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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 5
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Gustav, Leopold: München: Winterausstellung der "Sezession"
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Basedow, Hans von: Berlin: Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0089

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Nr. 5

Die Aunst-Halle

73

Wirkung erzielt und dadurch die sonst ermüdende Ein-
förmigkeit glücklich bekämpft.
Kerl i n:
s^uyskschau.

m Künstlerhause haben die Eröffnungs-Ausstellung
zwei neue von großem Interesse abgelöst. Zumal
die Ausstellung plastischer Werke, der wir in der
Vorhalle und im großen Gberlichtsaale begegnen, ist sehr
dankenswerth. Skulpturausstellungen gehören ja leider
zu den Seltenheiten bei uns. In der Mitte des Saales
ist eine lebensgroße Gruppe nackter um eine Traube
streitender Knaben von Arthur Lewin ausgestellt. In
der Bewegung sind die Figuren gut ausgesaßt, nur hätte
sie noch etwas energischer ausgedrückt werden können.
Es ist, als ob der Künstler sich nicht getraut hätte, das
letzte Wort zu sagen, wie scharf charakterisirt dagegen
wieder Harro Magnusfen, von dem wir außer seinen
älteren Werken „Bismarck" und „Friedrich den Großen"
eine Reihe Bronze-Büsten zu sehen bekommen. Die
Büste des Marschendichters Allmers — allerdings ein
höchst lohnendes Modell —, des Kunsthistorikers Prof.
M. Zimmermann und eines vermuthlich katholischen Geist-
lichen sind von einer Lebendigkeit in der Auffassung und
einer Kraft der Ausführung und Durchbildung, die eine
bannende Wirkung ausüben. Man wird an den ener-
gischen Naturalismus des Donatello gemahnt. Und wie
der Künstler mit seinen Modellen die Ausdrucksmittel zu
wechseln weiß, das beweist;. B. die Marmorbüste einerjungen
Frau, deren blühende Schultern einem stilisirten Blätter-
geranke entsteigen. Hier ist eine Weichheit der Linien,
eine Anmuth des Ausdrucks und der Kopfhaltung er-
reicht, die ebenso fesseln, wie die Kraft und männliche
Technik in den erstgenannten Männerbüsten. Sehr viel-
seitig giebt sich der liebenswürdige Hermann Hidding.
Außer kleinen Figuren, wie die Skizze Sankta Hedwig
und die Madonna (in Marmor), einer egyptischen Wasser-
trägerin von strengem Fluß der Linien, hat er eine Hoch-
relief-Skizze der Pallas Athene mit dem Emblem der
Malerei und Skulptur, ein anderes Relief, das uns ein
verzweifeltes Weib vor dem düsteren Eingangsthor zu
Dante's Hölle am Boden liegend zeigt, den Entwurf
eines „letzten Abendmahls", ebenfalls eine Reliefarbeit,
die anmuthend schlichtund pietätvollin derAuffassungist,sowie
eine Reihe Porträts, unter denen das Doppelbildniß seiner
Eltern in Flachrelief, der Terrakottakopf einer Silberbraut
und die Kolossalbüste des Musikers Zajic den Künstler
von den verschiedensten Seiten zeigen. Ebenso schlicht wie
das Doppelbildniß ist der Terrakottakopf von einer hin-
reißenden Durchgeistigung, während der Kopf Zajics durch
eine große Kraft und Flottheit der Modellirnug sich aus-
zeichnet. Das Gleiche gilt auch von dem Porträt des
Or. I. Scholz, während abermals die Reliefköpfe Lhristi
und Mariä in ihrer strengen Profilirung einen ganz
anderen Stil zeigen. Zu den besten Eharakterköpfen der
Ausstellung gehört auch Piper's „Lootse". Bildniß-
arbeiten sind noch vorhanden von Wandschneider,
dessen „römischer Jüngling" antike Einfachheit und Größe

zeigt, ferner von Arthur Lewin, Ludwig Lauer,
Lonstantin Starck, der namentlich die Gypsbüfte einer
alten Dame im Spitzenshawl ausgestellt hat, die sehr
intim wirkt. Lauers Knabenbüste ist im Ausdruck schön
gelungen und der Thomas Moore im Lehnsessel von gutem
Fluß der Linien. Interessanter aber und persönlicher noch
giebt er sich im marmornen Bewegungsakt „Die Wasser-
trägerin", bei der vor Allem der Gesichtsausdruck und die
vorsichtige Haltung des Oberkörpers packen, und in dem
phantastischen Bronzefigürchen „Windsbraut". Die Gewalt
der Bewegung wirkt hier Illusion erzeugend. Zierlich
und anmuthig sind das Empire-Dämchen und die Ja-
panerin von G. Bernewitz, und mit großer Liebe hat
er sich in das Detail vertieft. Schlichter als diese Bronze-
figuren ist die marmorne schlafende Psyche. Sie wirkt in
den Linien durchaus schön, befremdet aber durch eine ge-
wisse Körperfülle: die Psyche denken wir uns doch wohl
gewöhnlich zarter, leichter. Daß dennoch der Eindruck des
Schweren vermieden ist, erklärt sich eben durch die glücklich
erfundene Haltung, die anmuthsvolle Bewegung der Linie.
Von Prof. Hüttig ist ebenfalls eine Kleinfigur zu sehen,
ein bronzener Eidechsenfänger von feinemxfundener Lha-
rakteristik. Endlich nenne ich noch Starck's siegreich dem
Grabe entfliehende „Hoffnung", eine Monumentalfigur
von elegischer Sinnigkeit. . . Ringsum an den wänden
des Gberlichtsaals hängen Bilder von gar verschiedenem
Werth und Geist: ein lauschiger Waldwinkel mit einem
badenden Mädchen von Felix possart, eine nordafri-
kanische Landschaft von Lugen Bracht, eine Herbst-
landschaft von Holzapfel, die minder gelungen ist, als
die beiden auf der großen Sommerausstellung, ein un-
gemein leicht hingeworfenes, aber darum nicht minder
lebendiges Kopfbildniß einer jungen Dame von Max
Koner. Und dann eine große Ausstellungsmaschinerie
von dem Weimaraner Lugen Urban, ein Triptychon
„Aschermittwoch", prätentiös im Vortrag, häßlich in der
Farbenwirkung und von allzu pathetischer Tiefsinnigkeit.
Dabei unverkennbar unter dem Einfluß gewisser Stuck-
reminiszenzen gemalt.
Links vom Hauptsaal hat sich in zwei Räumen die
„November-Vereinigung" niedergelassen, auf deren
Mitglieder und Ausstellung an anderer Stelle hingewiesen
wird. ch ldl.
Die Ausstellung im Hohenzollern-Kaufhaus in
der Leipzigerstraße bietet zur Zeit die besondere Berück-
sichtigung der T e pp i ch w i rker ei und der Möbel-
industrie. Erfreulichist's, daßvieledieserHauseinrichtungs-
gegenstände — wenn auch nach ausländischen Entwürfen —
wenigstens hier, in den eigenen Werkstätten der Firma,
ausgeführt worden sind, so eine grün gebeizte Schlaf-
zimmereinrichtung in englischem Geschmack, eine Herren-
zimmereinrichtung aus grauem Ahornholz in vlämischen
Formen, ein Speisezimmermobiliar aus Hellem Eichenholz
mit Iutarsia und originellen Beschlägen. Dann ist da ein
Salon von Serrurier-Bovy in schönen fahlrothen und
stumpfgrünen Tönen, die sowohl in den vlämisch-konstruk-
tiven Holztheilen, wie in den Bezügen, den Vorhängen
u. s. w. wiederkehren. Die Tischlerarbeit, stets Hand-
arbeit, da sich ja z. B. solche anschwellende und ver-
jüngende, elliptische Hohlkehlen, Kannelirungen u. s. w.
mit der Maschine gar nicht Herstellen lassen, ist durchweg
äußerst sauber, von Gtto Lckmann, dessen Tapeten-
entwürfe, meist von Engelhard ausgeführt, in diesen
Kojen viel besser zur Geltung kommen, als sonst in Einzel-
proben auf Ausstellungen, rührt ein Zimmer her mit
Kamineinfassung, Schrank, Bänken und Sitzen, Vertäfelung
 
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