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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 24
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Grünewald, Eduard: Kunst- oder Industriewerk?: einiges über deutsche und französische Rechtsanschauung
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Meyer, Bruno: Berlin: Grosse Kunstausstellung 1899, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0424

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370

4- Die Aun st-Halle -L-

Nr. 2H

recht S. fO8). Sind diese Voraussetzungen gegeben,
dann ist dein Nachbildner an der Nachbildung
selbständiger Rechtsschutz gewährt.
Nach der Ausfassung der deutschen Gesetzgebung
und Rechtsprechung werden aus dem Gebiete der
graphischen Kunst die Zeichnung, der Kupferstich,
der Holzschnitt und die Lithographie im Verhältnis zu
den nachgebildeten Werken, die nicht etwa gleichfalls
den: einen oder wideren dieser Art angehören, als
solche „widere" Kunstoerfahren anerkannt. Es steht
also der deutschen Kunstanstalt an jenen chromo-
lithographisch nachgebildeten Zeichnungen in Deutsch-
land unzweifelhaft voller Urheberrechtsschutz zu.
Das deutsche Reich und Frankreich sind Ver-
bandsstaaten des Berner Uebereinkommens vom 9-
September f886. Nach Art. 2 desselben genießen
die einem der Verbandsländer angehörigen Urheber
oder ihre Rechtsnachfolger in den übrigen Ländern
für ihre Werke, wozu uach Art. a. a. M. auch
die Lithographien gehören, dieselben Rechte, welche
die betreffenden Gesetze dem inländischen Urheber
einräumen.
Mit diesem Grundsätze ist aber nicht zugleich
ausgesprochen, daß das andere Verbandsland, in
welchem das Urheberrecht verletzt wurde, die Rechts-
auffassung des Ursprungslandes, hier also die
der deutschen Gesetzgebung, seiner Beurtheilung zu
Grunde legen muß. wäre dies der Fall, dann hätte
unbestreitbar die deutsche Kunstanstalt für ihre in
Rede stehenden chromolithographischen Nachbildungen
in Frankreich denselben Rechtsschutz finden müssen,
der denselben im Deutschen Reiche zukommt. Solches
ist aber nicht der Fall. Vielmehr legt das genannte
internationale Uebereinkommen für die Beurtheilung
der Urheberrechte das Gesetz desjenigen Landes
zu Grunde, in welchem eine Verletzung dieser Rechte
verhindert werden soll. Die Frage des Urheber-
rechtsschutzes, den der Deutsche in Frankreich bean-
sprucht, wird also nach Maßgabe der französischen
Gesetzgebung beurtheilt. Es kann daher die recht-
liche Natur eines Kunstwerks je nach dem Lande,
in dem dessen Schutz verlangt wird, eine ver-
schiedene sein.
Die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung hat seit
dem Bestehen jener internationalen Übereinkunft zum
ersten Male m dem Eingangs dargelegten Falle ihre
Anwendung und Bestätigung gefunden. Die fran-
zösischen Gerichte erster und zweiter Instanz zu Lille
bezw. Douai, welche mitjenem Rechtsstreite befaßt waren,
haben nämlich in ihren Urtheilen vom 2s). Dezember
s8s)7 und 6. April f898 (Elunet f899 S. 382 ff.) den
chromolithographischen Nachbildungen nach der hier-
über in Frankreich herrschenden, von der deutschen
wesentlich abweichender: Auffassung die rechtliche
Natur einer künstlerischen Nachbildung mit selbst-
ständigem Urheberrechtsschutz abgesprochen und die
Klage des deutschen Kunsthändlers abgewiesen. In
deren Begründung heißt es, weder das deutsche
Kunstgesetz vom 9- Januar, noch das Modell- und
Musterschutzgesetz vom ff. Januar s876 hätten die
Merkmale festgestellt, welche ein Werk der Kunst von
einem solcher: der Industrie unterscheiden, so daß
die Feststellung hierüber lediglich den: richterlicher:
Ermessen zukommt. Im vorliegenden Falle habe der
Künstler, als er die ihn: vor:: Kunsthändler hestellter:
Zeichnungen ausführte, gewußt, daß sie lithographisch
nachgebildet, vervielfältigt werden und in großer
Zahl vor: Exemplaren in der: Handel kommen sollen.
Damit aber wäre die Bestimmung der Bilder eine

industrielle und handelsgeschäftliche geworden,
wofür auch die Allgemeinheit der Komposition spreche.
Dieselben hätten hiernach von vornherein gar nicht
zu den Kunstwerke::, sondern nur zu der: industrieller:
Werken gehört, wollte man aber dennoch annehmen,
daß sie die Natur von Kunstwerken ursprünglich ar:
sich getragen hätten, so wäre der ihnen nach K 7
des deutschen Gesetzes vom 9. Januar f876 gewährte
Schutz nach K dess. Ges. jedenfalls dadurch ent-
zogen worden, daß der Künstler der deutschen Kunst-
anstalt gestattet habe, sie mittels Chromolithographie
für die Industrie und der: Handel nachzubilden.
Dadurch sei die rechtmäßige Nachbildung der
deutscher: Kunstanstalt unter allen Umständen ir: die
Klasse der gewerblicher: Erzeugnisse getreten, und
könne deshalb gegen weitere Nachbildung in: Be-
reiche der Industrie nur denjenigen Schutz beaw
sprucheu, der der: gewerblichen Mustern und Modellen
im deutschen Gesetze vom ff. Januar s876 ein-
geräumt ist. Aus diesen Gründer: könne sich die
klagende deutsche Kunsthandlung rächt auf die Berner
Konvention vom 9- September s886, welche lediglich
das litterarische und künstlerische Urheberrecht zurr:
Inhalt habe, berufen.
Wohl besteht zum Schutze des industriellen Ligen-
thums das internationale Uebereinkommen von:
20. März s883, dein auch Frankreich angehört.
Allein das deutsche Reich ist demselben bisher nicht
beigetreten, und so lange dies rächt geschehe:: ist,
können die industriellen Erzeugnisse, wozu gezeigter-
maßen jene chromolithographischen Nachbildungen ir:
Frankreich gezählt werden, hier keiner: Rechtsschutz
heanspruchen. Nur ir: den: Falle wäre dieser Schutz
gegehen, wenn die klagende deutsche Kunsthandlung
ir: Frankreich eine industrielle Haupt- oder Zweig-
niederlassung besäße.
Die hier erörterter:, für unsere Künstler und
Kunsthändler sehr bedeutungsvollen Fragen sind hier
zum ersten Male Gegenstand der Rechtsprechung ge-
worden, und lasser: in Hinblick auf die Verschieden-
heit der Rechtsauffassung, die auf diesem Gebiete
zwischen Deutschland und Frankreich herrscht, erkennen,
welcher: Gefahren des unlauteren Wettbewerbes
unsere Werke deutscher Kunst und Industrie im Aus-
lande so lange ausgesetzt sind, als das deutsche
Reich den Beitritt zu den: letzterwähnter: inter-
nationalen Uebereinkommen vom 20. März s883
verzögert.
X
SerllN:
grosse Kunstausstellung isoo.
Von Brune Meyer.

VII.

die Reproduktion kann ich kurz sein,
wenn ich mir gestatte, die imposante Aus-
stellung des „Verbandes deutscher Illu-
stratoren" für jetzt zu übergehen. Diese würde im
Rahmen des Ausstellungs-Berichtes zu weit führe,:.
Es wird hoffentlich möglich sein, auf sie später ein-

gehender zurückzukommen.
Bezeichnender weise fehlt der Li nie:: st ich bei-
nahe vollständig. Nur Feuerbachs Gastmahl des
x)laton aus der Nationalgallerie, von Otto Reim
(Eharlottenburg), vertritt die Gattung. Der Stich
wird den: Originale kaum ganz gerecht. Die Schattei:-
 
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