchtliche
Ausdrucksfähigkeit des Künstlers zur Erscheinung bringen
konnte. In seinen Pastellen und Gelbildern erscheint mir
Baluschek am glücklichsten. Lr stellt Lokomotiven, Zug-
geleise und Bahnhofshallen in Verbindung mit seltsamen
atmosphärischen Stimmungen dar. Fein empfunden find
die für sich stehenden Dünenstudien. Auch das Zwielicht
in einem Mansarden-Interieur ist trefflich gegeben. Line
scheußliche pinterhausszene wirkt fast theatralisch, wie
mag dieser Sittenschilderer aus die Stoffjagd gegangen sein.
Auch die vielen grellen Firmen- und Reklameschilder seiner
päuser scheinen mir mehr eine Koketterie seines
Naturalismus. Keinrich Rasch bringt eine stimmungsreiche
venetianische Lagune, Rüdisühli wieder drei Landschaften,
S. Stinde einen „Vorfrühling", einfach und gut empfunden,
Dieffenbacher einen prächtigen Blick auf die Zugspitze,
vielleicht etwas hart in der Nebelbildung. Larlo wuttke
bringt Bilder von einer Reise um die Lrde. Sie sind
hauptsächlich von stofflichem Interesse, aber meist sicher
erfaßt und flott festgehalten. G. Lisele hat recht an-
sprechende Studienköpfe. Von wrba sehen wir eine Inschrift-
tafel für das Bismarckdenkmal am Starnbergersee. Sie ist
nach Th. Fischers Angaben sehr geschmackvoll ausgeführt,
immerhin wäre eine größere Leserlichkeit wünschenswerth.
Die Bronze entstammt der Lrzgießerei „Renaissance." Lin
neues Verfahren setzt diese Anstalt in Stande, Bronzen,
wie man sagt, auch ganz bedeutenden Umfangs, in einem
Stücke herzustellen. Ad. Bro u gier giebt zwei südliche Land-
schaften, über die viel Licht ausgegofsen ist, ohne in Reflex-
spielereien auszuarten. Zwei Damenxorträts sind charakte-
ristisch aufgefaßt; das eine auch koloristisch sehr fein. In der
letzten Woche hat ein perr I. Gern et über hundert Gemälde
alter Meister ausgestellt; es finden sich sehr gute Sachen
darunter. Ls sei nur genannt: Lranach, Rubens, Teniers,
Gstade, Llaude Lorrain und Watteau.
* Aachen. Die Stadtverordneten bewilligten 500000
Mk. für den Umbau des hiesigen Stadttheaters nach den
Plänen von Baurath Seeling, welcher mit der Ausführung
derselben betraut wurde. Zugleich wurde die Ausbesserung
der Rethelschen Fresken im hiesigen Rathhause beschlossen.
* paag. In einem innern Zusammenhang zum
gegenwärtigen internationalen Friedenskongreß steht die
Ten-Kate-Ausstellung. Sie enthält lauter Tendenz-
gemälde, die sicherlich nicht im Stande sein werden, zur
Lösung einer Frage beizutragen, welche den Philosophen
und Politikern allein überlassen bleibt.
Neue Denkmäler.
* Berlin. Die feierliche Enthüllung des Pelm Holtz-
Denkmals von Prof. L. perter im Vorgarten der Univer-
sität hat in Gegenwart des pofes am Dienstag d. 6. Juni
stattgefunden. Gegen die Besetzung des kleinen Platzes mit
Denkmälern hatten wir uns früher zu Gunsten einer Idee
Prof. G. Lessings ausgesprochen. Die kolossale Marmor-
figur, die perter schuf, ist dem schlichten sanften Wesen
des großen Naturforschers entsprechend edel und würdig
aufgefaßt, dabei von realistischer Porträtbehandlung. — Auf
dem St. pedwigskirchhofe ist ein Denkmal für den Schau-

spieler Ernst Formes enthüllt worden, bestehend aus einem
Reliefporträt, das in einen rohen Granitblock eingefügt ist.
Modellirt ist dasselbe von Johannes Boese.
* Göttingen. Das Gauß-Weber-Denkmal, das der
Berliner Bildhauer Prof. Dr. partzer geschaffen hat, wird
am Juni d. I. zu Göttingen feierlich enthüllt werden.
* Breslau. Das hiesige Bismarck-Denkmal wird durch
den Berliner Künstler Prof. Peter Breuer zur Ausführung
gelangen, der aus dem Wettbewerb mit seinem Entwurf
als Sieger hervorging. Breuer hat die Gestalt Bismarcks
in markiger Schlichtheit hingestellt: in der weißen Kürassier-
uniform mit dem Stahlhelm auf dem Paupte, den Mantel
offen. Seine rechte pand hält ein Aktenstück. Auch der
architektonische Unterbau wirkt durch kräftige und doch
feine Linien.
* pirschberginSchl. Lin Denkmal für Gustav
Reichardt, den Komponisten von Arndts „was ist des
Deutschen Vaterlandist dieser Tage auf der Schneekopxe
enthüllt worden.
* Donzdorf. Seit Kurzem wird hier an einem
Werke gearbeitet, das eine Widmung des in München an-
sässigen und von hier gebürtigen Steinmetzmeisters Rehm ist.
Ls ist dies eine Mariensäule, eine Nachahmung der auf
dem Marienplatz in München stehenden, welche derzeit auf
dem hiesigen Kirchplatz errichtet wird. Ihre pöhe beträgt
9 Meter. Der Sockel besteht aus Granit, Basis, Säule und
Kapitäl aus geschliffenem Untersberger Marmor.
* Staffelstein. Lin Scheffel-Denkmal soll auf dem
Staffelstein errichtet werden. Bis jetzt stehen für dasselbe
7000 Mk. zur Verfügung. Die Gemeinde Soffeld hat nun
die Felsdolomitkrone des Staffelberges überlassen und in
einen der Felsen soll eine große Bronzeplatte mit der
Reliefbüste des Dichters eingefügt werden, weiter wird
noch beabsichtigt, einen Aussichtsthurm zu errichten, für den
bereits nahezu zooo Mk. zur Verfügung stehen.
* pöchst a. M. Pier wurde das Bismarck-Denkmal,
das seinen Standort an der südlichen Seite des Stadtgartens
erhalten hat, feierlich enthüllt. Die Z Meter hohe Statue
Bismarcks wurde von Alois Mayer-München modellirt und
von Pans Klement (Ruppsche Gießerei) in München in Erz
gegossen. Die mächtige Gestalt des Altreichskanzlers ist
prächtig gelungen.
* Frankfurt a. M. Nach längerem Zwiespalt in
der- Stadtverordnetenschaft über das Projekt eines Lin-
heitsdenkmals auf dem Paulsplatze ist nun der Antrag
des Magistrats durchgegangen, welcher den Entwurf der
Künstler Kaufmann und pofxauer empfahl.
* Ulm. Professor Mar Unger in Berlin hat für das
in Ulm projektirte Kaiser Wilhelm-Denkmal einen Entwurf
geliefert, dessen Ausführung von dem Denkmalkomitee nun-
mehr beschlossen worden ist. Ls handelt sich um eine Kaiser-
statue. Die zur Verfügung stehenden Mittel betragen rund
zoooo Mark.
* Kol in. Lin Siegesdenkmal zum Andenken an die
für die Gesterreicher siegreiche Schlacht am ;8. Juni ;?9?
ist auf Betreiben des Zentral-Vereins zur Erhaltung der
Kriegerdenkmale auf einer Anhöhe bei Kolin errichtet
worden.
* Budapest. In der Gemeinde Nyirad im Zallaer
Komitate wurde zu Pfingsten für Kaiserin Elisabeth das
erste Denkmal auf ungarischem Boden errichtet. Der Sockel
ist aus Granit, auf welchem die 88 Zentimeter hohe Bronze-
büste steht, die nach der bekannten Büste Tilgners modellirt
wurde.
* Zürich. Deutsche Verehrer Bismarcks in Zürich
haben hervorragende Künstler mit Schaffung eines lebens-
großen Marmordenkmals von Bismarck betraut. Das
Denkmal wird mitten in einem prachtvoller! Privatpark auf-
gestellt und das erste derartige Werk der Schweiz sein.
 
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